Die Malteser-Zeitung 2/2019
Berichterstattung über nationale und internationale Tätigkeiten des Souveränen Malteser-Ritter-Orden und seiner Werke sowie religiöse, karitative und soziale Fragen aller Art.
Berichterstattung über nationale und internationale Tätigkeiten des Souveränen Malteser-Ritter-Orden und seiner Werke sowie religiöse, karitative und soziale Fragen aller Art.
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
IMFOKUS<br />
SOLIDARITÄT, SUBSIDIARITÄT<br />
UND CHRISTLICHE WERTE.<br />
Wie verbindlich sind die Menschenrechte? Welche Bedeutung haben christliche Werte in der Politik? Gedanken von<br />
Fra‘ Gottfried Kühnelt-Leddihn, Gudrun Kugler und Lukas Mandl.<br />
GOTT SCHUF DEN MENSCHEN<br />
ALS SEIN ABBILD<br />
Von Fra‘ Gottfried Kühnelt-Leddihn<br />
Mit diesem Essay möchte ich zum Nachdenken anregen:<br />
Anerkenne ich die Würde des Menschen und seine Rechte<br />
als Abbild Gottes bedingungslos oder sage ich: „Ja,<br />
aber …“ und erzeuge damit Ungleichheit vor dem Fundament<br />
unserer Rechtsordnung?<br />
Politische Entwicklungen in den letzten Jahren zeigen<br />
einen Trend zu einer „Relativierung“ und damit einer Einschränkung<br />
der Menschenrechte. Bin ich nur ein mangelhaft<br />
gebildeter und informierter Pessimist, oder gibt es<br />
tatsächlich Bestrebungen politischer Gruppierungen,<br />
Rechte der „Anderen“ zugunsten der eigenen Klientel zu<br />
beschneiden? Kann und darf eine Grenze – oder gar ein<br />
Zaun, eine Mauer – gezogen werden zwischen dem berechtigten<br />
Schutz der eigenen Interessen und dem Gebot<br />
„Du sollst Deinen Nächsten lieben wie Dich selbst“?<br />
Zwei Wochen vor der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte<br />
(AEMR) im Jahr 1948 durch die Vereinten<br />
Nationen erblickte ich das Licht einer ziemlich zerstörten<br />
Welt. Unter dem Eindruck der durch Nationalismus und<br />
Hass verursachten Katastrophe der beiden Weltkriege<br />
waren nicht nur die Großmächte bestrebt, ein friedliches<br />
Zusammenleben der Völker und Staaten auf der Erde zu<br />
erreichen. Auch in Europa wurde, nur zwei Jahre später,<br />
die Europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte<br />
(EMRK) beschlossen.<br />
<strong>Die</strong> Wurzeln der Menschenrechte<br />
Wenn auch der Kyros-Zylinder aus Persien (538 v. Chr.)<br />
historisch formal als „erste Menschenrechtscharta“ gilt,<br />
finden wir im Schöpfungsbericht der Bibel eine viel ältere<br />
Begründung für die heute bekannten Menschenrechte:<br />
„Gott schuf den Menschen als sein Abbild.“ (Gen 1, 26-<br />
29) Nirgendwo ist ein Hinweis zu finden, dass den unterschiedlichen<br />
Ausprägungen dieses Abbildes unterschiedliche<br />
Rechte zukommen könnten oder irgendein Typus<br />
ein ähnlicheres Abbild des Schöpfers wäre.<br />
<strong>Die</strong>selbe Würde als Geschöpf Gottes, mit einer unsterblichen<br />
Seele aus dem Atem Gottes (Gen 2, 7) ausgestattet,<br />
kommt also allen Menschen zu, unabhängig von äußeren<br />
Merkmalen, unabhängig von Sprache und Kultur, von<br />
Herkunft oder Geschlecht. Jede Einschränkung dieser<br />
Menschenwürde steht somit im Widerspruch zu der von<br />
unserem Schöpfer geschaffenen Ordnung und unserem<br />
christlichen Menschenbild.<br />
Alle Menschenrechte, so wie wir sie heute kennen und<br />
anwenden (sollten), gründen auf dem Fundament der<br />
Nächstenliebe, wie sie dem Abbild unseres gemeinsamen<br />
Schöpfers zusteht. Wenn wir von „unseren Werten“ oder<br />
dem „Abendland/Europa und seinen Werten“ sprechen,<br />
dann dürfen wir diese Basis aller unserer Werte niemals<br />
4<br />
DIE MALTESER 2/<strong>2019</strong>