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12 * <strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 91 · 1 8./19. April 2019<br />
·························································································································································································································································································<br />
Berlin<br />
<strong>Berliner</strong> verdienen mehr<br />
Neue Datenauswertung: Hohe Mieten zehren aber oft die Lohnsteigerung auf. Zudem verfügen mehr Bürger über einen Berufsabschluss<br />
VonMartin Klesmann<br />
Eine aktuelle Zusammenstellung<br />
vonBevölkerungsdaten<br />
zeigt, wie in Berlin<br />
Einkommen, Armutsrisiko<br />
und Bildungsstand verteilt sind. Und<br />
wie sich die Dinge in den vergangenen<br />
14 Jahren veränderthaben.<br />
Ein Befund sticht dabei heraus:<br />
Obwohl die <strong>Berliner</strong> Wirtschaft seit<br />
fast zehn Jahren wächst und die Arbeitslosigkeit<br />
sinkt, ist das Armutsrisiko<br />
für <strong>Berliner</strong> Bürger sogar leicht<br />
gestiegen. 17,4 Prozent der <strong>Berliner</strong><br />
sind laut Mikrozensus 2017 armutsgefährdet,<br />
vor zehn Jahren waren es<br />
noch gut drei Prozent weniger. Das<br />
Spandau am stärksten anstieg (von<br />
15,7 auf 24,1 Prozent). Letzteres<br />
hängt laut Stadtsoziologen auch damit<br />
zusammen, dass viele ärmere<br />
<strong>Berliner</strong> inzwischen wegen der noch<br />
günstigen Mieten in Spandauer<br />
Großsiedlungen gezogen sind.<br />
Es geht um Verdrängung. Als armutsgefährdet<br />
gilt, wer mit 60 Prozent<br />
des mittleren Durchschnittseinkommens<br />
auskommen muss. In<br />
Spandau ist es nun bereits jeder<br />
Vierte. „Wir müssen verhindern,<br />
dass die Stadt zwischen Zentrum<br />
und Peripherie weiter auseinanderdriftet“,<br />
sagt Schlüsselburg. Das<br />
klingt schon so,als würde sich Berlin<br />
wie Paris entwickeln, wo viele Arme<br />
Haushaltsnettoeinkommen<br />
der Privathaushalte, in Tausend<br />
unter 900 Euro 1300 -1500 Euro<br />
900 -1300 Euro 1500 -2000 Euro<br />
2000 -2600 Euro<br />
2600 -3200 Euro<br />
Charlottenburg-Wilmersdorf<br />
31,5 27,9 13,7 26,3 24,7 18,4 40,1<br />
2013<br />
182,4<br />
18,5 27,8 14,9 24,9 24,3 17,8 56,1<br />
2017<br />
184,5<br />
über<br />
3200 Euro<br />
Pankow<br />
Angaben in Tausend<br />
33,1<br />
2013<br />
38,9 20,5 39,7 30,8 19,4 40,9<br />
223,3<br />
11,1<br />
2017<br />
29,8 14,0 40,2 35,5 26,0 66,2<br />
222,8<br />
Mitte<br />
45,4<br />
2013<br />
33,8 15,2 31,7 28,5 14,2 25,0<br />
193,8<br />
33,0<br />
2017<br />
36,1 15,4 35,6 31,4 24,5 44,0<br />
220,1<br />
sich trotz allen Unkenrufen aus der<br />
Wirtschaft offenbar verbessert und<br />
nicht verschlechtert. Im Gentrifizierungs-Bezirk<br />
Friedrichshain-Kreuzberghat<br />
sich der Wert sogar halbiert.<br />
Sicherlich hat aber auch der Zuzug<br />
gut qualifizierter Personen von außerhalb<br />
nach Berlin eine Rolle gespielt.<br />
Immerhin dürfte sich der Trend<br />
zu mehr regulärer Berufsausbildung<br />
fortsetzen: „Wir haben demografisch<br />
begründet weniger Jugendliche,<br />
die dem Ausbildungsmarkt<br />
zur Verfügung stehen“, sagte<br />
Karl Brenke vom Deutschen InstitutfürWirtschaftsforschung<br />
in Berlin.<br />
„Das heißt: Diese finden leich-<br />
rung im Jahr 2013 auffast20Prozent<br />
im Jahr 2017, dem letzten verfügbaren<br />
Jahr. In Pankow stieg er sogar im<br />
gleichen Zeitraum von18auf 29 Prozent<br />
und in Steglitz-Zehlendorf, dem<br />
wohlhabendsten Bezirk, um gut 9<br />
auf 33,7 Prozent. Den niedrigsten<br />
Wert weist hier Neukölln mit 15,7<br />
Prozent aus, auch hier ein Anstieg<br />
von sechs Prozent. Zu beachten ist,<br />
dass es in Innenstadtbezirken mehr<br />
Ein-Personen-Haushalte gibt.<br />
Am unteren Ende der Skala haben<br />
wir die Haushalte,die mit weniger<br />
als 900 Euro netto auskommen<br />
müssen. Auch derenZahlging deutlich<br />
zurück. Beeindruckend deutlich<br />
verringerte sich dieser Wert in<br />
teilte die Senatsverwaltung für Arbeit<br />
nun auf Anfrage des Abgeordneten<br />
Sebastian Schlüsselburg (Linke)<br />
hin mit. Für Schlüsselburg ist klar:<br />
„Ein wesentlicher Grund dafür ist<br />
der Mietenwahnsinn in dieser<br />
Stadt.“ Es seien <strong>Berliner</strong>innen und<br />
<strong>Berliner</strong>, die hier seit Jahren faktisch<br />
trotz Lohnsteigerungen enteignet<br />
würden.<br />
Anzeige<br />
„Die Armutsquoten belegen die nicht hinnehmbare<br />
Verdrängung vieler Menschen in<br />
Richtung der Peripherie. Ein wesentlicher<br />
Grund dafür ist der Mietenwahnsinn.“<br />
Sebastian Schlüsselburg, rechtspolitischer Sprecher der Linke-Fraktion im<br />
Abgeordnetenhaus und Wahlkreisabgeordneter für Lichtenberg<br />
Lesen Sie am Wochenende<br />
Mobile Welten<br />
Frauen und Motorräder:Die<br />
Klischees sind Vergangenheit<br />
Der neue BMW X7: Im Test<br />
punktet er als Offroad-Macho<br />
Tatsächlich fallen aber auch die<br />
größer werdenden Unterschiede innerhalb<br />
Berlins auf. Zum Beispiel<br />
können wir anhand der Daten sehen,<br />
dass sich das Risiko für PankowerBürger,arm<br />
zu werden, seit 2005<br />
halbierthat. DieArmutsquote fiel im<br />
Landesmaßstab von seinerzeit 13<br />
Prozent auf 6,8 Prozent. Dasist übrigens<br />
der niedrigste Wert in Berlin.<br />
Auch in Friedrichshain-Kreuzberg<br />
sank sie deutlich, während sie in<br />
längst außerhalb des Autobahnrings<br />
wohnen.<br />
Interessant ist auch der Blick auf<br />
die Bildungsarmuts-Quote. Sie markiertden<br />
Anteil der über 25-Jährigen,<br />
die nach der Internationalen Standardklassifikation<br />
weder Berufsabschluss<br />
noch Hochschulreife haben.<br />
Diese Quote ist erwartungsgemäß<br />
im bürgerlichen Pankow (6,1 Prozent)<br />
besonders niedrig und auch in<br />
Treptow-Köpenick (9,4 Prozent).<br />
Schon an dritter und vierter Stelle<br />
folgen Lichtenberg (10,4 Prozent)<br />
und Marzahn-Hellersdorf (11,4 Prozent).<br />
Der <strong>Berliner</strong> Osten hat also<br />
hier deutlich bessere Werte als die<br />
westlichen Bezirke.<br />
Das hängt wohl auch damit zusammen,<br />
dass zu DDR-Zeiten nahezu<br />
jeder Bürger einen Beruf erlernen<br />
musste,und diese Bildungsaspiration<br />
an die nachfolgende Generation<br />
weitergeben wurde, heißt es<br />
unter Experten. Selbst das wohlhabende<br />
Steglitz-Zehlendorf liegt mit<br />
11,5 Prozent erst an fünfter Stelle.<br />
Der Wert ist in den vergangenen<br />
14 Jahren in fast allen Bezirken leicht<br />
gesunken, was einen bildungspolitischen<br />
Erfolg nahe legt. „Es zeigt,<br />
welch guten Job unsere Schulen unter<br />
schwierigen Bedingungen machen“,<br />
sagte Schlüsselburg. Die Studien-<br />
und Ausbildungsreife habe<br />
Tempelhof-Schöneberg<br />
24,8 24,8 14,4 30,8 27,9 17,9 39,1<br />
2013<br />
182,6<br />
19,5 28,3 13,9 30,4 27,1 20,9 47,9<br />
2017<br />
188,1<br />
Neukölln<br />
38,9 35,5 13,5 27,2 24,1 12,9 16,3<br />
2013<br />
168,5<br />
22,4 33,5 14,5 28,8 29,7 17,6 27,4<br />
2017<br />
174,0<br />
Friedrichshain-Kreuzberg<br />
32,1 30,5 13,0 24,6 23,1 10,9 21,9<br />
2013<br />
155,9<br />
19,4 29,4 13,0 27,8 25,2 17,6 37,1<br />
2017<br />
169,7<br />
Lichtenberg<br />
25,4 26,1 15,1 29,7 24,4 12,0 16,5<br />
2013<br />
149,1<br />
16,1 22,3 22,3 29,5 28,6 18,1 28,9<br />
2017<br />
158,6<br />
Steglitz-Zehlendorf<br />
16,3 20,5 12,9 23,8 27,2 15,9 36,8<br />
2013<br />
153,3<br />
11,1 17,9 9,6 23,9 23,8 15,2 51,9<br />
2017<br />
153,4<br />
Treptow-Köpenick<br />
19,4 23,6 13,4 24,9 22,3 12,8 21,6<br />
2013<br />
138,0<br />
12,417,7 11,1 22,5 22,9 15,7 37,4<br />
2017<br />
139,7<br />
Marzahn-Hellersdorf<br />
21,7 25,7 11,6 23,0 20,7 12,3 18,5<br />
2013<br />
133,6<br />
14,3 19,6 12,0 23,0 20,9 17,2 29,1<br />
2017<br />
136,2<br />
Reinickendorf<br />
17,0 19,6 11,2 22,3 18,4 12,8 23,7<br />
2013<br />
124,9<br />
9,6 20,5 10,0 26,6 18,7 14,2 36,1<br />
2017<br />
135,8<br />
Spandau<br />
23,3<br />
2013<br />
23,1 12,8 22,9 19,8 9,2 15,9<br />
127,0<br />
13,5 18,6 11,3 20,7 17,7 12,9<br />
2017<br />
25,2<br />
120,2<br />
Geringqualifizierte<br />
Anteil der über<br />
25-Jährigen mit<br />
niedrigem Bildungsstand<br />
2005<br />
18,8%<br />
2008<br />
17,4%<br />
2011<br />
16,2%<br />
2014<br />
15,6%<br />
2017<br />
14,3%<br />
BLZ/GALANTY;QUELLE: ABGEORDNETENHAUSBERLIN<br />
„Wir haben demografisch bedingt inzwischen<br />
weniger Jugendliche, die dem Arbeitsmarkt<br />
zur Verfügung stehen. Dasheißt: Diese finden<br />
leichter eine Lehrstelle, zumal immer mehr<br />
junge Leute studieren wollen.“<br />
Karl Brenke, Volkswirt amDeutschen Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin<br />
ter eine Lehrstelle, zumal immer<br />
mehr junge Leute in die Hochschulen<br />
drängen.“ Noch immer aber<br />
bieten <strong>Berliner</strong> Firmen und die Verwaltung<br />
im Bundesländervergleich<br />
relativ wenige Lehrstellen an, auch<br />
wenn die Anzahl zuletzt etwas zugenommen<br />
habe. Allerdings bedeutet<br />
eine geringe Bildungsarmut<br />
im Bezirkkeineswegs,dass die Bürger<br />
dieses Bezirks besonders wohlhabend<br />
wären.<br />
Deutliche WerteinPankow<br />
Als reich gilt laut Mikrozensus, wer<br />
2017 mehr als 200 Prozent des Äquivalenzeinkommens<br />
der Bevölkerung<br />
erhielt, mindestens also 3225 Euro<br />
zusätzlich. Hier liegen lediglich drei<br />
<strong>Berliner</strong> Bezirkeimzweistelligen Bereich:<br />
Steglitz-Zehlendorf (16,2 Prozent),<br />
Charlottenburg-Wilmersdorf<br />
(16,1 Prozent) und Pankow (11,8 Prozent).<br />
Der <strong>Berliner</strong> Durchschnitt beträgt<br />
9,1 Prozent, den niedrigsten<br />
Wert haben hier Lichtenberg (3,8<br />
Prozent) und Neukölln (3,5 Prozent).<br />
Erfreulich ist laut der Datensätze<br />
die Entwicklung beim Haushaltsnettoeinkommen.<br />
In allen Bezirken<br />
stieg die Anzahl der Haushalte, die<br />
über ein Nettoeinkommen vonmehr<br />
als 3200 Euro verfügen können. In<br />
Mitte etwa stieg dieser Anteil von<br />
12,9 Prozent an der Gesamtbevölke-<br />
Pankow:von 14 auf 4Prozent innerhalb<br />
von fünf Jahren. Das belegt<br />
den gewaltigen Strukturwandel<br />
etwa in Prenzlauer Berg, Weißensee<br />
oder Alt-Pankow. In Mitte leben<br />
immer noch 14 Prozent aller<br />
Haushalte von weniger als 900<br />
Euro, in Gesundbrunnen oder<br />
Weddingist die Quotedeutlich höher.<br />
In Neukölln mit heute 12 Prozent<br />
und in Reinickendorf mit 7<br />
Prozent haben sich diese Werte inzwischen<br />
halbiert.<br />
Insgesamt also ist es den <strong>Berliner</strong>n<br />
in den vergangenen Jahren<br />
wirtschaftlich etwas besser gegangen.<br />
Allerdings zehren die oft drastisch<br />
gestiegenen Mieten die Mehreinkünfte<br />
auf. Wer wirtschaftlich<br />
nicht mithalten kann, läuft Gefahr<br />
verdrängt zu werden. Die Sozialdaten<br />
belegen auch, dass nicht etwa<br />
Marzahn-Hellersdorf oder Lichtenberg<br />
trotz der vielen Alleinerziehenden<br />
mit geringen Einkünften besondere<br />
Problemfälle sind. Vielmehr<br />
sieht es so aus, als sei Spandau auf<br />
dem Weg, der neue Problembezirk<br />
zu werden.<br />
Martin Klesmann<br />
freut sich, dass mehr <strong>Berliner</strong><br />
eine Ausbildung haben.<br />
Muss eine über 80-jährige Mieterin ausziehen?<br />
Der Bundesgerichtshof verhandelt über eine Eigenbedarfskündigung aus Berlin. Dabei geht es um ein womöglich wegweisendes Urteil für eine alternde Gesellschaft<br />
VonUlrich Paul<br />
Der Fall sorgt für bundesweites<br />
Aufsehen: Eine über 80 Jahrealte<br />
Frau aus Berlin soll aus ihrer Wohnung<br />
ausziehen –umPlatz zu machen<br />
für den Vermieter und dessen<br />
junge Familie.Der Eigentümer hat Eigenbedarfangemeldet.<br />
Doch die alte<br />
Dame wehrt sich gegen den Rauswurf.<br />
Werbraucht die Wohnung dringender?<br />
Mit dieser Frage hat sich am<br />
Mittwoch der Bundesgerichtshof<br />
(BGH) befasst. Dasnoch ausstehende<br />
Urteil könnte in einer alternden Gesellschaft<br />
wegweisend werden.<br />
DieMieterin lebt seit 1974 in ihrer<br />
etwa 73 Quadratmeter großen Dreizimmerwohnung,<br />
die sie gemeinsam<br />
mit ihren zwei über 50 Jahre alten<br />
Söhnen bewohnt. Im Jahr 2015<br />
erwarb der Vermieter die Wohnung<br />
und erklärte kurz darauf die Kündigung,<br />
da er die Wohnung selbst nutzen<br />
will. Der Vermieter lebt mit seiner<br />
Ehefrau und seinen inzwischen<br />
zwei und vier Jahre alten Kindern<br />
selbst zur Miete in einer 57 Quadratmeter<br />
großen Zweizimmerwohnung.<br />
Langfristig sei geplant, die<br />
Wohnung der älteren Dame mit der<br />
benachbarten, etwa 65 Quadratmeter<br />
großen Wohnung zu verbinden.<br />
Diese hat der Vermieter ebenfalls erworben<br />
und das dort bestehende<br />
Mietverhältnis bereits gekündigt.<br />
Die Vorinstanzen haben die Eigenbedarfskündigung<br />
des Vermieters<br />
für wirksam erachtet. DasLandgericht<br />
hat aber –anders als noch<br />
das Amtsgericht –entschieden, dass<br />
die Mieterin nicht ausziehen muss.<br />
Das Landgericht ging davon aus,<br />
dass ein Härtefall vorliegt, und verlangte,<br />
dass das Mietverhältnis auf<br />
unbestimmte Zeit fortgesetzt wird.<br />
Es seien das hohe Alter der Mieterin<br />
und ihre Demenzerkrankung zu berücksichtigen.<br />
Außerdem seien die<br />
Verwurzelung der Frau in ihrer<br />
Wohngegend sowie die Schwierigkeiten<br />
bei der Beschaffung von bezahlbarem<br />
Ersatzwohnraum in Berlin<br />
zu bedenken.<br />
Zu Lasten des Eigentümers sei<br />
festzustellen, dass der Eigenbedarf<br />
Der Bundesgerichtshof verhandelt über grundsätzliche Rechtsfragen.<br />
DPA/ULI DECK<br />
lass genug sein, die Kündigung zurückzuweisen“,<br />
sagt BMV-Geschäftsführer<br />
Reiner Wild. Dass der<br />
kündigende Vermieter beim Erwerb<br />
derWohnung vonden Härtegründen<br />
wusste,sei nur das I-Tüpfelchen, um<br />
sein Verlangen nach der Wohnung<br />
zurückzuweisen. Nach Ansicht von<br />
Ulrich Ropertz, dem Geschäftsführer<br />
bereits bei Erwerb der Wohnung absehbar<br />
gewesen sei. Der <strong>Berliner</strong><br />
Mieterverein (BMV)erklärt, er hoffe,<br />
dass sich der BGH dem Urteil des<br />
<strong>Berliner</strong> Landgerichts anschließe<br />
und die Kündigung gegen die Mietpartei<br />
zurückweise. „Die durch den<br />
Eigenbedarfnicht zu rechtfertigende<br />
Härte müsste eigentlich schon Andes<br />
Deutschen Mieterbundes,müssten<br />
bei Eigenbedarfskündigungen<br />
Kriterien wie hohes Alter und Krankheit<br />
grundsätzlich schwerer wiegen<br />
als die Interessen der Vermieter.<br />
Der Eigentümerverband Haus &<br />
Grundweist auf ein besonderes Phänomen<br />
hin. Aktuell scheine es, dass<br />
vermehrtFälle die Gerichte beschäftigen,<br />
in denen sich Mieter unter Berufung<br />
auf unzumutbare Härte aufgrund<br />
ihres Alters oder einer Krankheit<br />
gegen eine Eigenbedarfskündigung<br />
wehren, sagt Kai Warnecke,<br />
Präsident von Haus &Grund. „Das<br />
spiegelt die demografische Entwicklung“,<br />
sagtWarnecke.„Wirwerden in<br />
Zukunft sicherlich vermehrtmit solchen<br />
Fällen zu tun haben.“<br />
Auch seitensder Eigentümer seien<br />
aber Alter, Pflegebedarf oder Krankheit<br />
häufig der Grundfür eine Eigenbedarfskündigung.<br />
„Dass Menschen<br />
irgendwann im Laufe ihres Erwerbslebens<br />
eine barrierefreie,zentral gelegene<br />
Wohnimmobilie kaufen, um<br />
darin im Alter leben zu können, ist<br />
gang und gäbe und politisch gewollt“,<br />
so Warnecke. Ihr berechtigtes Interesse,<br />
diese Immobilie irgendwann<br />
selbst nutzen zu wollen, müsse in Gerichtsverfahren<br />
genauso berücksichtigt<br />
werden wie ein ähnlich gelagertes<br />
Anliegen vonMietern.<br />
Das <strong>Berliner</strong> Landgericht hatte<br />
erst im März die Rechte älterer Mieter<br />
gestärkt. DieRichter entschieden,<br />
dass zwei 84- und 87-jährige Mieter,<br />
die eine Eigenbedarfskündigung erhalten<br />
haben, allein wegen ihres hohen<br />
Alters die Fortsetzung des Mietverhältnisses<br />
verlangen können. Die<br />
Bewohner hätten sich zu Recht darauf<br />
berufen, dass der Verlust der<br />
Wohnung für Mieter hohen Alters<br />
eine Härte bedeute, die nicht zu<br />
rechtfertigen ist. Eine Interessenabwägung<br />
zugunsten des Vermieters<br />
komme grundsätzlich nur dann in<br />
Betracht, wenn der Vermieter besonders<br />
gewichtige persönliche oder<br />
wirtschaftliche Nachteile für den Fall<br />
der Fortführung des Mietverhältnisses<br />
geltend machen könne, sodas<br />
Landgericht. Der BGH will am<br />
22. Maisein Urteil verkünden.