Naturtalente Christian Eisenberger, 41 Künstler Ist: sehr vielseitig – Eisenberger malt, macht Installationen und Performances Hat: bisher ca. 50.000 Werke geschaffen Stammt: aus der Steiermark Wird: von der Galerie Krinzinger in Wien vertreten Info: christianeisenberger.com „Ich bin sehr zurückhaltend. Ich lasse lieber meine Werke für mich sprechen.“ Wann ist ein Künstler eigentlich ein Künstler, und was unterscheidet Kunst von Krempel? Mit Christian Eisenberger kann man darüber hervorragend philosophieren. In seinem Atelier, das in etwa so groß ist wie eine Tennishalle – genauer: eine bis auf den letzten Zenti meter knallbunt vollgeräumte Tennishalle –, schreit alles nach Schaffenskraft: „Vielleicht war das schon im Gitterbett so. Manche ‚Karrieren‘ beginnen hinter Gittern, mit dem Wunsch, auszubrechen aus dem jeweiligen Zustand“, sagt der 41-jährige Steirer und ergänzt: „Ich bin sehr zurückhaltend, fast versteckt, eher muss man mich wie eine Grille mit einem Grashalm aus dem Versteck kitzeln. Die Sache soll sprechen, also durch die Kunst statt durch die Blume. Darum bin ich bildender Künstler und nicht Schauspieler, Rockstar oder Politiker.“ TAUSENDSASSA. Richtig los ging alles mit Eisenbergers Kartonfiguren, die Bilder von armen Menschen zeigten, später von Persönlichkeiten wie Mahatma Gandhi und Che Guevara. Über 9.000 Stück stellte er dort aus, wo jeder sie einsammeln konnte, nämlich auf der Straße und im öffentlichen Raum. Den Karton für die Figuren fand er in Altpapiercontainern. Pappe ist für ihn das „soziale Ma terial, das Bettlern Unterschlupf bietet und einen warmen Farbton hat“. Was ihn damals mit zwanzig antrieb? „Ich war nicht aufs Geld aus, ich wollte mich mitteilen, überraschen mit diesen Pappfiguren, die Leute damit konfrontieren. Dass es schlussendlich so viele wurden, konnte ich nicht absehen – es hatte aber bestimmt etwas mit den Sturm-und-Drang-Jahren zu tun, in denen man die Energie verschleudert, die einem gegeben ist“, erinnert er sich. „Zum anderen ist und war es wortwörtlich eine Aus-Stellung. Ich habe sie mit Klebeband an Säulen gefesselt und sie ihrem Schicksal überlassen. Die ersten waren noch sehr realistisch gemalt, doch dann bemerkte ich, dass diese von den Säuberungsorganen sehr schnell zerstört wurden. Daraufhin beschleunigte ich den Malstil.“ VERHAFTETER CLOWN. Auch bei vielen anderen Performances spielt Geschwindigkeit eine Rolle: 2008 wurde er etwa als Clown mit Sprengstoffattrappen in Londons Bankenviertel verhaftet. Während Eisenberger seine Figuren-Armada noch anonym anfertigte, kennt mittlerweile in Österreichs Kunstszene jeder seinen Namen. Sogar ein Film („Eisenberger – Kunst muss schön sein, sagt der Frosch zur Fliege“, Mira Film) nähert sich dem Ausnahmetalent, das alles, was es anfasst, irgendwie organisch erscheinen lässt – auch seine zügel losen, abstrakten, aber immer menschlichen Bilder. IDEENFLUT. „Mir kommen im Tun fast inflationär viele Ideen, eine Flut, die ich abwarte, um dann in der Ebbe zu sehen, was liegen bleibt“, so Eisenberger. „Bis heute ist es unklar, ob das eine Gabe ist oder ich es einfach tue, weil ich alles andere ausschließe.“ Ob er andere Talente hat? Kopfschütteln. „Ich kann sonst nichts.“ 30 THE RED BULLETIN
Eisenberger in seinem Naturtalente Studio in Wien. Der Einsatz von grüner Farbe ist derzeit eher die Ausnahme: „Ich gehe gerade durch eine Schwarz-Weiß-Phase.“ „Ich war mit meiner Kunst nicht aufs Geld aus.“ FEEL GOOD EDITION 31