Berliner Zeitung 15.04.2019
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<strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 88 · M ontag, 15. April 2019 – S eite 20 *<br />
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Sport<br />
Timo Werner<br />
Naheliegende<br />
Lösung<br />
Max Ohlert<br />
weiß, wo sich der Stürmer<br />
am besten entwickeln kann.<br />
Am Sonnabend bestätigte RB<br />
Leipzigs Geschäftsführer Oliver<br />
Mintzlaff, was gefühlt schon vorher<br />
klar war: Timo Werner, deutscher<br />
Nationalstürmer und seit 2016 für<br />
die Leipziger aktiv, wird seinen 2020<br />
auslaufenden Vertrag mit an Sicherheit<br />
grenzender Wahrscheinlichkeit<br />
nicht verlängern.<br />
Recht schnell erzählt ist, was dieser<br />
Abgang für den Champions-<br />
League-Teilnehmer in spe bedeutet:<br />
RB Leipzig, einst als langfristiger<br />
Konkurrent für den FC Bayern aus<br />
dem Markranstädter Boden gestampft,<br />
hat im zehnten Jahr seiner<br />
Existenz seinen Platz im deutschen<br />
Fußball gefunden. Der rote Bulle ist<br />
in seinem Handlungsspielraum eingepfercht<br />
zwischen Teams wie Mönchengladbach<br />
oder Leverkusen. Ein<br />
weiterer „Ausbildungsverein“, der<br />
regelmäßig international spielt,<br />
seine Stars am Ende aber gegen die<br />
Branchengrößen des Fußballs nicht<br />
halten kann. Da kann Macher Ralf<br />
Rangnick noch so viele Machtworte<br />
sprechen wie im vergangenen Sommer<br />
beim wechselwilligen Emil Forsberg<br />
− Spieler vom Kaliber eines<br />
Naby Keita oder eben eines Timo<br />
Werner zieht es nach Anfield, Bernabeu,<br />
Camp Nou oder an die A9, wo<br />
der FC Bayern kickt.<br />
Kein Weltklassestürmer<br />
Wasjedoch ein potenzieller Wechsel<br />
für Werner selbst bedeutet, ist weniger<br />
offensichtlich. Denn: Timo Werner<br />
ist (noch) kein Weltklassestürmer.Ihm<br />
fehlt das einzigartige offensive<br />
Stellungsspiel und die unbedingte<br />
Gier nach Toren, die Robert<br />
Lewandowski auszeichnet, dem er<br />
beim FC Bayern Konkurrenz machen<br />
soll. Undinder Rolle des„kompletten<br />
Stürmers“ käme Werner, der<br />
bei RB Leipzig in einem Spiel auch<br />
schon mal gänzlich abtaucht, beim<br />
ebenfalls interessierten FC Liverpool<br />
aktuell nicht an Roberto Firmino<br />
vorbei, der diese Rolle weltweit wie<br />
kein Zweiter ausfüllt.<br />
Für Werners Zukunft muss entscheidend<br />
sein, in welchem Umfeld<br />
er sich am besten entwickeln kann.<br />
In einem perfekt eingespielten Starensemble<br />
an der Mersey, woTrainer<br />
Jürgen Klopp als Bessermacher die<br />
Fäden zieht, die Einsatzzeiten aber<br />
begrenzt wären? Beim müde gespielten<br />
deutschen Rekordmeister im<br />
Umbruch, bei dem niemand so ganz<br />
genau weiß, ob der Trainer im Spätsommer<br />
noch derselbe ist?<br />
In Leipzig heißt der Trainer im<br />
Spätsommer Julian Nagelsmann.<br />
Der 31-Jährige kitzelt aus seinen<br />
Spielern regelmäßig Topleistungen<br />
heraus. Zudem wirdTimo Werner in<br />
Leipzig von den Fans geliebt, hat im<br />
Normalfall einen Stammplatz. Womöglich<br />
liegt die richtige Antwortfür<br />
die Frage nach Werners mittelfristiger<br />
Zukunft also näher als gedacht.<br />
„Wosoll ich nur hinwechseln“, könnte<br />
sich Timo Werner hier fragen.GETTY/HASSENSTEIN<br />
Legitimer Unmut<br />
Mit ihrem Auftritt beim 0:2 in Hoffenheim befeuern die Hertha-Profis die Zweifel an Trainer Pal Dardai<br />
VonTobias Schächter,Sinsheim<br />
Die Wolkendecke im schönen<br />
Nordbaden brach<br />
zur Mittagszeit so langsam<br />
auf, Sonnenstrahlen<br />
kamen durch und gegen 13.45 Uhr<br />
kreiste dann auch der erste Segelflieger<br />
zum Sonntagsnachmittagsausflug<br />
über der Arena der TSG Hoffenheim.<br />
Da lief die Bundesligapartie<br />
zwischen der TSG und Hertha BSC<br />
schon eine Viertelstunde und man<br />
darf sagen: Den Fußballern aus der<br />
Hauptstadt fehlte unten auf dem Rasen<br />
trotz einer Wetteraufheiterung<br />
von Anpfiff an der Durchblick. Das<br />
Ergebnis hätten die hochüberlegenen<br />
Gastgeber nicht schmeichelhafter<br />
gestalten können: Trotz einer<br />
Vielzahl von großen Chancen trafen<br />
die Hoffenheimer nur je einmal pro<br />
Halbzeit, Nadiem Amiri in der 30.<br />
Minute und der eingewechselte<br />
Reiss Nelson in der 79. nach Intervention<br />
des Videoschiedsrichters,<br />
der erkannt hatte, dass der Engländer<br />
nach der Flanke vonNico Schulz<br />
nicht im Abseits gestanden war. Das<br />
0:2 bedeutete die fünfte Niederlage<br />
in Seriefür die <strong>Berliner</strong>.<br />
Hertha-Trainer Pal Dardai meint,<br />
dass seine Elf einen „Tick zu ängstlich“<br />
begonnen, nach dem 0:1 aber<br />
ordentlich gespielt habe.InWahrheit<br />
ließen die Hoffenheimer Chancen<br />
für einen Kantersieg aus. Mit dem<br />
dritten Erfolg hintereinander rangieren<br />
sie nun auf Tabellenrang sechs,<br />
der zur Teilnahme an der Europa<br />
League berechtigt. Die Hoffenheimer<br />
dürfen also zum Abschied von<br />
Trainer Julian Nagelsmann, der im<br />
Sommer ja bekanntlich zu RB Leipzig<br />
wechselt, vonder dritten Europapokalteilnahme<br />
in Serie träumen.<br />
Nagelsmann sagt: „Den sechsten<br />
Platz zu verteidigen, ist unser erstes<br />
Ziel. Wenn andere Federn lassen,<br />
greifen wir auch weiter oben an, aber<br />
das liegt nicht in unserer Hand.“<br />
Prominente Ausfallliste<br />
Die <strong>Berliner</strong> hingegen befinden sich<br />
weiter in der Abwärtsspirale.Imvierten<br />
Jahr hintereinander folgt unter<br />
Trainer Dardai auf eine erfolgversprechende<br />
erste Halbserie eine<br />
miese Rückrunde.Die Zweifel wachsen,<br />
ob Dardai noch der richtige<br />
Trainer ist, um den ersten Klub der<br />
Hauptstadt sportlich weiterzuentwickeln.<br />
Man muss aber trotz der Negativserie<br />
erwähnen, dass es keiner<br />
Mannschaft guttut, ständig mit verändertem<br />
Personal auflaufen zu<br />
Wegsehen, wenn die anderen jubeln: Maximilian Mittelstädt<br />
Bemängeln: Herthas Stadion-Manager<br />
Klaus Teichert<br />
hat fehlende Hilfe aus der<br />
<strong>Berliner</strong> Politik bei dem Streben<br />
nach einer neuen Arena<br />
bemängelt.<br />
HERTHAS STADIONTRÄUME<br />
Betonen: „Da kann man<br />
sich sicher mehr Unterstützung<br />
vorstellen“, betonte der<br />
Geschäftsführer der Stadion<br />
GmbH, in der <strong>Berliner</strong> Morgenpost.<br />
Bebauen: Der <strong>Berliner</strong> Bundesligist<br />
will 2025 eine<br />
neue, reine Fußball-Spielstätte<br />
auf dem denkmalgeschützten<br />
Olympiagelände<br />
bauen.<br />
Druck mit Wirkung<br />
WITTERS<br />
müssen. Auch in Hoffenheim musste<br />
Dardai eine lange und prominente<br />
Ausfallliste verkraften: Torjäger Ibisevic<br />
und Duda fehlten gesperrt,<br />
Grujic, Maier, Darida und Lustenberger<br />
verletzt und kurzfristig<br />
musste auch noch Innenverteidiger<br />
Starkwegen eines Infekts passen.<br />
„Am Anfang der Saison haben wir<br />
einstudierten Fußball gespielt, nun<br />
sind wir nicht eingespielt, das muss<br />
man akzeptieren“, sagt Dardai. Positiv<br />
sei gewesen, dass Lukas Klünter<br />
als Innenverteidiger bewiesen habe,<br />
auf „diesem Niveau mithalten“ zu<br />
können und Maximilian Mittelstädt<br />
als Sechser auf ungewohnter Position<br />
eine gute Leistung gezeigt habe.<br />
Das ist allerdings doch ein bisschen<br />
wenig für eine Mannschaft, die<br />
nach der Vorrunde noch vonEuropa<br />
träumte.Die Fans der <strong>Berliner</strong> unterstützten<br />
die Elf während der 90 Minuten,<br />
brachten ihren Unmut aber<br />
nach dem Abpfiff zum Ausdruck.<br />
„Völlig legitim“ sei das,fand Stürmer<br />
Davie Selke, der bis zu seiner Auswechslung<br />
gegen Pascal Köpke (85.)<br />
keine Akzente setzen konnte.Innenverteidiger-Debütant<br />
Klünter fand<br />
die Kritik der Fans auch „legitim“,<br />
aber den Vorwurf, nicht gekämpft zu<br />
haben, wollte er nicht stehen lassen:<br />
„Wir haben alles gegeben“, meinte<br />
Klünter:„Phasenweise war das doch<br />
recht ordentlich.“ Diese Sichtweise<br />
aber hatte der Profi exklusiv.<br />
Erschreckend harmlos<br />
Vor allem in der ersten halben<br />
Stunde konnte Hoffenheim kombinieren<br />
wie im Training. Der Pausenstand<br />
vonnur 0:1 war für die <strong>Berliner</strong><br />
ein Geschenk –mit dem sie allerdings<br />
nichts anzufangen wussten.<br />
Hertha hatte zwar in der zweiten<br />
Hälfte mehr Ballbesitz, aber im Offensivspiel<br />
blieb das Team erschreckend<br />
harmlos. „Meiner Meinung<br />
nach war der Gegner einfach zu<br />
schwach, um heute etwas mitzunehmen“,<br />
sagte Hoffenheims Spielmacher<br />
KeremDemirbay.<br />
Das einzig Positive für die <strong>Berliner</strong><br />
ist, dass sie im nächsten Heimspiel<br />
am Ostersonntag auf den Tabellenletzten<br />
Hannover 96 treffen.<br />
Gegen wenwill die Hertha die Negativserie<br />
sonst stoppen, wenn nicht<br />
gegen den baldigen Zweitligisten?<br />
Pal Dardai meinte trotzig, es gebe<br />
schon noch Ziele für den Tabellenelften<br />
in den letzten fünf Saisonspielen:<br />
„Die TopTen musst du erreichen.“<br />
Dafür muss sich seine Mannschaft<br />
aber gewaltig steigern.<br />
Der FC Bayern gibt sich keine Blöße und übernimmt mit einem 4:1 in Düsseldorf wieder die Tabellenführung<br />
ImTraining flogen die Fäuste, im<br />
Titelrennen präsentiert sich der<br />
FC Bayern München aber meisterlich.<br />
Einen Tagnach der kurzzeitig<br />
abgegebenen Tabellenführung eroberte<br />
der deutsche Rekordmeister<br />
am Sonntag mit dem 4:1 (2:0)-Sieg<br />
bei Fortuna Düsseldorfdie Spitzezurück<br />
und liegt fünf Runden vor Saisonschluss<br />
einen Punkt vor Borussia<br />
Dortmund. Vor53400 Zuschauernin<br />
der ausverkauften Düsseldorf Arena<br />
ließen sich die seit neun Spielen unbesiegten<br />
Bayern nicht wie beim 3:3<br />
im Hinspiel vom Aufsteiger überraschen<br />
und kamen durch die Treffer<br />
von Kingsley Coman (15./41.), Serge<br />
Gnabry (55.) und Leon Goretzka<br />
(90.+2) zum Erfolg. Düsseldorfgelang<br />
nur ein Treffer durch den verwandelten<br />
Handelfmeter von Dodi Lukebakio<br />
in der 89. Minute.<br />
Auch nach der Trainingsrangelei<br />
zwischen Robert Lewandowski und<br />
Coman sah Trainer Niko Kovac keinen<br />
Grund, die Elf, die gegen Dortmund<br />
so souverän auftrat, zu verändern<br />
und beließ die Streithähne<br />
in der Startelf. Das<br />
sollte sich auszahlen. Die<br />
Gäste machten dortweiter,<br />
wo sie gegen den BVB aufgehört<br />
hatten, setzten die<br />
Düsseldorfer unter Druck.<br />
Bereits in der 6. Minute<br />
hatten die Gastgeber Glück,<br />
als Coman nach einer Hereingabe<br />
von Gnabry nur<br />
den Pfosten traf. Kurz darauf<br />
verfehlte ein Kopfball vonThiago<br />
das Tor. Nach einer Viertelstunde<br />
machte es Coman besser, seine Hereingabe<br />
verpasste Thomas Müller<br />
zwar,aber der Ball landete zum 1:0 im<br />
Netz. Vor der Pause hatte der junge<br />
Franzose eine weitereChance,scheiterte<br />
aber an Fortuna-Keeper Michael<br />
Rensing (39.). Zwei Minuten später<br />
DPA/BECKER<br />
verwandelte Coman eine Vorlage von<br />
Joshua Kimmich zum 2:0.<br />
Bei den Düsseldorfern wurden<br />
zwei Dinge schon zuvor<br />
entschieden. Zumeinen ist<br />
der Klassenverbleib durch<br />
die Niederlage des VfB<br />
Stuttgart gesichert. Zum<br />
anderen wurde bekannt,<br />
dass sich der Klub vomVorstandsvorsitzenden<br />
Robert<br />
Schäfer trotz Vertrages bis<br />
Süle herzt den Torschützen<br />
Coman. nen und auf der Führungs-<br />
2021 am Saisonende trenebene<br />
neu aufstellen will.<br />
Trotz dieser Unruhe und vieler<br />
Personalsorgen schickte Trainer<br />
Friedhelm Funkel eine engagierte Elf<br />
ins Rennen, die aber wenig Möglichkeiten<br />
in der Offensive hatte. Dawid<br />
Kownacki kam in der 26. Minute zu<br />
einer Gelegenheit, schoss aber über<br />
das Tor. Dodi Lukebakio, Dreifach-<br />
Torschütze imHinspiel, kam erst in<br />
der Schlussphase ins Spiel. Immerhin<br />
gelang ihm per Elfmeter noch der Ehrentreffer,<br />
ehe Goretzka den Endstand<br />
erzielte.<br />
Die Bayern beherrschten das<br />
Spiel, hatten durch Thiago eine weitereMöglichkeit,<br />
ehe Gnabry aus kurzer<br />
Distanz das 3:0 gelang. Zuvor<br />
hatte sich Torhüter Manuel Neuer<br />
ohne Einwirkung eines Gegenspielers<br />
verletzt. Der 33-Jährige musste<br />
wegen Wadenproblemen ausgewechselt<br />
werden,das Stadionverließ<br />
er aufKrücken. „Es ist dieselbe Wade,<br />
die ihm vor zwei, drei Wochen Probleme<br />
gemacht hat“, sagte Bayern-<br />
Trainer Nico Kovac: „Wir müssen<br />
schauen, wie die Aufzeichnungen im<br />
MRT aussehen.“ Für Neuer rückte<br />
Sven Ulreich zwischen die Pfosten,<br />
der beim Strafstoß chancenlos blieb.<br />
Sein Pedant Rensing verhinderte mit<br />
einigen Paraden einen höheren Sieg<br />
des Tabellenführers. (dpa)<br />
Der<br />
plötzliche<br />
Kontrollverlust<br />
Der BVB siegt, ist sich aber<br />
auch gegen Mainz ein Rätsel<br />
VonDaniel Theweleit, Dortmund<br />
Kaum jemanden im Stadion hielt<br />
es auf der Sitzschale während<br />
dieser finalen Minuten, die an ein<br />
großes Abstiegskampfdrama erinnerten,<br />
geprägt von Panik, von Lähmung,<br />
von Hilflosigkeit. Nach jedem<br />
Zweikampf schlugen die Menschen<br />
die Hände vorihreGesichter,wendetensich<br />
ab,forderten mit zunehmenderVerzweiflung<br />
den Abpfiff, der aber<br />
erst kam, als Roman Bürki mit einer<br />
Dreifach-Rettungstat gegen Anthony<br />
Ujah endgültig zum Helden des Tages<br />
geworden war.Zum großen Retter eines<br />
Spiels, das tiefe Ratlosigkeit hinterlässt<br />
bei Borussia Dortmund.<br />
Am Ende feierten sie zwar einen<br />
sehr glücklichen 2:1-Erfolg, aber in<br />
der Schlussphase hatten sie gewirkt<br />
wie ein Team aus der Abstiegszone,<br />
das jedes Konzept aufgegeben hat,<br />
dessen letzte Hoffnung im Wohlwollen<br />
des Fußballgottes liegt. Kurzum:<br />
Borussia Dortmund zeigt derzeit<br />
Symptome des Borderline-Syndroms,zudessen<br />
Merkmalenlaut Lexikon<br />
„teilweise paradox wirkende<br />
Verhaltensweisen“ gehören.<br />
Auf das 0:5 von München aus der<br />
Woche zuvor hatten sie nämlich mit<br />
einer prachtvollen ersten Hälfte reagiert,<br />
mit vielen schönen Spielzügen<br />
und zwei Toren von Jadon Sancho<br />
hatten sie sich den Frustaus den Knochen<br />
gespielt. Bevor dann in der<br />
Schlussphase zu sehen war, dass<br />
doch erhebliche Zweifel an einer erfolgreichen<br />
Traumabewältigung angebracht<br />
sind. Die blanke Angst davor,<br />
nun endgültig alle Meisterschaftschancen<br />
zu vergeuden, wurde<br />
immer dominierender,und als Robin<br />
Quaison zehn Minuten vordem Ende<br />
zum 1:2 getroffen hatte, verlor das<br />
Team jede Kontrolle.„Mitletzter Woche<br />
hat das gar nichts zu tun“, behauptete<br />
Kapitän Marco Reus dennoch,<br />
und wahrscheinlich ist diese<br />
Verdrängungsstrategie sogar sinnvoll.<br />
DieLähmung, die das Team ergriffen<br />
hatte, wirkte tatsächlich eher wie<br />
ein Kopfproblem. Und dazu passte<br />
auch, dass gerade Roman Bürki am<br />
Ende zum Helden wurde.Inden drei<br />
Jahren vordieser Saison war es ja oftmals<br />
der Torhüter,der psychisch labil<br />
wirkte, der unerklärliche Fehler produzierte,<br />
der seine Mannschaft verunsicherte.<br />
Inzwischen ist er Wortführer<br />
und großer Rückhalt. Der<br />
Schweizer hatte nicht nur mit seiner<br />
Dreifachparade geglänzt, er hatte etliche<br />
gefährliche Bälle in den Strafraum<br />
entschärft, hatte die Kollegen<br />
angefeuert und motiviert. Nach dem<br />
Schlusspfiff habe er sich dann „ganz<br />
kurzberuhigen“ müssen, bevor er die<br />
Huldigungen des Publikums genießen<br />
konnte, das sich damit trösten<br />
kann, schon wieder ein wildes Drama<br />
erlebt zu haben. Denn an Aufregung<br />
ist diese Dortmunder Saison kaum zu<br />
überbieten. DerBVB ist ein Team,das<br />
sich selbst immer rätselhafter zu werden<br />
scheint.<br />
Glänzt mit Dreifachparade: Dortmunds<br />
Roman Bürki<br />
DPA/FASSBENDER