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Berliner Zeitung 13.11.2019

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4* <strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 264 · M ittwoch, 1 3. November 2019<br />

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Politik<br />

NACHRICHTEN<br />

Mohamed Ali folgt<br />

auf Wagenknecht<br />

Amira<br />

Mohamed Ali<br />

DPA/ CARSTEN KOALL<br />

Dieerst 2017 in den Bundestag eingezogene<br />

Bundestagsabgeordnete<br />

AmiraMohamed Ali ist neue Vorsitzende<br />

der Linksfraktion. Siewurde<br />

am Dienstag im<br />

zweiten Wahlgang<br />

mit 52,2<br />

Prozent der<br />

Stimmen gewählt<br />

und schlug<br />

damit ihreGegenkandidatin<br />

CarenLay<br />

knapp.Die 39-<br />

jährige Mohamed<br />

Ali folgt auf<br />

SahraWagenknecht, die im Märzangekündigt<br />

hatte,auf eine dritte Kandidatur<br />

verzichten zu wollen. Beide<br />

Frauen werden dem linken Flügel<br />

zugerechnet. DerCo-Fraktionsvorsitzende<br />

Dietmar Bartsch wurde im<br />

Amt bestätigt. Er bekam 63,7 Prozent<br />

der Stimmen; 2015 waren es noch 80<br />

Prozent gewesen. DerParlamentarische<br />

Geschäftsführer JanKorte<br />

wurde ebenfalls bestätigt. (RND)<br />

EU baut militärische<br />

Zusammenarbeit aus<br />

DieEU-Staaten haben eine weitere<br />

Ausweitung der ständigen militärischen<br />

Zusammenarbeit beschlossen.<br />

Unter deutscher Führung soll<br />

ein Koordinierungszentrum für Cyberabwehr<br />

aufgebaut werden. Bei<br />

anderen Projekten geht es unter anderem<br />

um die Entwicklung eines unbemannten<br />

Systems zur U-Boot-Bekämpfung<br />

oder dieVerbesserung der<br />

Ausbildung vonSoldaten. (dpa)<br />

Kennzeichnungspflicht für<br />

israelische Siedlerprodukte<br />

Exportierte Lebensmittel aus israelischen<br />

Siedlungen imWestjordanland<br />

und anderen 1967 besetzten Gebieten<br />

müssen in der Europäischen<br />

Union besonders gekennzeichnet<br />

werden. Dies entschied der Europäische<br />

Gerichtshof am Dienstag in Luxemburg.<br />

Obst, Gemüse oderWein<br />

müssen demnach einen Hinweis auf<br />

ihr Ursprungsgebiet tragen. Stammen<br />

sie aus einer israelischen Siedlung,<br />

muss dies zusätzlich vermerkt<br />

sein, wie die Richter urteilten. (dpa)<br />

Engelsgleich<br />

Mit Preußens Gloria<br />

Vordem <strong>Berliner</strong> Reichstag findet das erste öffentliche Gelöbnis der Bundeswehr seit sechs Jahren statt<br />

DPA/DANILE KARMANN<br />

Locken-Perücke,Krone,goldenes Gewand –das Nürnberger Christkind<br />

hat sich am Dienstag erstmals in seinem Engelskostüm gezeigt. „Ich<br />

fühle mich sehr gut gerade“, sagte die 17-jährige Benigna Munsi. Mit<br />

strahlendem Lächeln posierte sie im Staatstheater für die Kameras.Theaterschneider<br />

hatten das Kostüm extrafür die Schülerin angefertigt.„Ich<br />

wollte immer Christkind werden, seit ich nicht mehr ans Christkind geglaubt<br />

habe“, sagte Munsi. Eine Jury hatte sie für die nächsten zwei Jahre<br />

als Christkind gewählt. Einen Tagspäter postete der AfD-Kreisverband<br />

München-Land auf Facebook Benignas Bild und schrieb darüber in Anspielung<br />

auf die Ureinwohner Amerikas:„Nürnberghat ein neues Christkind.<br />

Eines Tages wirdesuns wie den Indianerngehen.“ Hunderte Internetnutzer<br />

verteidigten die junge Frau daraufhin. Die AfD löschte den<br />

Post und entschuldigte sich. Munsi ist gebürtige Nürnbergerin, ihr Vater<br />

ist indischer Herkunft und besitzt die deutsche Staatsbürgerschaft, auch<br />

ihre Mutter ist Deutsche. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann<br />

(CSU) sprach vonder„hämischen Fratzedes Rassismus“, den die AfD als<br />

ihre Geisteshaltung immer gerne leugnen wolle. „Man könnte heulen<br />

über so viel Menschenfeindlichkeit“, bemerkte Oberbürgermeister Ulrich<br />

Maly (SPD). Am 29. November wirddas Christkind den Nürnberger<br />

Christkindlesmarkt voneiner Emporeder Frauenkirche aus eröffnen.<br />

Israel tötet<br />

Militärchef des<br />

Dschihad<br />

Terrororganisation rächt<br />

sich mit Raketenangriffen<br />

VonAnja Reich, TelAviv<br />

Über Baha Abu al-Ata ist nicht<br />

viel bekannt. Der Anführer des<br />

„Islamischen Dschihad in Palästina“<br />

galt als pressescheu und gab keine<br />

Interviews. Die <strong>Zeitung</strong> Haaretz<br />

schreibt, er habe Hunderte Kämpfer<br />

kommandiert und mehrere Raketenstützpunkte<br />

vorallem im Norden<br />

von Gaza kontrolliert. Das israelische<br />

Militär sagt, viele Raketenangriffe<br />

auf Israel der letzten Wochen<br />

und Monate seien auf seinen Befehl<br />

zurückzuführen, er habe Terroreinheiten<br />

auf Anschläge in Israel vorbereitet.<br />

Der Islamische Dschihad bezeichnet<br />

al-Ata als „Kämpfer für die<br />

palästinensische Sache“.<br />

Am Dienstagmorgen gegen 4.30<br />

Uhr wurde Baha Abu al-Ata bei einem<br />

Luftangriff im Gazastreifen getötet.<br />

Auch seine Frau kam dabei<br />

ums Leben. Nach Angaben des Sprechers<br />

der israelischen Armee handelte<br />

es sich um eine gezielte Aktion<br />

mit dem Inlandsgeheimdienst Schin<br />

Bet. Fast zur gleichen Zeit wurde in<br />

Damaskus das Haus eines anderen<br />

Dschihad-Führers, Akram Al-Ajouri,<br />

von der israelischen Luftwaffe angegriffen.<br />

Dabei kamen nach Angaben<br />

syrischer Medien zwei Menschen<br />

ums Leben, darunter Ajouris Sohn.<br />

Der Islamische Dschihad, eine<br />

vonIrangesteuerte militante Terrororganisation,<br />

die das Existenzrecht<br />

Israels ablehnt, rächte sich mit massiven<br />

Raketenangriffen. An den<br />

Grenzen zum Gazastreifen, aber<br />

auch in TelAviv, heulten Dienstagmorgen<br />

und den gesamten Vormit-<br />

Spaniens Sozialisten streben<br />

Regierung mit Podemos an<br />

Pedro Sánchez bei der Unterzeichnung<br />

der Grundsatzvereinbarung<br />

GETTY<br />

Nach der Parlamentswahl in Spanien<br />

wollen die Sozialisten vonMinisterpräsident<br />

PedroSánchezund<br />

die linksgerichtete Podemos eine Regierung<br />

schmieden. Siehätten eine<br />

Grundsatzvereinbarung zur Bildung<br />

einer Koalition getroffen, teilten die<br />

Parteien mit. Vorwenigen Monaten<br />

waren beide Seiten noch damit gescheitert,<br />

eine gemeinsame Regierung<br />

auf die Beine zu stellen. (AFP)<br />

Kabul lässt hochrangige<br />

Taliban frei<br />

Dieafghanische Regierung will drei<br />

hochrangige Taliban-Gefangene<br />

freilassen. Unter den Freizulassenden<br />

sei auch Anas Hakkani, Bruder<br />

des Anführers des Hakkani-Netzwerkes<br />

und Vize-Chefs der Taliban, Siradschuddin<br />

Hakkani. (dpa)<br />

VonDaniela Vates<br />

Das Gelöbnis der Bundeswehr<br />

beginnt mit einer<br />

hingebungsvollen<br />

Schwärmerei:„Hören Sie<br />

die liebliche Melodie“, sagt ein Bundeswehr-Offizier.<br />

Essei ganz wunderbar,<br />

wie die Trompeten und die<br />

Holzbläser diese umspielten, in diesem<br />

besinnlichen Stück, einem Präsentiermarsch,<br />

der beruhige, sowie<br />

sich ja im Herbst gerade auch die Natur<br />

beruhige.<br />

Der Offizier hat einen weißen<br />

Taktstock in der Hand, er wendet<br />

sich den Soldaten in grauen Mänteln<br />

zu, die heben ihre Instrumente. Das<br />

Musikkorps der Bundeswehr ist so<br />

eine ArtVorprogramm, noch nesteln<br />

zwei Arbeiter an den Blumengestecken<br />

am Rednerpult. Alles soll passen<br />

bei diesem Termin auf der Wiese<br />

vor dem Reichstag. Das Gelände ist<br />

weiträumig abgesperrt.<br />

Kramp-Karrenbauers Wunsch<br />

Daserste Malseit sechs Jahren sprechen<br />

neue Bundeswehrsoldaten ihrenEid<br />

nun wieder hier statt in ihren<br />

Kasernen. Die neue Verteidigungsministerin<br />

Annegret Kramp-Karrenbauer<br />

(CDU) hat das bei ihrem<br />

Amtsantritt als einen ihrer zentralen<br />

Wünsche platziert, eigentlich sollte<br />

es in allen Bundesländern stattfinden.<br />

Sie will es als Zeichen verstanden<br />

wissen für die Anerkennung der<br />

Soldaten und der Bundeswehr, an<br />

deren 64. Gründungstag.<br />

Das mit allen Bundesländern hat<br />

nicht ganz geklappt. Niedersachsen,<br />

Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein,<br />

Rheinland-Pfalz und Mecklenburg-<br />

Vorpommern ziehen mit an diesem<br />

Tag. In Hessen hat man nicht genug<br />

neue Soldaten zusammenbekommen,<br />

da lohnt es sich nicht. In Bremen,<br />

Bayern und Thüringen hat man<br />

immerhin andereTermine gefunden.<br />

Am 12. November 1955 hatte der erste<br />

Verteidigungsminister der Bundesrepublik,<br />

Theodor Blank, den ersten<br />

101 Freiwilligen der Bundeswehr ihre<br />

Ernennungsurkunden überreicht.<br />

In Berlin vor dem Reichstag sind<br />

junge Soldaten aus Berlin, Sachsen-<br />

Anhalt, Brandenburg, Niedersachsen<br />

und Baden-Württemberg dabei,<br />

400 insgesamt, mit Baretts in Grün,<br />

Rot oder Blau. Als sie einmarschieren,<br />

lange Reihen, spielt das Musikkorps<br />

Johann Gottfried Piefkes<br />

„Preußens Gloria“.<br />

Dann ist Kramp-Karrenbauer an<br />

der Reihe. Sie läuft an den Soldaten<br />

vorbei, an der rein männlichen Ehrenformation<br />

zunächst, die im Laufe<br />

des Gelöbnisses mehrfach ihre Gewehre<br />

hochnehmen und laut auf<br />

den Boden knallen lässt. Dann geht<br />

es vorbei an den neuen Soldaten und<br />

Soldatinnen, die später ihren Diensteid<br />

schreien und die Deutschlandhymne<br />

ziemlich leise singen werden.<br />

„Abschreiten der Front“, nennt die<br />

Augen geradeaus! Bundeswehrgelöbnis vor dem Reichstag in Berlin<br />

DPA<br />

Bundeswehr den Ministergang ein<br />

wenig martialisch und immerhin gelingt<br />

es Kramp-Karrenbauer, im<br />

Gleichschritt mit den zwei Soldaten<br />

zu schreiten und zum Takt der Musik.<br />

Aber vielleicht gelingt das ja auch<br />

den Soldaten.<br />

„Meine lieben Rekrutinnen und<br />

Rekruten“, beginnt die Ministerin<br />

dann ihre Rede mit sanfter Stimme.<br />

„Soldatinnen und Soldaten!“, so<br />

wird nach ihr Bundestagspräsident<br />

Wolfgang Schäuble anfangen.<br />

Kramp-Karrenbauer verweist auf<br />

den Gründungstag der Bundeswehr,<br />

der auf den Geburtstag des Militärreformers<br />

Gerhardvon Scharnhorst gelegt<br />

wurde. Der habe „den Militärdienst<br />

als Ehrendienst an der Nation“<br />

definiert, sagt die Ministerin. „Die<br />

Bundeswehr ist unverzichtbarer Teil<br />

unserer Gesellschaft, sie kommt aus<br />

der Mitte der Gesellschaft, und da gehörtsie<br />

hin.“ Undesfällt auch wieder<br />

der Satz vonder Anerkennung.<br />

Schäubles Blick<br />

Schäuble betont, die neuen Soldaten<br />

hätten einen herausfordernden Berufgewählt<br />

und zeigten, dass sie bereit<br />

seien, für andere einzutreten<br />

und für ihr Land. Dies sei nicht<br />

selbstverständlich „in Zeiten, in denen<br />

viele sich angewöhnt haben, erst<br />

auf den eigenen Vorteil bedacht zu<br />

sein“. Öffentliche Gelöbnisse seien<br />

nötig, um zu unterstreichen, dass<br />

„die Bundeswehr einen festen Platz<br />

in unserer freiheitlichen Gesellschaft“<br />

habe. Der Platz vor dem<br />

Reichstag sei dafür genau richtig.<br />

„Schauen Sie, was im Giebel<br />

steht“, ruft Schäuble den Rekruten zu<br />

und verweist auf den Schriftzug hoch<br />

über den Eingangssäulen: „Dem<br />

deutschen Volke“. Die Soldaten drehen<br />

dem Reichstag den Rücken zu<br />

und verharren reglos. Auch Unionsfraktionschef<br />

Ralph Brinkhaus hat<br />

sich dafür ausgesprochen, Gelöbnisse<br />

der Bundeswehr viel öfter vor<br />

dem Reichstag abzuhalten. Damit<br />

solle gezeigt werden, dass die Bundeswehr<br />

„Teil unserer Gesellschaft“<br />

und im Übrigen auch Parlamentsarmee<br />

sei, sagte Brinkhaus in Berlin.<br />

Eine Fabrik im israelischen Sderot steht<br />

nach einem Raketentreffer in Flammen. AP<br />

tag die Sirenen. Schulen blieben geschlossen,<br />

Menschen wurden davor<br />

gewarnt, das Haus zu verlassen und<br />

aufgefordert, in Bunkern Schutz zu<br />

suchen. Einige der mehr als hundert<br />

Raketen wurden vomAbwehrsystem<br />

„Eisenkuppel“ abgefangen, andere<br />

schlugen ein, mehrere Menschen<br />

wurden dabei leicht verletzt. Die<br />

Bundesregierung verurteilte den Beschuss<br />

„aufs Schärfste“. Es gebe<br />

keine Rechtfertigung für Gewalt gegen<br />

unschuldige Zivilisten, hieß es<br />

aus dem Auswärtigen Amt. „Vermittlungsbemühungen<br />

Ägyptens und<br />

der Vereinten Nationen unterstützen<br />

wir ausdrücklich.“<br />

Noch während die Raketen niedergingen,<br />

brach in Israel ein Streit<br />

darüber aus, obder Zeitpunkt der<br />

Geheimdienstaktion Zufall sei oder<br />

möglicherweise politische Interessen<br />

dahinter steckten. Das Land befindet<br />

sich derzeit in einer schwierigen<br />

Situation. Nach zwei Neuwahlen<br />

innerhalb von sechs Monaten ist es<br />

bisher keiner Partei gelungen, eine<br />

Regierung zu bilden. Vor drei Wochen<br />

hatte Premierminister und Likud-Führer<br />

Benjamin Netanjahu<br />

das Mandat zur Regierungsbildung<br />

an Blau-Weiß-Führer Benny Gantz<br />

übergeben. Gantz hat noch eine Woche<br />

Zeit. VorzweiTagen hatte Netanjahu<br />

Naftali Bennett vonder rechten<br />

Partei Hejamin Hachadasch überraschend<br />

zum Verteidigungsminister<br />

ernannt. Kritiker warfen Netanjahu<br />

vor, damit verhindern zu wollen,<br />

dass Bennett eine Minderheitenregierung<br />

mit Gantz eingeht.

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