Berliner Kurier 08.05.2019
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
26 SPORT<br />
Der ganz normale Champions-League-Wahnsinn<br />
**<br />
BERLINER KURIER, Mittwoch, 8. Mai 2019<br />
Der Moment,der den<br />
Wahnsinn an der Anfield<br />
Road perfekt macht:<br />
Divock Origi trifft zum<br />
4:0 für Liverpool.<br />
Irre! Kloppo schafft das Wunder<br />
Ersatzmann Origi und Joker Wijnaldum ballern Liverpool mit Doppelpacks ins Finale<br />
Jürgen Klopp jubelt bis zum<br />
Abpfiffnur still in sich rein.<br />
Liverpool –Das ist der ultimative<br />
Wahnsinn! Mit einem 4:0<br />
(1:0) korrigiert der FC Liverpool<br />
das 0:3 vom Hinspiel in<br />
Barcelona und ballert sich doch<br />
noch ins Finale der Champions<br />
League am 1. Juni in Madrid.<br />
Seine letzten sechs Finals hat<br />
er verloren, jetzt darf es Jürgen<br />
Klopp ein siebtes Mal versuchen.<br />
Und das so was von verdient.<br />
Vom Zaubersturm ist nur<br />
Sadio Mané dabei, Roberto Firmino<br />
und Mo Salah sind verletzt.<br />
Egal. Dann richten es<br />
eben andere. Divock Origi, vergangenes<br />
Jahr nach Wolfsburg<br />
ausgeliehen und da auch nicht<br />
groß auffällig, sorgt mit dem 1:0<br />
4:0<br />
(7.) dafür, dass Anfield ganz<br />
früh überkocht.<br />
Zur zweiten Hälfte bringt<br />
Klopp dann Georginio Wijnaldum.<br />
Der Holländer dankt es<br />
mit einem Doppelpack (54.,<br />
56.), damit steht alles auf Null.<br />
Bis Trent Alexander-Arnold bei<br />
einer Ecke blitzschnell reagiert,<br />
mit dem Pass in die Mitte Barcas<br />
Abwehr aussehen lässt wie<br />
ein Schüler-Team. Origi hämmert<br />
zum 4:0 (79.) –das Wunder<br />
ist vollbracht! Lionel Messi<br />
und Co. wie vergangene Saison<br />
in Rom (0:3 nach 4:1) verprügelt.<br />
Diesmal von Kloppos FC<br />
Liverpool. Egal, gegen wen es<br />
im Finale geht (siehe unten) –<br />
das wird das nächste Fest. OM<br />
Fotos: dpa (2), Getty<br />
Origi (r.) lässt sich vomEx-Bayern<br />
Xherdan Shaqiri einfangen.<br />
Erik zelebriert mitAjax<br />
den Traum vomTriple<br />
Foto: imago images/Pro Shots<br />
Erik ten<br />
Hag ganz<br />
ehrfürchtig<br />
mit<br />
Hollands<br />
Pokal.<br />
Coach ten Hag weckt den Riesen Amsterdam aus dem Schlaf,weil Bundestrainer Jogi Löw ihn nicht beim DFB haben wollte<br />
Amsterdam – Erik ten Hag (49)<br />
wiegte den silbernen „Tannenzapfen“<br />
so stolz im Arm, als<br />
wäre der niederländische Pokal<br />
sein Erstgeborener. „Dafür<br />
haben wir das ganze Jahr gekämpft“,<br />
sagt ten Hag nach<br />
dem 4:0 im Finale gegen Willem<br />
II und seinem ersten Titel<br />
als Trainer, dem ersten für<br />
Ajax Amsterdam seit 2014 und<br />
quälendlangen 1834 Tagen.<br />
Vor dem heutigen Halbfinal-<br />
Rückspiel in der Champions<br />
League gegen Tottenham glaubt<br />
ganz Amsterdam nach dem 1:0<br />
im Hinspiel ans Triple –auch<br />
wegen ten Hag. Mit Assistent Alfred<br />
Schreuder, der im Sommer<br />
als Chefcoach nach Hoffenheim<br />
geht, hat er aus jungen, talentierten<br />
Spielern Champions gemacht.<br />
Aber wie?<br />
Als ten Hag Ende 2017 nach<br />
Amsterdam kam, wurde er kritisch<br />
beäugt. Als Chef hatte er<br />
bis dahin nur bei den Go Ahead<br />
Eagles, der zweiten Mannschaft<br />
des FC Bayern und dem FC Utrecht<br />
gearbeitet. Als er dann<br />
noch mit dem quasi religiös verehrten<br />
4-3-3-System brach, gab<br />
es einen Aufschrei. Doch seine<br />
Heute, 21.00 Uhr<br />
Umstellung auf ein 4-2-3-1 war<br />
ein Coup: Ten Hag zog das<br />
Supertalent Frenkie de Jong<br />
vom Abwehrzentrum ins Mittelfeld<br />
vor und stellte ihm als Absicherung<br />
einen weiteren Sechser<br />
zur Seite. Seither brilliert de<br />
Jong –und Ajax auch.<br />
„Offensivfußball, der begeistert“<br />
ist ten Hags Credo, Ballbesitz<br />
ein Mittel, „um dem Gegner<br />
wehzutun.“ Diesen Ansatz verfolgte<br />
er bereits als Co-Trainer<br />
in Eindhoven unter Fred Rutten<br />
(2009 bis 2012) und machte Matthias<br />
Sammer auf sich aufmerksam.<br />
Der damalige DFB-Sportdirektor<br />
hätte ihn gerne als U21-<br />
Coach zum deutschen Verband<br />
geholt, scheiterte aber am Veto<br />
von Bundestrainer Jogi Löw.<br />
Als Sammer später Sportvorstand<br />
in München wurde, lotste<br />
er ten Hag als Coach der Reserve<br />
(2013 bis 2015) zum Rekordmeister.<br />
„Er hat eine klare Linie<br />
und Denkweise, dennoch ist er<br />
offen für die Entwicklungen des<br />
Fußballs. Das ist für mich ein<br />
moderner Trainer“, sagte Sammer<br />
im vergangenen Herbst:<br />
„Wenn er Zeit bekommt, wird er<br />
alle belohnen.“ Danach sieht es<br />
jetzt bei Ajax aus.