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BERLINER KURIER, Mittwoch, 10. April 2019<br />
Mieten und damit Renditeerwartungen<br />
zu deckeln. Enteignungen<br />
sind in manchenBereichen<br />
inDeutschland ander<br />
Tagesordnung. Ein prominentesBeispiel<br />
ist dasWerksgelände<br />
von AirbusinHamburg:Um<br />
dieLandebahn für denA380zu<br />
verlängern, wurden Mitte der<br />
2000er zahlreiche Obstbauern<br />
enteignet. Auch im Kohletagebau<br />
wiebei Garzweiler II, beim<br />
Bau von Bundesstraßen oder<br />
Bahntrassen sind Enteignungen<br />
an der Tagesordnung. Bei der<br />
Verstaatlichung der Pleitebank<br />
Hype Real Estate 2009 wurden<br />
Aktionäre zwarnicht enteignet.<br />
Aber die schwarz-gelbe Regierung<br />
von AngelaMerkel (CDU)<br />
drohte Anteilseignern damals<br />
mitdiesem Schritt –man einigte<br />
sich schließlich anders.<br />
Dieschwierige Lage auf dem<br />
Wohnungsmarkt ist in fast ganz<br />
Europa zum Problem geworden.<br />
Der Deutsche Gewerkschaftsbund,der<br />
DeutscheMieterbund<br />
und der <strong>Berliner</strong> Mieterverein<br />
schlossensich gestern<br />
der EuropäischenBürgerinitiative<br />
Housing for all an. Diese<br />
will in den kommenden Monaten<br />
eine MillionUnterschriften<br />
sammeln,uminEuropa bessere<br />
rechtliche Rahmenbedingungen<br />
für bezahlbares und soziales<br />
Wohnen zu erreichen. So<br />
soll es Staaten beispielsweise<br />
erlaubt sein, die Verschuldungsgrenze<br />
der Maastricht-<br />
Kriterien zu brechen –wenn für<br />
das Geld bezahlbare Wohnungen<br />
gebautwerden.<br />
DGB-Bundesvorstand Stefan<br />
Körzell: „Die Initiative ist ein<br />
Weckruf für die Politik. Viele<br />
haben noch immer nicht verstanden<br />
–deshalb müssen wir<br />
den Druck erhöhen.“<br />
Enteignungen nicht ausgeschlossen: Der Grünen-Politiker Boris Palmer vor<br />
Mietshaus mit Transparent.<br />
„Fahrverbote<br />
sindsinnlos“<br />
Wissenschaftler der Nationalakademie<br />
Leopoldina fordern komplette Verkehrswende<br />
Berlin –Die Nationale Akademie<br />
der Wissenschaften<br />
Leopoldina hält nicht viel<br />
von den Fahrverboten, die in<br />
Städten in ganz Deutschland<br />
verhängt wurden oder noch<br />
in Kraft treten sollen. Viel gefährlicher<br />
als Stickstoffdioxid<br />
seien Feinstaub und Ultrafeinstaub.<br />
„Es ist Unfug, sich auf<br />
Stickstoffdioxid zu konzentrieren<br />
– das ist nur unser<br />
kleinstes Problem“, erklärt<br />
Martin Lohse, Vizepräsident<br />
der Leopoldina. Ungefährlich<br />
sei das Stickstoffdioxid,<br />
das vor allem aus Dieselabgasen<br />
entsteht, aber nicht. Es<br />
kann bei Asthmatikern schon<br />
nach kurzer Zeit einen Anfall<br />
auslösen. Ist man ihm länger<br />
ausgesetzt, kann man an<br />
Asthma erkranken. Allerdings<br />
seien die Gesundheitsfolgen<br />
geringer als bei Feinstaub,<br />
heißt es im gestern<br />
vorgestellten Bericht. Feinstaub<br />
entsteht in Kraftwerken,<br />
Müllverbrennungsanlagen,<br />
Motoren und auch Pelletheizungen.<br />
Je kleiner die Partikel sind,<br />
desto tiefer kann der Feinstaub<br />
in die Lunge eindringen.<br />
„Ultrafeinstaub kann sogar<br />
durch die Wände der<br />
Lungenbläschen wandern<br />
und direkt ins Blut gelangen.<br />
Was der Feinstaub dort an-<br />
Martin Lohse, Pharmakologe und<br />
Vize-Präsident der Nationalen<br />
Akademie der Wissenschaften.<br />
richtet, wissen wir noch<br />
nicht wirklich“, sagt Lohse.<br />
Die Wissenschaftler vermuten<br />
allerdings, dass durch<br />
den Feinstaub Entzündungen<br />
entstehen können.<br />
Fahrverbote für Dieselautos<br />
helfen bei der Luftverschmutzung<br />
nur wenig. „In<br />
Stuttgart macht das Fahrverbot<br />
keinen Sinn, das hätte<br />
man eher in Essen machen<br />
sollen. Aber da hat keiner geklagt“,<br />
so Manfred Hennecke,<br />
Materialwissenschaftler.<br />
Kleine und nur kurzzeitige<br />
Beschränkungen, die<br />
gegen einzelne Stickstoffdioxid-Verursacher<br />
gerichtet<br />
sind, seien keine sinnvolle<br />
Maßnahme. Um Luftverschmutzung<br />
zu minimieren,<br />
müsse die Politik eine komplette<br />
Verkehrswende starten.<br />
Montage; Fotos: W. Steinberg/dpa, S. Gollnow/dpa<br />
Foto: Wolfgang Kumm/dpa<br />
Foto: Michael Kappeler/dpa<br />
Foto: A. Zemlianichenko/AP<br />
NACHRICHTEN<br />
May wirbt für Aufschub<br />
Berlin –Die britische Premierministerin<br />
Theresa May<br />
ist auf Werbetour, um einen<br />
Aufschub für den EU-Ausstieg<br />
Großbritanniens zu erreichen:<br />
Nachdem sie Kanzlerin<br />
Angela Merkel in Berlin<br />
getroffen hatte, brach sie am<br />
Nachmittag nach Paris zu<br />
Staatspräsident Emmanuel<br />
Macron auf.<br />
Produktion eingebrochen<br />
Berlin –Die deutschen<br />
Autohersteller und -zulieferer<br />
haben im zweiten Halbjahr<br />
2018 viel weniger produziert<br />
als im ersten Halbjahr.<br />
Laut Angaben des Statistischen<br />
Bundesamts lag die<br />
Produktion von Kfz und Zubehör<br />
kalenderbereinigt um<br />
7,1 Prozent niedriger.<br />
Dämpfer für Erdogan<br />
Ankara –Rückschlag für Präsident<br />
RecepTayyip Erdogan:<br />
Die oberste türkische Wahlbehörde<br />
hatdas Verlangen<br />
der Regierungspartei AKP<br />
nachvollständiger Neuzählung<br />
derStimmen derIstanbuler<br />
Bürgermeisterwahl abgelehnt.<br />
Lediglich 51 Wahlurnen<br />
werden neuausgezählt.<br />
Aktivisten verurteilt<br />
Hongkong –Viereinhalb Jahre<br />
nach der „Regenschirm-<br />
Bewegung“ für mehr Demokratie<br />
in Hongkong sindneun<br />
Anführer schuldig gesprochen<br />
worden –wegen Aufwiegelung<br />
und Verschwörung<br />
zur Störung der öffentlichen<br />
Ordnung. Das Strafmaß wurde<br />
zunächst nichtmitgeteilt.<br />
Trump ausgebremst<br />
Washington –Rückschlag<br />
für den US-Präsidenten Donald<br />
Trump bei seinem Vorgehen<br />
gegen Einwanderer<br />
aus Lateinamerika: Ein Bundesrichter<br />
erließ eine einstweilige<br />
Verfügung gegen die<br />
Praxis der Regierung, bestimmte<br />
Asylsuchende zurück<br />
nach Mexiko zu schicken.