DiSkurs 2/2019
Unternehmensmagazin der Diakonie in Südwestfalen | 5. Ausgabe
Unternehmensmagazin der Diakonie in Südwestfalen | 5. Ausgabe
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2012 auch an der Universität Siegen im<br />
Fachbereich Medizinische Informatik.<br />
Diese beiden Fachrichtungen gelte es<br />
enger zu verzahnen: „Bekommen wir<br />
heute ein Update im Hybrid-OP, können<br />
wir eine Woche lang nicht operieren, da<br />
die Neuerungen am chirurgischen Alltag<br />
von den Technikern vorbei geplant<br />
wurden. Beispiel: „Fußschalter im OP<br />
sind schön. Zehn Stück davon sind innovativ<br />
– aber leider nicht praktikabel zu<br />
bedienen. Was wir uns wünschen würden,<br />
ist eine einfache Sprachsteuerung.“<br />
Neue Lebensqualität<br />
Trotz der noch vorhandenen Probleme<br />
an der „Schnittstelle Mensch-Maschine“:<br />
Hightech-Operationen werden täglich<br />
in Siegen durchgeführt. Etwa die,<br />
als ein Elfjähriger mit durchtrennter<br />
Wirbelsäule nach einem Unfall mit einer<br />
Querschnittslähmung auf dem OP-<br />
Tisch in der Neurochirurgie landete.<br />
„Der Junge kann heute wieder gehen“,<br />
sagt Prof. Dr. Braun. Neue Lebensqualität<br />
geben die Neurochirurgen heutzutage<br />
auch vielen Senioren zurück: „OPs,<br />
die früher bis zu acht Stunden dauerten,<br />
sind heute in unter 60 Minuten<br />
möglich.“ Deshalb sei es nun möglich,<br />
über 80-Jährige zu operieren, die früher<br />
die lange Narkose nicht überlebt hätten.<br />
Während erfahrene Mediziner wie<br />
Prof. Dr. Braun noch in allen neurochirurgischen<br />
Fachrichtungen tätig sind,<br />
steht beim Nachwuchs immer mehr<br />
die Spezialisierung im Fokus. „Nur die<br />
Basics an der Bandscheibe, die kann jeder“,<br />
so Braun. Er selbst hat in seinem<br />
über 30-jährigen Berufsleben schon<br />
rund 10 000 Operationen durchgeführt.<br />
Komplizierte Eingriffe dauerten damals<br />
noch bis zu 28 Stunden, „jetzt liegt das<br />
Maximum bei acht Stunden“.<br />
Meilenstein der Forschung<br />
Klar im Blick hat Veit Braun auch den<br />
Zeitpunkt, an dem er sich aus dem operativen<br />
Geschäft zurückziehen wird.<br />
„Die Forschung ist dabei, ein System<br />
zu entwickeln, bei dem die Wirbelsäule<br />
des Patienten durch die Haut sichtbar<br />
gemacht wird“, erläutert der Chefarzt.<br />
Große Operationen der Wirbelsäule<br />
etwa lassen sich dann nicht nur vorab<br />
bis ins kleinste Detail planen, sondern<br />
auch minimalinvasiv durchführen. Ein<br />
Meilenstein, sagt Professor Braun: „Und<br />
bevor ich das selbst nicht gesehen und<br />
ausprobiert habe, gehe ich auch nicht<br />
in Rente.“<br />
Stefanie Goß<br />
Zentren und Technik<br />
Siegener Neurochirurgie ist bundesweit auf Top-Niveau<br />
Nur wenige Neurochirurgen in<br />
Deutschland werden von der Deutschen<br />
Gesellschaft für Neurochirurgie<br />
(DGNC) mit dem Zertifikat der Neurovaskulären<br />
Kompetenz ausgezeichnet,<br />
Prof. Dr. Veit Braun hat dieses Zertifikat.<br />
Schwerpunkt sind hier Operationen<br />
von Blutgefäßen im Gehirn.<br />
Von DGNC und der Europäischen Eurospine<br />
Foundation wurde Prof. Dr.<br />
Veit Braun zudem als spinaler Neurochirurg<br />
zertifiziert. Das Wirbelsäulenzentrum<br />
ist ebenfalls am Jung-Stilling<br />
unterbracht. Ebenso wie das Schädelbasis-Zentrum,<br />
in dem die Neurochirurgen<br />
eng mit dem Team der Mund-,<br />
Kiefer- und Gesichtschirurgie zusammenarbeiten.<br />
Das fachliche Knowhow wird in der<br />
Neurochirurgie des Diakonie Klinikums<br />
Jung-Stilling komplettiert durch<br />
Hochleistungs-Technik wie etwa die<br />
Neuronavigation. Dieses computergestützte<br />
Operationsverfahren macht es<br />
möglich, Operationen bereits im Vorfeld<br />
exakt zu planen. Hat ein Patient<br />
beispielsweise einen Hirntumor, wird<br />
dieser zunächst mit CT und MRT erfasst.<br />
Diese Bilddaten werden vorab,<br />
am Bildschirm des Operateurs, in 3D<br />
visualisiert. Durch das Hochladen der<br />
digitalen Patientendaten in die so genannte<br />
kraniale Navigationssoftware<br />
im OP-Saal kann der Chirurg nun bereits<br />
einen Zugang planen, bevor er<br />
die Inzision (Trennung von Haut und<br />
Weichgeweben) vornimmt. Bei der OP<br />
selbst wird diese perfekt organisierte<br />
Vorarbeit dann auf den Patienten im<br />
Rahmen einer „Augmented Reality“<br />
aufgeblendet. Das Neuro-Navi unterstützt<br />
den Chirurgen, die Schädelöffnungen<br />
so klein wie möglich zu halten,<br />
die besten und kürzesten Wege zu<br />
finden und Verletzungen von gesundem<br />
Gewebe zu minimieren.<br />
Auf neueste Technik können die Neurochirurgen<br />
auch in den beiden 80 Quadratmeter<br />
großen Hybrid-OP-Sälen<br />
zurückgreifen. Während des Eingriffs<br />
produzieren hier Röntgenroboter detaillierte<br />
3-D-Aufnahmen in Echtzeit.<br />
Die robotergesteuerte Röntgenanlage<br />
erlaubt während der Operation dreidimensionale<br />
Aufnahmen von Gefäßen,<br />
den großen Schlagadern, vom<br />
Gehirn oder der Wirbelsäule in höchster<br />
Präzision. Das Gerät ist auf einem<br />
Roboterarm installiert, den Chirurgen<br />
per Joystick beliebig um den Patienten<br />
herum millimetergenau steuern<br />
können. So erhält der Operateur in<br />
Echtzeit detaillierte Einblicke in den<br />
Körper und kann seine Instrumente<br />
genauestens navigieren. Der Hybrid-OP<br />
macht Hoch-Risiko-Eingriffe<br />
nicht nur erst möglich, sondern auch<br />
sicherer. Kranke und ältere Patienten,<br />
für die eine offene Operation zu gefährlich<br />
wäre, können in ihm versorgt<br />
werden.<br />
(sg)<br />
Zwei Hybrid-OP-Säle hält das Diakonie Klinikum Jung-Stilling vor. Hoch-Risiko-Eingriffe<br />
werden hier möglich gemacht.<br />
DiSKurs 21