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Berliner Kurier 11.10.2019

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*<br />

BERLIN 7<br />

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Ein Polizeibeamter läuft<br />

vorder Neuen Synagoge<br />

Berlin Streife.<br />

„Wir brauchen ein Zeichen der Ermutigung“<br />

Der <strong>Berliner</strong> Gemeindevorsitzende Gideon Joffe mahnt,dassviele Juden Angst vor Angriffen hätten<br />

Trauer, Entsetzen und<br />

Mahnung nach dem Anschlag:<br />

Bundespräsident<br />

Frank-Walter Steinmeier<br />

hat eine klare Haltung gegen<br />

Rechtsextremismus<br />

gefordert. Wer jetzt noch<br />

einen Funken Verständnis<br />

zeige für Rechtsextremismus<br />

und Rassenhass,<br />

wer die Bereitschaft anderer<br />

fördere durch das<br />

Schürenvon Hass, mache<br />

sich mitschuldig“, sagte<br />

Steinmeier bei seinem<br />

Besuch am Tatort.<br />

Bundesinnenminister<br />

Horst Seehofer (CSU)<br />

versprach, die Bundesregierung<br />

werde alles zum<br />

Schutz von Juden tun.<br />

Deutschland habe der<br />

ganzen Welt nach dem<br />

Zweiten Weltkrieg einen<br />

Schwur abgegeben: „Nie<br />

wieder“, sagte Seehofer.<br />

Aber viele Juden in<br />

Deutschland fühlen sich<br />

laut einer EU-Umfrage<br />

deutlich häufiger angefeindetals<br />

in anderen EU-<br />

Staaten. 41 Prozent der<br />

Befragten in Deutschland<br />

gaben dabei an, 2018 Opfer<br />

einer Belästigung geworden<br />

zu sein (EU-<br />

Durchschnitt: 28 Prozent).<br />

Drei Viertel der Juden<br />

in Deutschland<br />

verzichteten demnach<br />

auf das Tragen jüdischer<br />

Symbole in der Öffentlichkeit.<br />

Das bestätigt Gideon<br />

Joffe. Der Davidstern<br />

sei aus der Öffentlichkeit<br />

verschwunden,<br />

weil viele Juden Angst<br />

vor Angriffen hätten, sagt<br />

der <strong>Berliner</strong> Gemeindevorsitzende.<br />

„Deutschland<br />

trägt Davidstern“ –<br />

eine solche Aktion, bei<br />

der möglichst viele Bürger<br />

das Symbol des Judentums<br />

offen an einer<br />

Kette tragen, „wäre ein<br />

wunderbares Zeichen<br />

der Ermutigung für uns<br />

Juden –und der Entmutigung<br />

der Antisemiten“.<br />

Das Parlamentarische<br />

Kontrollgremium des<br />

Bundestages(PKGr) wird<br />

am Montag zu einer Sondersitzung<br />

zusammenkommen,<br />

um sich über<br />

die Ereignisse von Halle<br />

informieren zu lassen.<br />

Dessen Vorsitzender Armin<br />

Schuster (CDU) sagte<br />

dem RND, es sei zu<br />

früh, die Ereignisse abschließend<br />

zu bewerten.<br />

Damit sei es auch „zu<br />

früh“, von Stephan B. „als<br />

einem Einzeltäter zu<br />

sprechen“.<br />

Unterdessen ist die Debatte<br />

über Konsequenzen<br />

aus den Ereignissen voll<br />

entbrannt. Der bayerische<br />

Innenminister Joachim<br />

Hermann (CSU)<br />

gibt der AfD eine Mitschuld.<br />

Er sprach von<br />

geistigen Brandstiftern.<br />

In letzter Zeit seien da<br />

auch einigeVertreter der<br />

AfD in unverschämter<br />

Weise aufgefallen, so der<br />

CSU-Politiker.<br />

Die AfD wehrt sich.<br />

„Wer dieses entsetzliche<br />

Verbrechen missbraucht,<br />

um die politische Konkurrenz<br />

mit haltlosen<br />

Diffamierungen zu verleumden,<br />

der spaltet die<br />

Gesellschaft und<br />

schwächt das demokratische<br />

Fundament, auf dem<br />

wir stehen“, sagt die Bundestags-Fraktionsvorsitzende<br />

Alice Weidel.<br />

Bundespräsident<br />

Frank-Walter<br />

Steinmeier und seine<br />

Ehefrau ElkeBüdenbender<br />

verlassen<br />

zusammen mit<br />

Ministerpräsident<br />

Reiner Haseloffdie<br />

Synagoge in Halle.<br />

„um den Schutz jüdischer Einrichtungen<br />

und eine konsequente<br />

Strafverfolgung durch<br />

Polizei und Staatsanwaltschaft“.<br />

Offene Worte kamen<br />

von der integrationspolitischen<br />

Sprecherin der CDU-Fraktion<br />

Berlin, Cornelia Seibeld: „Wir<br />

müssen uns in Deutschland eingestehen,<br />

dass weder unsere Sicherheitsbehörden<br />

noch unsere<br />

Präventionsarbeit im Bereich<br />

des Antisemitismus ausreichend<br />

gewappnet sind“.<br />

„Wir können und dürfen jetzt<br />

nicht so schnell zur politischen<br />

Tagesordnung übergehen. Ich<br />

erwarte, dass das Sicherheitskonzept<br />

für jüdische Einrichtungen<br />

der Bedrohungslage angepasst<br />

wird“. Tatsächlich verlassen<br />

sich die jüdischen Gemeinden<br />

in Berlin und<br />

Deutschland nicht auf Behördenschutz.<br />

„Wenn es um Anschläge oder<br />

,Vorfälle‘ geht, haben sicherlich<br />

einige Gemeinden etwas zu erzählen,<br />

von der Schändung eines<br />

jüdischen Friedhofs, der Beschädigung<br />

einer Synagoge bis<br />

hin zum Brandanschlag in der<br />

Jüdischen Gemeinde Wuppertal<br />

im Sommer 2014“, heißt es<br />

bei der „Zentralwohlfahrtsstelle<br />

der Juden in Deutschland<br />

e.V.“. Der bundesweit tätige<br />

Verein veranstaltete in der Vergangenheit<br />

Seminare zum Thema<br />

„Security in Jüdischen Gemeinden“.<br />

Ein Schwerpunkt dabei<br />

sind Simulationen, bei denen<br />

Szenarien „geprobt“<br />

werden, in denen „die spezifischen<br />

Sicherheitserfordernisse<br />

verdeutlicht wurden, wie zu<br />

Schabbat oder anlässlich jüdischer<br />

Feiertage, wenn viele Besucher<br />

in die Gemeinden kommen“,<br />

so der Verein. „Praktisch<br />

geübt wurde außerdem ein effektiver<br />

Gebäudecheck, Personen-<br />

und Taschenkontrollen<br />

und der Umgang mit aggressiven<br />

Personen (,Störern‘)“. Zudem<br />

werde „juristisches Grundwissen<br />

aus der Strafprozessordnung<br />

vermittelt: Wie definiere<br />

ich Notwehr, ab wann ist eine<br />

vorläufige Festnahme zulässig?<br />

Auch die Grundlagen der<br />

Selbstverteidigung und Eigensicherheit<br />

gehörten zum Programm“.<br />

Weiterhin wiesen die<br />

Leiter des Seminars, an dem<br />

auch ein LKA-Beamter teilnahm,<br />

darauf hin, „wie wichtig<br />

ein guter Kontakt und die enge<br />

Zusammenarbeit der jüdischen<br />

Gemeinden mit der Polizei vor<br />

Ort ist“. Auch die Jüdische Gemeinde<br />

zu Berlin wird nach eigener<br />

Aussage „zu den stark gefährdeten<br />

Einrichtungen der<br />

Stadt gezählt“. Sowohl die Gemeinde<br />

als auch der Senat seien<br />

„durch Terrordrohungen und<br />

rechtsradikale Gefahren gezwungen,<br />

Vorkehrungen zu<br />

treffen“. Zuständig für die „Organisation<br />

des Objektschutzes“<br />

ihrer Einrichtung ist die Jüdische<br />

Gemeinde nach eigenen<br />

Angaben selbst, wenn auch in<br />

„Kooperation mit der Polizei“.

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