Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
<strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 251 · D ienstag, 29. Oktober 2019 7 *<br />
·························································································································································································································································································<br />
Wirtschaft<br />
Versöhnliches zum Abschied<br />
Auch die Bundesregierung würdigt Mario Draghis Krisenmanagement an der Spitze der EZB<br />
Von Jörn Bender<br />
und Friederike Marx<br />
Christine Lagarde will Draghis Kurs fortführen.<br />
Zum Abschied haben Bundeskanzlerin<br />
Angela Merkel<br />
und Bundestagspräsident<br />
Wolfgang Schäuble<br />
(beide CDU) die Leistungen von<br />
EZB-Präsident Mario Draghi in der<br />
Finanz- und Schuldenkrise gewürdigt.<br />
„Duhast den Euro durch unruhige<br />
See navigiert“, sagte Merkel am<br />
Montag anlässlich eines Festakts in<br />
der Europäischen Zentralbank (EZB)<br />
in Frankfurt. Draghi habe den Euroraum<br />
erfolgreich durch die Euro-<br />
Schuldenkrisegeführt,dieUnabhängigkeit<br />
der EZB bewahrt und die<br />
Währungsunion gestärkt, sagte die<br />
CDU-Politikerin.<br />
Schäuble, der damals Finanzminister<br />
war, verwies in einem Interview<br />
mit der <strong>Zeitung</strong> „Corriere della<br />
Sera“ auf Draghis legendäre Formulierung<br />
„whatever it takes“ auf dem<br />
Höhepunkt der Krise 2012. Die Garantie,<br />
den Euro „was immer eskostet“<br />
zu verteidigen, sei in jenem Augenblick<br />
entscheidend gewesen, um<br />
die Märkte zu stabilisieren, sagte<br />
Schäuble.Zugleichbestritt er,dass er<br />
und Draghi Gegner gewesen seien.<br />
Schäuble hatte stets kritisiert, dass<br />
Draghis Geldpolitik es den Staaten<br />
erleichtert habe, Reformen zu vermeiden.<br />
Zum1.November löst die Französin<br />
Christine Lagarde den 72-Jährigen<br />
Draghi an der Spitze der Notenbank<br />
ab. Die EZB bekommt damit<br />
erstmals eine Chefin. Siehatte ebenso<br />
wie der Italiener in den vergangenen<br />
Wochen bereits klargestellt, dass<br />
sich an der Linie nichts ändernwird.<br />
DieNotenbank werdebei Bedarfmit<br />
einer weiteren Lockerung der Geldpolitik<br />
versuchen, die Wirtschaft zu<br />
beleben.Bundesbank-PräsidentJens<br />
Weidmann, der zeitweise ebenfalls<br />
als möglicher Draghi-Nachfolger gehandelt<br />
wurde, kritisiert dagegen<br />
Maßnahmen wie den Kauf vonAnleihen<br />
durch die EZB.Auch unter deutschen<br />
Wirtschaftswissenschaftlern<br />
ist Draghi umstritten.<br />
Er selbst ist dagegen mit sich im<br />
Reinen. „Ich fühle mich wie jemand,<br />
der versucht hat, das Mandat bestmöglich<br />
zu erfüllen“, sagte er bei seiner<br />
letzten Pressekonferenz als EZB-<br />
Präsident am vergangenen Donnerstag<br />
in Frankfurt. 2017 habe der EZB-<br />
Rat durchaus den Ausstieg aus der<br />
FOTO: BORIS ROESSLER/DPA<br />
ultralockeren Geldpolitik vorbereitet.<br />
„Aber dann haben sich die Bedingungen<br />
geändert. Unddarum mussten<br />
wir unseren Kurs wieder ändern“<br />
–die Notenbank hat inzwischen wieder<br />
begonnen, Anleihen zu kaufen.<br />
Angetreten war Draghi am 1. November<br />
2011 mit dem Versprechen, in der<br />
Tradition der Deutschen Bundesbank<br />
stabile Preise zu garantieren.<br />
Vor allem in Deutschland wird<br />
Draghis Erbe kritisch gesehen. „Jahrzehntelang<br />
haben wir Deutschlands<br />
Kindern beigebracht, dass Sparen<br />
sinnvoll ist, weil man für schlechte<br />
Zeiten in Krisen vorsorgen muss.Sie<br />
schleifen diese Kultur“, kritisierte<br />
Sparkassen-Präsident Helmut Schleweis<br />
im Sommer 2019 in einem offenen<br />
Brief an Draghi. „Das alles kann<br />
langfristig nicht gut enden.“<br />
Der einstige Jesuitenschüler<br />
Draghi zeigte sich unbeeindruckt:<br />
„UnsereGeldpolitik war erfolgreich“,<br />
beschied er im Sommer 2017. Undim<br />
Juni 2019 resümierte Draghi, die EZB<br />
habe in schwierigen Zeiten bewiesen,wieflexibelsiehandelnkönne.In<br />
der Tat: Während Europas Politiker<br />
stritten, schuf die EZB Fakten.<br />
Was Sparer ärgert, freut Schuldner.Die<br />
Nachfrage nach Immobilien<br />
boomt, weil Baukredite kaum noch<br />
etwas kosten. Zudem ist das billige<br />
Notenbank-Geld seit Jahren<br />
Schmierstoff für die Börsen. Und<br />
auch starke Volkswirtschaften wie<br />
Deutschland profitieren: Der deutsche<br />
Finanzminister verdiente sogar<br />
am Schuldenmachen, weil Geldgeber<br />
bereit waren, negative Zinsen zu<br />
akzeptieren.<br />
„Deutschland ist nicht Verlierer<br />
der Niedrigzinspolitik der EZB, sondernunser<br />
Land ist einer der Gewinner“,<br />
stellt DIW-Präsident Marcel<br />
Fratzscher fest. „Und nicht nur unser<br />
Land,sondernjedereinzelnevonuns<br />
hat in der einen oder anderen Form<br />
von der Geldpolitik und dem Euro<br />
profitiert.“<br />
Kritiker im Zentralbankrat zeigen<br />
sich dagegen zermürbt vom„System<br />
Draghi“, in dem der Präsident Entscheidungen<br />
durchgesetzt habe,<br />
statt den Konsens zu suchen. Ob er<br />
noch einmal ein öffentliches Amt anstrebt<br />
oder vielleicht sogar in seinem<br />
Heimatland die politische Bühne betritt,<br />
ließ Draghi am Donnerstag offen.<br />
Er habe keinegenauen Pläne zu<br />
seiner Zukunft: „Fragen Sie ambesten<br />
meine Frau.“ (dpa)<br />
Halle Berry<br />
in der Billigwelt<br />
Aldi verkauft Kollektion der Hollywood-Schauspielerin<br />
Gratis für Sie:<br />
Von Erich Reimann<br />
Halle Berry, BorisBecker und Barbara<br />
Schöneberger: Vor Weihnachten<br />
setzt der deutsche Einzelhandel<br />
einmal mehr auf geballte<br />
Starpower. Aldi Süd verspricht seinen<br />
Kunden ab Anfang November<br />
mit Jacken, Jeans und Stiefeletten<br />
„entworfen“ vonder Oscar-Preisträgerin<br />
Halle Berry „Hollywood-Glamour“<br />
für kleines Geld. Dieunter der<br />
Onlinekonkurrenz leidenden Elektronikketten<br />
Media Markt und Saturnbuhlen<br />
gleichzeitig in einer groß<br />
angelegten Werbekampagne im<br />
Fernsehen, imKino und online mit<br />
Boris Becker und Barbara Schöneberger<br />
Kunden um die Gunst der<br />
Kunden.<br />
Die Zusammenarbeit mit den<br />
Stars ist für die Händler sicher nicht<br />
billig. Doch sie kannsich lohnen, ist<br />
der Marketingexperte Martin Fassnacht<br />
vonder Wirtschaftshochschule<br />
(WHU) in Düsseldorf überzeugt.<br />
Aldi etwa arbeite immer wieder mit<br />
bekannten Persönlichkeiten. „Ziel<br />
ist ein Imagetransfer vonden Prominenten<br />
auf den Discounter, der den<br />
Billiganbieter cooler wirken lässt,<br />
aufwertet und ihm einen Premiumanstrich<br />
verleiht“, erklärt der Fachmann.<br />
Tatsächlich ist Halle Berrynur<br />
der jüngste Zugang in der Starriege,<br />
mit der sich Aldi in den vergangenen<br />
Jahren schmückte.Auch die US-Sängerin<br />
Anastacia entwickelte schon<br />
eine Modekollektionfür Aldi Süd.<br />
„Halle Berryist unter die Designerinnen<br />
gegangen“, wirbt der Discounter<br />
stolz und verspricht, die<br />
neue Aldi-Kollektion bringe zu Preisen<br />
von 8,99 Euro bis 34,99 Euro<br />
„modischen Wind aus Hollywood in<br />
den Kleiderschrank“.<br />
Die Elektronikketten Media<br />
Markt und Saturn setzten dagegen<br />
bei ihrer Vorweihnachtswerbung auf<br />
einheimische Prominenz von Boris<br />
Becker über Barbara Schöneberger<br />
bis zum Sänger Pietro Lombardi. Es<br />
ist das erste Mal, dass die beiden<br />
Schwesterunternehmen, die mit<br />
Sprüchen wie „Geiz ist geil“ oder „Ich<br />
bin doch nicht blöd“ Werbegeschichte<br />
schrieben, eine gemeinsame<br />
Kampagne lancieren.<br />
Neuerdings werden die HandelsriesendenbekanntenGrößenausTV<br />
und Sport jedoch öfter einmal untreu<br />
und testen stattdessen die Zusammenarbeit<br />
mit den neuen Stars<br />
der Internet-Ökonomie: den Influencern<br />
mit ihren zahllosen Followern<br />
auf Instagram oder Youtube.<br />
Aldi etwa kündigte bereits im<br />
April dieses Jahres eine langfristige<br />
Kooperation mit fünf verschiedenen<br />
Influencernan. (dpa)<br />
Die aktuelle „digito“ jeden ersten<br />
Sonnabend imMonat inder <strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong>!<br />
Am<br />
Sonnabend in<br />
der <strong>Berliner</strong><br />
<strong>Zeitung</strong><br />
Halle Berryzeigt ihre Kollektion für den Discounter.<br />
FOTO: ALDI SÜD