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Berliner Kurier 09.03.2019

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LEUTE<br />

BERLINER KURIER, Sonnabend, 9. März2019<br />

Auf der<br />

Bühne gab<br />

Musik-Star<br />

Herbert<br />

Grönemeyer<br />

alles.<br />

Herbert Grönemeyer<br />

18 000 Fans feierten<br />

den Platzwart mit Herz<br />

KlareWorte und Flugzeuge im Bauch: Der Deutschrocksänger berührte bei seinem Konzert<br />

Viele ältere, aber auch<br />

jüngere Menschen<br />

bildeten am Donnerstagabend<br />

vor der Mehrzweckhalle<br />

am Ostbahnhof<br />

Schlangen, als hier Deutschlands<br />

Pop-Gewissen Herbert<br />

Grönemeyer zuGast war, um<br />

sein Album „Tumult“ zu bewerben.<br />

Das neuste Werk des<br />

62-Jährigen wird von vielen<br />

als sein politischstes identifi-<br />

im Konzert<br />

ziert –und auch<br />

positioniertee sich der Musik-<br />

den brodeln-<br />

Star klar gegen<br />

den Rechtsruck.<br />

Man solle seine Gedanken da-<br />

ob sich in<br />

raufhin überprüfen,<br />

sie Ungutes eingeschlichen ha-<br />

man sich einmimen<br />

be, dann sollee<br />

Platzwart-mit-Herz-<br />

schen und diskutieren, aber<br />

Diktion bellte er viele<br />

selbst wenn dieser<br />

„Dankeschöns“, ließ<br />

Prozess zehn<br />

sich vom Publikum<br />

Jahre dauere,<br />

mitreißen, schaffte<br />

dürfe man kei-<br />

es, vor 18000<br />

nen Millimeter<br />

Menschen<br />

nach rechts rü-<br />

cken. So mo-<br />

derierte Grö-nemeyer<br />

das<br />

Stück „Fall<br />

der Fälle“<br />

an. Er verbalisierte<br />

also den Anstand,<br />

den err<br />

18 000 Fans feierten die<br />

unverstellt<br />

als Gesamter-<br />

Deutschrock-Legende in<br />

ein netter, angenehm uncooler<br />

Mensch-Popstar zu<br />

scheinung verkör-<br />

der Mercedes-Benz Arena<br />

pert.<br />

sein. Das ist ja das Tolle an<br />

In seiner vokalar-<br />

der Popmusik: In den<br />

Händen der Rich-<br />

kann sie<br />

tigen<br />

gesellschaftlichen<br />

Zusammenhalt<br />

übers<br />

Gefühl<br />

transportierenp<br />

und<br />

dabei vielleichtv<br />

sogar<br />

Irrgeleitete erreichen.<br />

Das Problem an der<br />

Popmusik ist in vielen<br />

Fällen die Musik: In diesem<br />

Fall war es gut zweieinhalb<br />

Stunden vor sich hindümpelnder<br />

Achtziger-BRD-Rock. Auch<br />

hierin drückt sich letzten En-<br />

Loyalität<br />

des die auf Nettigkeit,<br />

und Gemeinschaft<br />

setzende<br />

Natur Grönemeyers aus: Die<br />

Musik klingt, wie sie klingt, da<br />

Grönemeyer seit den Achtzi-<br />

Fotos: dpa<br />

gern mit denselben Musikern<br />

zusammenspielt. Besonders die<br />

Gitarristen Jakob Hansonis<br />

und Stephan Zoobeley reüssierten<br />

mit Schredder-Einlagen, zu<br />

denen sie sich samt Bassist Norbert<br />

Hamm nach vorne zu ihrem<br />

Arbeitgeber gesellten.<br />

Interessant, wie am Vorabend<br />

des Weltfrauentags vor allem<br />

Frauen den Text von „Männer“<br />

mitsangen –wie auch das gesamte<br />

Auditorium viele der anderen<br />

Lieder mitsang, allen voran<br />

„Mensch“, an dessen Ende<br />

Grönemeyer in eine Call-and-<br />

Response-Routine verfiel: „Babababababi!<br />

Hi aaaaaiiiaaaaih!“<br />

(Publikum:„Babababababi! Hi<br />

aaaaaiiiaaaaih!“). Erst beim Folgestück,<br />

dem Sauf-Scham-<br />

Klassiker „Alkohol“, dessen<br />

Text Grönemeyer fetzenweise<br />

herausstieß wie ein angetrunkener<br />

Unteroffizier, erschloss<br />

sich die Funktion der Infantilisierung.<br />

Apropos: Grönemeyer war<br />

voll kindlicher Freude, alberner<br />

Hüftschwünge und Hopser.<br />

Doch berührte er auch auf erwachsene<br />

Weise, etwa in der<br />

Ballade „Der Weg“ über seine<br />

verstorbene Frau. In „Doppelherz“<br />

sang er mit Gastrapper<br />

BRKN auf Türkisch. „Flugzeuge<br />

in meinem Bauch“ widmete<br />

er dem BER, was erstaunlich<br />

spaßig war. Guter Typ.<br />

Johannes von Weizäcker

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