16.04.2019 Aufrufe

Berliner Zeitung 15.04.2019

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

4** <strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 88 · M ontag, 15. April 2019<br />

·························································································································································································································································································<br />

Politik<br />

NACHRICHTEN<br />

Sozialdemokraten liegen bei<br />

Wahl in Finnland vorn<br />

Beider Parlamentswahl in Finnland<br />

sind die Sozialdemokraten am Sonntagabend<br />

mit nur 17,7 Prozent<br />

knapp stärkste Kraft geworden. Der<br />

Vorsitzende Antti Rinne erklärte<br />

seine Partei am Abend zum Sieger.<br />

Nach Auszählung von99Prozent der<br />

Stimmen lagen die rechtspopulistischen<br />

Wahren Finnen bei 17,5 Prozent,<br />

die liberale Sammlungspartei<br />

bei 16,9. Derbisherige Ministerpräsident<br />

Juha Sipilä hatte im Märzsein<br />

Amt niedergelegt, nachdem er mit<br />

einer Reformdes Gesundheitswesens<br />

gescheitertwar.Seine Zentrumspartei<br />

verlor 20 ihrer 50 Parlamentssitze.<br />

(BLZ)<br />

Militär im Sudan will zivilen<br />

Regierungschef einsetzen<br />

Nach Gesprächen mit der Opposition<br />

hat die Leitung des militärischen<br />

Übergangsrats im Sudan zugesagt,<br />

die neue Regierung voneinem Zivilisten<br />

führen zu lassen. DerMinisterpräsident<br />

solle ein vonallen Parteien<br />

ausgesuchter Experte sein. DerPräsident<br />

solle aus den Reihen der Streitkräfte<br />

kommen. DasAngebot war ein<br />

Zugeständnis an die Opposition. Das<br />

Gewerkschaftsbündnis SPA, das die<br />

jüngsten Massenproteste gegen<br />

Langzeitpräsident Omar al-Baschir<br />

organisierthat, fordertjedoch weiterhin<br />

eine komplette Übergabe der<br />

Macht in zivile Hände. (dpa)<br />

Britische EU-Mitarbeiter<br />

beantragen deutschen Pass<br />

Immer mehr Briten reizt die deutsche<br />

Staatsbürgerschaft. IMAGO IMAGES/E. CONTINI<br />

Zwölf britische Mitarbeiter der EU-<br />

Kommission haben die deutsche<br />

Staatsangehörigkeit beantragt. Zwei<br />

der Anträge seien bereits bewilligt<br />

worden, heißt es laut einem Bericht<br />

der Bild am Sonntag in einer Antwort<br />

der Bundesregierung auf eine Anfrage<br />

der FDP-Fraktion. Nach Ansicht<br />

der FDP-Innenpolitikerin<br />

Linda Teutebergwirddie Zahl nach<br />

einem Brexit noch zunehmen. (AFP)<br />

SPD Sachsen will Polikliniken<br />

gegen Ärztemangel<br />

DieSPD in Sachsen fordertdie Einrichtung<br />

und staatliche Förderung<br />

vonPolikliniken als attraktives Angebot<br />

für junge Hausärzte.„Wirwollen<br />

deren Entstehung nicht der Frage<br />

überlassen, ob zufällig ein privater Investor<br />

bereitsteht“, sagte Landeschef<br />

Martin Dulig in einer Mitteilung vom<br />

Sonntag in Dresden.„Wir müssen die<br />

Arbeit als Hausarzt attraktiver für<br />

junge Ärzte machen.“ (dpa)<br />

Neue Palästinenserregierung<br />

vereidigt<br />

In Ramallah ist am Sonnabend das<br />

Kabinett des neuen palästinensischen<br />

Ministerpräsidenten Mohammed<br />

Schtajjeh vereidigt worden. Die<br />

meisten Minister sind Mitglieder der<br />

Fatah-Partei undVerbündete vonPalästinenserpräsident<br />

Mahmud Abbas.Der<br />

Regierung gehören aber<br />

auch kleinereFraktionen der Palästinensischen<br />

Befreiungsorganisation<br />

PLOan. AndereParteien wie die<br />

Volksfront zur Befreiung Palästinas<br />

lehnten eine Beteiligung ab.Sie forderneine<br />

Einheitsregierung mit der<br />

radikalislamischen Hamas. (AFP)<br />

Flucht vor dem Inferno<br />

62 Bootsflüchtlinge sindnachlanger Irrfahrt an Land.Die Krise in Libyen könnteeinenneuenExodus auslösen<br />

VonRegina Kerner,Rom<br />

Elf Tage mussten die 62<br />

Flüchtlinge auf dem deutschen<br />

Rettungsschiff „Alan<br />

Kurdi“ auf See ausharren,<br />

bis eine Lösung gefunden war.<br />

Nachdem sich schließlich neben<br />

Deutschland auch Frankreich, Portugal<br />

und Luxemburg bereiterklärten,<br />

die Migranten aufzunehmen,<br />

wurden sie am Sonnabendnachmittag<br />

nach Malta gebracht. DieInsel ist<br />

nur Durchgangsstation. Vomkleinsten<br />

EU-Staat aus sollen die überwiegend<br />

afrikanisch-stämmigen Flüchtlinge<br />

in die vier anderen Länder ausgeflogen<br />

werden. Deutschland bietet<br />

nach Auskunft des Bundesinnenministeriums<br />

26 vonihnen Zuflucht.<br />

Das Schiff der in Regensburg ansässigen<br />

Hilfsorganisation Sea-Eye<br />

hatte am 3. April 64Menschen im<br />

Meer vor Libyen von einem<br />

Schlauchboot gerettet. Zunächst<br />

wollte es die italienische Insel Lampedusa<br />

ansteuern, doch die Regierung<br />

in Rom verbot die Einfahrt in<br />

italienische Gewässer. Daraufhin<br />

nahm die „Alan Kurdi“ Kurs auf<br />

Malta, das ihr jedoch ebenfalls einen<br />

sicheren Hafen verweigerte. Während<br />

der tagelangen Odyssee des<br />

überfüllten Schiffs mussten zwei Migranten<br />

und ein Crew-Mitglied wegen<br />

gesundheitlicher Probleme an<br />

Land gebracht werden.<br />

Daseinzige private Rettungsschiff<br />

Die „Alan Kurdi“ ist derzeit das einzige<br />

private Rettungsschiff, das noch<br />

auf der zentralen Mittelmeerroute<br />

im Einsatz ist. Besonders die Regierungen<br />

von Italien und Malta versuchen,<br />

die Einsätzezuverhindern. Sie<br />

argumentieren, private Hilfsorganisationen<br />

erleichterten den Schleppern<br />

und Menschenhändlern inLibyen<br />

das Geschäft. Sieverweisen auf<br />

die Zuständigkeit der libyschen Küstenwache,<br />

die Bootsflüchtlinge retten<br />

und nach Libyen zurückbringen<br />

müsse. Italiens rechter Innenminister<br />

Matteo Salvini hat die Häfen seines<br />

Landes seit Monaten für private<br />

Seenotretter geschlossen. Malta<br />

hatte 2018 das Schiff der Dresdner<br />

Hilfsorganisation „Mission Lifeline“<br />

beschlagnahmt und den deutschen<br />

Kapitän vorGericht gestellt.<br />

Der„Alan Kurdi“ wurde am Sonnabend<br />

die Einfahrt inden Hafen von<br />

LaValletta verweigert. DieFlüchtlinge<br />

mussten auf maltesische Militärboote<br />

umsteigen, die sie an Land<br />

brachten. Die deutsche Menschenrechtsorganisation<br />

Pro Asyl nannte<br />

das Verhalten Maltas unerträglich.<br />

Nach zehn Tagen konnten die Migranten das Rettungsschiff in Malta verlassen.<br />

Das Land: In Libyenherrscht<br />

seit der Militärintervention<br />

der Natound dem Sturzdes<br />

Machthabers Muammar al-<br />

GaddafiimJahr 2011 Chaos.<br />

DieRegierung in Tripolisist<br />

schwach und hat weite Teile<br />

des Landes nicht unterKontrolle.Nach<br />

Ansicht vonExperten<br />

hat sichanden grundlegenden<br />

Problemen der<br />

Menschen nichts geändert.<br />

CHAOS UND KÄMPFE IN LIBYEN<br />

Die Angreifer: General Chalifa<br />

Haftars sogenannteLibysche<br />

Nationale Armeehatte<br />

am 4. April eine Offensive auf<br />

Tripolis gestartet,inder die<br />

UN-gestützte Regierung der<br />

nationalen Einheitihren Sitz<br />

hat. Am Sonntag wurde<br />

HaftarinKairo vonseinem<br />

Verbündeten,dem ägyptischenPräsidenten<br />

Abdel Fattahal-Sisi,<br />

empfangen.<br />

Die Opfer: Bei den Kämpfen<br />

rund um Tripolis sind nach<br />

Angaben der Weltgesundheitsorganisation<br />

(WHO) bislang<br />

mindestens 121 Menschen<br />

getötet worden. Nach<br />

Angaben des UN-Büros zur<br />

Koordination humanitärer<br />

Angelegenheiten (Ocha) flohen<br />

bereits 13 500 Einwohner<br />

vorden Kämpfen südlich<br />

der Hauptstadt.<br />

Wertäuscht, soll nicht Deutscher bleiben<br />

AFP<br />

„Malta tritt die Menschenwürde mit<br />

Füßen“, sagte Geschäftsführer Günter<br />

Burkhardt. Sea-Eye sprach voneinem<br />

neuen beschämendenVorfall. Es<br />

sei nicht erklärbar,warum die Flüchtlinge<br />

während der Verhandlungen<br />

zwischen den EU-Staaten hätten an<br />

Bord bleiben müssen, sagte der Sea-<br />

Eye-Vorsitzende Gorden Isler. „Wieder<br />

einmal sind internationales Recht<br />

und Menschenrechte brutal verletzt<br />

worden.“ Der Rechtspopulist Salvini<br />

feierte am Sonnabend auf Twitter die<br />

„ausgezeichneten Nachrichten“:<br />

„Wie versprochen ist kein Migrant<br />

dieses deutschen Schiffs nach Italien<br />

gekommen.“ Malta tue gut daran, die<br />

Gefährlichkeit solcher Hilfsorganisationen<br />

anzuprangern. Italien stehe<br />

im Kampf gegen Schlepper an seiner<br />

Seite.<br />

Sorgevor neuem Exodus<br />

Doch unterdessen wächst in Rom<br />

die Sorge, dass wegen der jüngsten<br />

Kämpfe in Libyen ein neuer Exodus<br />

bevorstehen und die Zahl der<br />

Flüchtlingsboote wieder steigen<br />

könnte.SeitzehnTagen marschieren<br />

die Truppen von General Chalifa<br />

Haftar auf die Hauptstadt Tripolis zu,<br />

die international anerkannte Regierung<br />

von Ministerpräsident Fajis al-<br />

Sarradsch hat zur Gegenoffensive<br />

aufgerufen. Laut Uno sind mehr als<br />

10 000 Menschen auf der Flucht. Die<br />

italienische <strong>Zeitung</strong> Corriere della<br />

Sera berichtete am Sonntag unter<br />

Berufung auf ein Geheimdienst-Dokument,<br />

mindestens 6000 afrikanische<br />

Flüchtlinge versuchten derzeit,<br />

dem libyschen Inferno über das Mittelmeer<br />

zu entkommen.<br />

Versinkt LibyenerneutimBürgerkrieg,<br />

so wäre zwar die Transitroute<br />

für Migranten aus dem südlichen<br />

Afrika unterbrochen. Aber auch Libyer<br />

würden dann Boote besteigen.<br />

„Das würde ein Aufnahmesystem,<br />

das auf europäischer Ebene nicht<br />

funktioniert, auf eine harte Probe<br />

stellen“, warnte Italiens Premier Giuseppe<br />

Conte in einem Interview.<br />

Salvini müsste dann die Häfen für<br />

Kriegsflüchtlinge öffnen und könnte<br />

nicht mehr auf die Rettungsleitstelle<br />

in Tripolis verweisen. Die ist nach<br />

Angaben vonSea-Eye schon jetzt unfähig<br />

oder unwillig, in Seenot-Fällen<br />

zu handeln. Auf die vielen Anrufe<br />

und E-Mails der „Alan Kurdi“ habe<br />

sie nie geantwortet, erklärte die<br />

Hilfsorganisation.<br />

Regina Kerner glaubt: Das<br />

Problem ist nur über eineVerteilquote<br />

in der EU zu lösen.<br />

Innenminister Seehofer will Menschen wieder ausbürgern, die falsche Angaben zu ihrer Identität gemacht haben<br />

VonTimot Szent-Ivanyi<br />

Bundesinnenminister Horst Seehofer<br />

(CSU) sprach im vergangenen<br />

Herbst vonder Migration als der<br />

„Mutter der Probleme“. Seine Politik<br />

ist vorallem darauf ausgerichtet, die<br />

Zuwanderung zu begrenzen, wobei<br />

er dabei dem Koalitionspartner SPD<br />

häufig zu weit geht. Zuletzt stieß er<br />

mit dem Plan auf Kritik, Abschiebungen<br />

zu erleichtern.<br />

Obwohl das umstrittene Gesetz<br />

noch nicht einmal vomBundeskabinett<br />

beraten wurde, geht der Innenminister<br />

schon mit dem nächsten<br />

Vorhaben in die Offensive: Seehofer<br />

will das Staatsbürgerschaftsrecht ändern.<br />

Werüber seine Herkunft gelogen<br />

hat, soll künftig bis zu zehn Jahre<br />

nach der Einbürgerung seinen deutschen<br />

Pass verlieren können. Einen<br />

entsprechenden Entwurf will das<br />

Bundesinnenministerium bis zum<br />

Frühherbst vorlegen. Damit komme<br />

die Regierung auch einem dringenden<br />

Wunsch der Länder nach, sagte<br />

Innen-Staatssekretär Helmut Teichmann<br />

am Wochenende der dpa.<br />

Noch vor Umsetzung der Abschiebereformhat Seehofer schon eine neue Idee. DPA/MAURER<br />

Für sogenannte Identitätstäuscher<br />

gilt bislang eine Fünf-Jahres-<br />

Frist:Wernach diesem Zeitraum auffliegt,<br />

verliert seine deutsche Staatsangehörigkeit<br />

nicht. Das Innenministerium<br />

hatte im vergangenen Jahr<br />

bei den Ländern nachgefragt, wie<br />

viele Verdachtsfälle bei ihnen erst<br />

nach Ablauf der Fünf-Jahres-Frist<br />

aufgefallen seien. Laut Teichmann<br />

wurden daraufhin mehr als 250 Fälle<br />

gemeldet. Allerdings hätten nicht<br />

alle Länder geantwortet.<br />

Gerichte hatten sich in den vergangenen<br />

20 Jahren mehrfach mit<br />

Fällen vonMenschen aus der Türkei<br />

beschäftigt, die sich in Deutschland<br />

als Libanesen ausgegeben hatten.<br />

Das Bundesverwaltungsgericht<br />

stellte 2008 fest: „Die Rücknahme einer<br />

erschlichenen Einbürgerung ist<br />

nur innerhalb einer Frist von fünf<br />

Jahren nach Aushändigung der Einbürgerungsurkunde<br />

noch zeitnah.“<br />

Danach habe die Einbürgerung ungeachtet<br />

der Umstände Bestand.<br />

Im Bundesinnenministerium<br />

glaubt man, dass die Verlängerung<br />

der Frist auch deshalb etwas bewirken<br />

wird, weil einige Identitätstäuscher<br />

ihre wahre Herkunft wohl bewusst<br />

erst nach Ablauf von fünf Jahren<br />

preisgeben – etwa um Dokumente<br />

für eine Eheschließung zu<br />

beschaffen. Eine Rücknahme der<br />

Einbürgerung ganz ohne zeitliche<br />

Begrenzung wärewohl kaum durchsetzbar:<br />

Das Prinzip des Vertrauensschutzes<br />

soll gewährleisten, dass<br />

sich ein Bürger auf den Bestand eines<br />

von einer Behörde erlassenen<br />

Verwaltungsaktes verlassen kann.<br />

Seehofer wurde gebremst<br />

Wenn es nach Seehofer gegangen<br />

wäre, hätte die Regierung schon früher<br />

über die Neuregelung entschieden.<br />

Doch nach verschiedenen Meinungsverschiedenheiten<br />

in der großen<br />

Koalition beschränkte man sich<br />

in der am 3. April vom Kabinett beschlossenen<br />

Reformdes Staatsangehörigkeitsrechts<br />

auf den Passentzug<br />

für Doppelstaatler, die für eine Terrormiliz<br />

kämpfen.<br />

Echte Strafen<br />

für virtuelle<br />

Pädophilie<br />

Koalition will Kinder im<br />

Internet besser schützen<br />

VonChristian Rath<br />

Justizministerin Katarina Barleywill eine<br />

Gesetzlückeschließen. DPA/RALF HIRSCHBERGER<br />

Die Bundesregierung will auch<br />

den sexuell motivierten Kontakt<br />

zu einem „Schein-Kind“ bestrafen.<br />

Dabei geht es vor allem um Polizeibeamte,die<br />

sich im Internet als Kind<br />

ausgeben. Der entsprechende Gesetzentwurfvon<br />

Justizministerin Katarina<br />

Barley (SPD) befindet sich seit<br />

Freitag in der Ressortabstimmung<br />

und liegt dieser <strong>Zeitung</strong> vor.<br />

Sexuelle Handlungen mit Kindern<br />

unter 14 Jahren sind schon<br />

lange strafbar,unabhängig vomEinverständnis<br />

des Kindes. Seit 2004 ist<br />

auch das sogenannte Cyber-Grooming<br />

strafbar. Gemeint ist die Online-Kontaktaufnahme<br />

zu Kindern,<br />

um sie zu sexuellen Handlungen zu<br />

bringen. Oft geben sich die Täter dabei<br />

als Gleichaltrige aus.<br />

Justizministerin Barley sieht nun<br />

aber eine „Strafbarkeitslücke“, die<br />

sie schließen möchte.Strafbar ist das<br />

Cyber-Grooming nämlich nur,wenn<br />

im Internet ein real existierendes<br />

Kind angesprochen wird. Dagegen<br />

ist es bisher nicht strafbar, wenn ein<br />

Polizeibeamter kontaktiert wird, der<br />

sich im Internet als Kind ausgibt. Juristisch<br />

gilt dies als „untauglicher<br />

Versuch“.<br />

Künftig soll der Versuch des Cyber-Groomings<br />

immer dann strafbar<br />

sein, wenn „eine Vollendung der Tat<br />

allein daran scheitert, dass der Täter<br />

irrig annimmt, auf ein Kind einzuwirken.“<br />

DieVorschrift über den sexuellen<br />

Kindesmissbrauch in Paragraph<br />

176 des Strafgesetzbuchs soll<br />

entsprechend ergänzt werden.<br />

Ministerin Barley hält dies für<br />

strafwürdig, weil der Täter „eine innere<br />

Hemmschwelle überschritten<br />

hat“, so die Gesetzesbegründung. So<br />

habe er sich selbst bestärkt, weiterhin<br />

im Internet Kontakt zu vermeintlichen<br />

Kindern aufzunehmen. So<br />

entstehe eine abstrakte Gefahr für<br />

reale Kinder. Wegen der „zum Ausdruck<br />

gebrachten kriminellen Energie“<br />

sei die geplante Strafvorschrift<br />

sachgerecht.<br />

Wer hinter dem „Schein-Kind“<br />

steckt, ist laut Gesetzentwurf egal.<br />

Dies kann ein verdeckt ermittelnder<br />

Polizist sein. Es können aber auch<br />

die Elterneines Kindes sein, die dessen<br />

Internet-Account nutzen, um im<br />

Internet Pädophile aufzuspüren. In<br />

der RTL2-Sendereihe „Tatort Internet“<br />

gab sich 2010 eine Journalistin<br />

als Mädchen aus, umvermeintliche<br />

Sexualstraftäter zu persönlichen<br />

Treffen zu locken.<br />

DieJustizministerin will sogar das<br />

Anmachen von „computergeschaffenen<br />

Phantomfiguren“ unter Strafe<br />

stellen. Gemeint sind dabei Figuren<br />

wie „Sweetie“, ein angebliches zehnjähriges<br />

Mädchen von den Philippinen,<br />

das 2013 im Internet Camsex<br />

anbot. Hinter dem künstlichen<br />

Lockvogel steckte die Menschenrechtsorganisation<br />

Terre des Hommes,die<br />

am Ende dieDaten TausenderInteressenten<br />

der Polizei übergeben<br />

konnte.<br />

Das Vorhaben der Gesetzverschärfung<br />

ist im Koalitionsvertrag<br />

vereinbart, seitdem hat die<br />

CDU/CSU schon mehrfach eineVorlage<br />

angemahnt.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!