RegioBusiness Nr. 200 - März 2019
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<strong>März</strong> <strong>2019</strong> I Jahrgang 18 I <strong>Nr</strong>. <strong>200</strong><br />
Bauen & Modernisieren 23<br />
Jede Generation hat zu kämpfen<br />
Der Immobilienerwerb ist immer eine finanzielle Belastung: früher durch die hohen Zinsen, heute durch die hohen Preise.<br />
VON KERSTIN DORN<br />
Die Wirtschaft in der Region<br />
boomt, die Unternehmen<br />
suchen Arbeitskräfte, die irgendwo<br />
wohnen müssen. Die gestiegene<br />
Nachfrage nach Wohnimmobilien<br />
wiederum lässt die<br />
Preise steigen. Insbesondere Einfamilienhäuser<br />
haben in den letzten<br />
fünf Jahren deutlich zugelegt,<br />
was dazu führt, dass manche<br />
junge Familie das Gefühl bekommt,<br />
ein Hauskauf sei heute<br />
nicht mehr zu stemmen.<br />
Dabei sind die Bauzinsen gerade<br />
auf ein Rekordtief gefallen. Einige<br />
Anbieter verlangen aktuell weniger<br />
als ein Prozent effektiven Jahreszins<br />
bei einer Laufzeit von über<br />
zehn Jahren. Das sollte eigentlich<br />
ein guter Zeitpunkt sein, um in<br />
Wohneigentum zu investieren.<br />
Wenn da nicht die Immobilienpreise<br />
wären, die seit Jahren eine<br />
gegenteilige Entwicklung nehmen<br />
und die den Traum von den eigenen<br />
vier Wänden – vor allem für<br />
junge Familien – zum Albtraum<br />
werden lassen.<br />
Das Analyseinstitut Bulwiengesa<br />
hat die Kosten für Eigentumswohnungen,<br />
Reihenhäuser und Wohnungsmieten<br />
in Deutschland analysiert<br />
und ist zu folgendem Ergebnis<br />
gekommen: Wird das Preisniveau<br />
von 1990 mit 100 Prozent zugrunde<br />
gelegt, haben sich die Kosten<br />
bei neuen Eigentumswohnungen<br />
bis 2018 mit 215 Prozent<br />
mehr als verdoppelt. Die Wohnungsmieten<br />
stiegen im gleichen<br />
Zeitraum nicht ganz so stark. Sie<br />
liegen bei 174 Prozent. Grundstücke<br />
mit einem Einfamilienhaus<br />
hingegen legten deutschlandweit<br />
noch deutlicher zu: auf 221 Prozent.<br />
Albert Scheib, Geschäftsführer<br />
des gleichnamigen Immobilienbüros<br />
aus Schwäbisch Hall,<br />
hat anhand von Einträgen bei Immobilienscout24<br />
die Entwicklung<br />
der Angebotspreise in der Region<br />
analysiert und allein in den letzten<br />
fünf Jahren eine Steigerung beim<br />
Quadratmeterpreis für Häuser im<br />
Landkreis Schwäbisch Hall um<br />
36,1 Prozent, in der Stadt sogar<br />
um 38,1 Prozent errechnet.<br />
In der Region schießen<br />
die Preise nach oben<br />
Ein ähnliches Bild ergibt sich<br />
auch bei den Eigentumswohnungen,<br />
die im gleichen Zeitraum im<br />
Landkreis um 38,8 und im Stadtgebiet<br />
sogar um 45 Prozent stiegen.<br />
Der Angebotspreis für ein Haus<br />
liegt heute im Stadtgebiet bei über<br />
3000, im Landkreis bei rund<br />
2<strong>200</strong> Euro pro Quadratmeter. Der<br />
Preis für ein 125 Quadratmeter<br />
großes Haus in Hall ist in den letzten<br />
fünf Jahren von 235 000 auf<br />
375 000 Euro, im Landkreis von<br />
<strong>200</strong> 000 auf 275 000 Euro gestiegen.<br />
Das alles spricht für die<br />
These, dass es junge Familien<br />
heute schwerer haben, die eigenen<br />
vier Wände zu finanzieren.<br />
Diese Frage beschäftigt auch die<br />
Bausparkasse Schwäbisch Hall,<br />
die 2017 das Institut Empirica be-<br />
Finanzierung: Der Traum vom eigenen Haus war nie einfach umzusetzen.<br />
Foto: Fotolia<br />
auftragte, eine langfristige Analyse<br />
zur Erschwinglichkeit von Wohneigentum<br />
zu erstellen. Das Institut<br />
hat die Entwicklungen der Annuität<br />
(Verhältnis Zins und Tilgung),<br />
der Immobilienpreise und des<br />
Haushaltsnettoeinkommens der<br />
Zielgruppe der 30- bis 50-Jährigen<br />
in 30 deutschen Referenzstädten<br />
in seine Betrachtungen einfließen<br />
lassen und ist zu einem erstaunlichen<br />
Ergebnis gekommen.<br />
Die durchschnittliche Kreditbelastung<br />
beim Kauf einer Eigentumswohnung<br />
ist in den letzten 25 Jahren<br />
gesunken und liegt verbreitet<br />
sogar unter der durchschnittlichen<br />
Mietbelastung. Auch die Kreditbelastung<br />
beim Kauf eines Eigenheims<br />
ist gesunken, liegt aber<br />
weiterhin deutlich über der entsprechenden<br />
Mietbelastung. Der<br />
Traum von den eigenen vier Wänden<br />
ist für den Durchschnittshaushalt<br />
dadurch erschwinglicher als<br />
noch vor 20 Jahren. Das heißt,<br />
dass es trotz hoher Immobilienund<br />
Grundstückspreise für die<br />
heutige Generation nicht schwerer<br />
sei, Wohneigentum zu finanzieren,<br />
als es für ihre Eltern oder<br />
ihre Großeltern war.<br />
Das Institut begründet seine<br />
Schlussfolgerung hauptsächlich<br />
mit der Höhe der jährlichen Annuität.<br />
Die lag kurz nach der Wiedervereinigung<br />
noch bei rund<br />
zehn Prozent und hat sich inzwischen<br />
mehr als halbiert. Die Zinsbedingungen<br />
machen die gestiegenen<br />
Kaufpreise – trotz höherer Tilgung<br />
– wett. Erklärbar wird das<br />
Fazit auch durch die gestiegenen<br />
Nettolöhne in der Zielgruppe der<br />
30- bis 50-Jährigen, die innerhalb<br />
von 25 Jahren um knapp 60 Prozent<br />
stiegen. Das Unternehmen<br />
mahnt trotzdem zur Vorsicht:<br />
Sollte die Finanzierung nur auf<br />
Grundlage des aktuell tiefen Zinsumfeldes<br />
überhaupt möglich sein,<br />
könnten die Haushalte bei einer<br />
möglichen Anschlussfinanzierung<br />
in Schwierigkeiten geraten, wenn<br />
die Belastungen deutlich steigen.<br />
Das Ansparen<br />
ist heute schwieriger<br />
Das Gefühl, eine Finanzierung bei<br />
den aktuellen Immobilienpreisen<br />
nicht stemmen zu können, wird<br />
auch von anderen Faktoren genährt:<br />
Früher waren sogenannte<br />
Muskelhypotheken üblich, bei denen<br />
ein Teil in Eigenleistung erbracht<br />
werden konnte. Ein Tatbestand,<br />
der aufgrund verschärfter<br />
Bauvorschriften heute kaum noch<br />
zu leisten ist. Daneben sind die<br />
Baunebenkosten deutlich gestiegen.<br />
Betrugen sie in der Vergangenheit<br />
fünf Prozent, müssen sie<br />
heute mit zehn bis zwölf Prozent<br />
kalkuliert werden. Dazu kommt,<br />
dass mit steigenden Immobilienpreisen<br />
auch der Anteil des Eigenkapitals<br />
steigt. Denn immer noch<br />
gilt die Faustregel, die für eine solide<br />
Finanzierung 20 bis 25 Prozent<br />
Eigenkapital vorsieht. Und<br />
diese Summe ist – durch niedrige<br />
Guthabenzinsen als Pendant zu<br />
den niedrigen Bauzinsen – heute<br />
schwerer anzusparen als in den<br />
vergangenen Jahren.<br />
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