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<strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 81 · 6 ./7. April 2019 – S eite 19<br />
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Berlin<br />
AM WOCHENENDE<br />
Pfingstrose oder Kuhschelle:<br />
Auf zum <strong>Berliner</strong> Staudenmarkt<br />
Schönes Wochenende Seite 21<br />
Kampf und Ritual:<br />
Capoeira ist mehr als Sport<br />
Berlin bewegt sich Seite 22<br />
Die Politik<br />
des Essens<br />
BERLINER ZEITUNG/MARKUS WÄCHTER<br />
Essen ist Diskurs, nicht selten<br />
sogar Konflikt. Das betrifft<br />
mehr als nur den Geschmack.<br />
Essen ist politisch<br />
geworden. Was, wie viel und<br />
wie wir essen, berührt alle möglichen<br />
Haltungs- und Wohlstandsfragen.<br />
Lokale Tafelbirne statt Flugmango,Bio<br />
statt Massenproduktion,<br />
eigene Kochkunst statt Fertigware –<br />
so lauten die Trends unserer Zeit, auf<br />
die man sich auch in der <strong>Berliner</strong><br />
Gastronomie geeinigt hat.<br />
Doch nun kommt ein <strong>Berliner</strong><br />
Gastronom und pfeift auf all diese<br />
Trends –und zwar nicht irgendein<br />
Gastronom, sondern The Duc Ngo,<br />
der in Berlin elf Läden<br />
führt. Im Dezember<br />
kam ein weiterer<br />
dazu: das Ngo<br />
Kim Pak. Eine „Fun<br />
Asian Eatery“, wie er<br />
es nennt. Der „Fun“<br />
besteht darin, dass<br />
es neben typisch<br />
asiatischem Streetund<br />
Fast-Food auch<br />
Fertigtütensuppen<br />
aus Korea gibt. Nonkonformistischer<br />
geht es nicht.<br />
Die Initialen des Ladens –NKP –<br />
trägt Duc Ngo derzeit auf seiner<br />
Baseball-Cap, sein neuestes Baby<br />
scheint ihm wirklich am Herzen zu<br />
liegen. Dabei hatte er an selber Stelle<br />
gerade noch supergesunde vegetarische<br />
Bowls und Raw Food verkauft.<br />
Vor einem guten Jahr saß mir ein<br />
Koch gegenüber, der laut über seine<br />
Verantwortung nachdachte, den<br />
Fleischkonsum nicht weiter anzuheizen.<br />
Beeinflusst durch seine vegane<br />
Freundin, sei er nun von roher<br />
Gemüseküche fasziniert.<br />
Dievegane Freundin und Toki the<br />
Rabbit, so hieß der Vorgängerladen,<br />
in dem er diese neu entdeckte Liebe<br />
zur fleischlosen Küche auslebte,sind<br />
weg. Aus dem aufgeräumten Interieur<br />
vom Toki, das sein Clean-Eating-Konzept<br />
widerspiegelte, ist ein<br />
knallbunter Laden geworden mit<br />
Retro-Cola-Eisschrank, gestapelten<br />
Verpackungskartons von zuckersüßen<br />
fernöstlichen Softdrinks und einer<br />
Wandcollage aus aufgerissenen<br />
Folien von Tütensuppen. Natürlich<br />
ist der Kitsch vonDuc Ngos Designerin<br />
Kim, die im Restaurant-Namen<br />
mitberücksichtigt ist, sorgfältig arrangiert.<br />
Der Laden erinnert andie<br />
typischen Straßenküchen Asiens,<br />
man sitzt aber viel schöner.<br />
Die Karte, auf die Ngo einfach all<br />
seine Lieblingsgerichte von vergangenen<br />
Reisen gesetzt hat, ist wie ein<br />
Streifzug durch diese Welt. Das geht<br />
losbei der Ramen-Suppe,dem Soulfood<br />
der japanischen Küche, über<br />
koreanisches Bibimbab, Tapas wie<br />
chinesische Schweinerippchen bis<br />
zu hawaiianischen Poké Bowls und<br />
besagten scharfen Ramyun-Fertigsuppen<br />
aus Korea.<br />
Wasdas Essen angeht, nimmt es<br />
mir Duc Ngo hoffentlich nicht<br />
krumm, wenn ich sage, dass man<br />
Gerichte wie die Ramen oder das<br />
Tempura inseinen anderen Läden –<br />
dem Cocolo Ramen, dem Kuchi oder<br />
dem 893 Ryotei – ausgefeilter bekommt,<br />
allerdings auch teurer.Doch<br />
der Ortund das kulinarische Durcheinander<br />
machen tatsächlich Spaß.<br />
Ich bestelle die Ika Bombs, das<br />
sind kleine, gummiartige Bällchen,<br />
die beim Reinbeißen quietschen. Sie<br />
bestehen aus prozessierten<br />
Meeresfrüchten<br />
und sind<br />
mit Fertigmayo, Bonitoflocken<br />
und einer<br />
süß-fruchtigen<br />
Bulldog-Soße überzogen,<br />
ein japani-<br />
AUFGETISCHT<br />
Tina Hüttl<br />
war im NgoKim Pak.<br />
Schlüterstr.<br />
Pestalozzistr.<br />
Ngo Kim Pak<br />
sches Kultprodukt.<br />
Das Gesündeste an<br />
diesem Gericht sind<br />
wohl die Frühlingszwiebeln.<br />
Weiter geht es mit<br />
einem süßlichen<br />
Bun-Brötchen, in das im Tempura-<br />
Teig ausgebackene Garnelen, etwas<br />
Pfirsichmarmelade und milde grüne<br />
Chili gepackt wurden –keine Hexerei,<br />
aber schmackhaft.<br />
Für Liebhaber ist dann wohl die<br />
Ramyun-Suppe gedacht, ein Instant-Produkt,<br />
das samt Nudeln nur<br />
mit heißemWasser aufgegossen wird<br />
und entweder mit einem in Soja gekochten<br />
Ei oder mit schmelzendem<br />
Cheddar-Käse verfeinertwird.<br />
Nunja, Anhänger der reinen Produktküche<br />
werden ebenso wie Gesundheitsfanatiker<br />
ihr Glück nicht<br />
im NKP finden. Duc Ngo wünsche<br />
ich es. Nur möge er bitte diesmal<br />
nicht –wie sonst bei seinen Läden –<br />
dem Zeitgeist voraus sein.<br />
NgoKim Pak Schlüterstraße22–23,Charlottenburg,geöffnettägl.12–23<br />
Uhr,Tel. 23 53 16 86<br />
Kleinigkeiten und Tapas kosten hier 2–5 Euro,<br />
Suppen, Ramen und Ramyun 5–12 Euro,Bowls<br />
und anderes8–13 Euro.<br />
Kantstr.<br />
Savignyplatz<br />
Savignyplatz<br />
50 m<br />
BLZ/REEG<br />
Während die Küche in Berlin immer<br />
gesünder wird, setzt The Duc Ngo auf das<br />
genaue Gegenteil: Asiatisches Fast Food,<br />
das vor allem eines soll –Spaß machen<br />
Familienausflug<br />
Nicht ohne<br />
Maikel!<br />
VonBarbaraWeitzel<br />
Schaut fast so aus wie Maikel, dieses Kaninchen.<br />
IMAGO IMAGES<br />
Mit dem Leben vonKindernund<br />
Jugendlichen kennt Benjamin<br />
Tienti sich aus. Der Autor des unvergesslichen<br />
Buches „Salon Salami“, in<br />
dem die 12-jährige Hani sehr plötzlich<br />
erwachsen werden muss, weil<br />
ihre Mutter verschwindet, arbeitet in<br />
der Neuköllner Rütli-Schule. Einfühlungsvermögen,<br />
Fantasie, ein weiter<br />
Blick und Humor zeichnen die meisten<br />
guten Pädagogen aus –inStadtteilen<br />
wie Neukölln, wo Kinder aus aller<br />
Welt und ganz verschiedenen sozialen<br />
Verhältnissen zusammentreffen,<br />
sind diese Gaben unerlässlich.<br />
Tienti hat sie. Und wenn er schreibt,<br />
kommtWunderbares dabei heraus.<br />
In „Unterwegs mit Kaninchen“<br />
erzählt Benjamin Tienti ein weiteres<br />
Mal von einer nicht ganz leichten<br />
Kindheit –und liest am Sonnabend<br />
daraus vor. Auch Andrea, Hauptfigur<br />
des Buches, lebt allein mit seinem<br />
Vater, halt: nicht ganz! Maikel, sein<br />
Kaninchen, gehört mit zur Familie.<br />
Wieschon in „Salon Salami“ geht gelegentlich<br />
alles drunter und drüber,<br />
aber die drei kommen gut zurecht.<br />
Doch dann zieht eine neue Frau ein<br />
und mit ihr Fidaa. Das Mädchen<br />
lässt Maikel fallen, und weil der Gedanke,das<br />
geliebte Tier einschläfern<br />
zu lassen, für Andrea unvorstellbar<br />
ist, macht er sich auf den Wegzuseiner<br />
Mutter ...<br />
Benjamin Tienti liest aus „Unterwegs mit Kaninchen“inder<br />
„Libelle“, Karl-Kunger-Str.63, Alt-<br />
Treptow. Sa 16 Uhr,Eintritt frei. Ab 10 Jahre.