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FineTobacco 03/2019

Die Welt perfekt genießen

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Das „La Guarida“ gibt es seit 1996. Das Haus<br />

auf der Calle Concordia No. 418 ist ein<br />

einstmals prachtvolles, jetzt aber schon sehr<br />

verfallenes mehrstöckiges Haus im Stadtteil<br />

Centro Habana ganz nahe der Altstadt.<br />

Direkt gegenüber befand sich übrigens einmal<br />

eine kleine Zigarrenmanufaktur im Besitz von<br />

Jose Cabargas. Dies war der Gründer der<br />

Schokolade“. 1993 drehten Tomas Gutiérrez<br />

Alea, genannt Titón, und Juan Carlos Tabío<br />

den Film „Erdbeer und Schokolade“ („Fresa<br />

y chocolate“) nach dem Buch „Der Wolf, der<br />

Wald und der neue Mann“ von Senel Paz.<br />

Laut Regisseur Titón sollte es „eine Geschichte<br />

(sein), die zum Nachdenken über<br />

Intoleranz, Diskrepanz und … das Unver-<br />

nalen Preisen ausgezeichnet. Das Filmteam<br />

wählte als Drehort das Haus auf der Calle<br />

Concordia No. 418 und zwar die Wohnung,<br />

in der Enrique Nunez del Valle mit seiner<br />

Familie lebte. Die Wohnung wurde passend<br />

für Diego, ein christliche Statuen sammelnder<br />

Intellektueller und Buchliebhaber, dekoriert.<br />

Nach Beendigung der Dreharbeiten lebte<br />

Marke La Corona im Jahr 1845. Auf der Calle<br />

Concordia gab es über die Jahre insgesamt<br />

etwa neun, alles sehr kleine Manufakturen.<br />

Wer das Haus betritt, ist irritiert. Denn so,<br />

wie es aussieht, ist man nicht sicher, ob man<br />

hier wirklich richtig ist. Keine der Decken und<br />

Wände macht einen stabilen Eindruck und<br />

auch die frei herumhängenden, nicht isolierten<br />

Stromleitungen vermitteln nicht gerade<br />

ein Gefühl der Sicherheit. Man braucht eine<br />

Taschenlampe, um unbeschadet nach dem<br />

Besuch durch das nicht beleuchtete Treppenhaus<br />

wieder nach unten zu kommen. Zum<br />

Glück haben Handys heutzutage eine App<br />

dafür. An einer der Wände prangt ein Kampfaufruf<br />

im Namen Fidels in schönster Schreibschrift.<br />

Im Innenhof stehen die Reste eines<br />

Holzbaugerüsts und die Sträucher wachsen<br />

dort auch schon direkt zwischen den Fliesen.<br />

Das „La Guarida“ verdankt seine Existenz<br />

dem Film „Fresa y chocolate“, „Erdbeer und<br />

ständnis darüber, was es bedeutet, anders<br />

zu sein und zu denken“ anregen sollte. Der<br />

Protagonist des Filmes, Diego, ist nur an<br />

Männern interessiert. Dies war damals in<br />

Kuba, im Gegensatz zu heute, streng verboten<br />

und unter Strafe gestellt. Im Film lebt<br />

Diego in der ständigen Angst, verraten zu<br />

werden. David, heterosexuell und unglücklich<br />

in ein Mädchen verliebt, soll ihn ausspionieren.<br />

Zwischen den Beiden entwickelt sich<br />

eine echte freundschaftliche Beziehung. Am<br />

Schluss des Films verlässt Diego die Insel,<br />

weil er Repressalien wegen seiner Homosexualität<br />

fürchtet.<br />

Das heutige Paladar ist die Wohnung Diegos,<br />

in der er lebte und/oder sich versteckte. Der<br />

Name „La Guarida“, das Versteck, ist deshalb<br />

sehr passend gewählt.<br />

Der Film wurde weltweit bekannt, für<br />

den Oscar als „Bester ausländischer Film“<br />

nominiert und mit zahlreichen internatio-<br />

Enriques Familie ihr ganz normales Leben<br />

weiter.<br />

Irgendwann an einem Sonntag 1995 ging es<br />

dann los. Erst kam ein japanisches Pärchen,<br />

dann ein paar Amerikaner. Viele Menschen<br />

reisten nach Havanna und wollten den Ort<br />

sehen, am dem der Film gedreht worden war.<br />

Sie erwarteten Diegos Wohnung aus dem<br />

Film und waren enttäuscht, die Wohnung<br />

einer ganz normalen kubanischen Familie<br />

vorzufinden.<br />

In dieser Situation, so erklärt Enrique, der<br />

Besitzer des „La Guarida“, wusste er, dass<br />

er etwas tun musste. „Wir verstanden,<br />

dass wir die Geschichte von „Erdbeer und<br />

Schokolade“ am Leben erhalten mussten,<br />

weil die Menschen diesen Ort sehen und<br />

erleben wollten.“ So eröffneten Enrique und<br />

seine Ehefrau Odeysis am 14. Juli 1996 das<br />

„La Guarida“. Sie ließen sich vom Film und<br />

der Einrichtung der Wohnung inspirieren,<br />

GENUSSOASEN<br />

finetobacco 53

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