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<strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 290 · F reitag, 13. Dezember 2019 – S eite 22 *<br />
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Sport<br />
Olympia in Berlin<br />
Halbnackte<br />
Tatsachen<br />
Christian Schwager<br />
sagt weitreichende<br />
Reformen im Sportvoraus.<br />
Inspiriertvon der weltumspannenden<br />
Bewegung „Fridays for Future“<br />
zieht der organisierte Sport<br />
jetzt nach. Noch ist es nicht offiziell,<br />
aber ein Name offenbar bereits gefunden:<br />
„Thursdays for future“. Am<br />
Donnerstag jedenfalls gaben die Organisatoren<br />
der Olympischen Spiele<br />
2024 in Paris bekannt, dass sie die<br />
Wettbewerbe im Surfen nach Tahiti<br />
verlegen werden. Die Zustimmung<br />
des IOC gilt als Formsache,somit hat<br />
sich der Ort Teahupoo gegen die<br />
Konkurrenten Biarritz, Lacanau,<br />
Landes und La Torche an der französischen<br />
Atlantikküste durchgesetzt.<br />
„Auf diese Art wird Polynesien,<br />
wo das Surfen begann, ein Stück<br />
Ehre zurückgegeben“, sagt Lionel<br />
Teihotu, Präsident des Surfverbandes<br />
Tahitis, und unterstreicht damit,<br />
dass die 15 760 Kilometer, die nach<br />
der Eröffnungsfeier in Paris von den<br />
olympischen Surfern bis nach Französisch-Polynesien<br />
zurückzulegen<br />
sind, das globale Klima deutlich verbessern.<br />
Zunächst vor allem unter<br />
Sportfunktionären, die sich darüber<br />
freuen, kostspielige Veranstaltungen<br />
beherbergen zu dürfen.<br />
Bobfahren in St.Petersburg<br />
Bereits am kommenden Donnerstag<br />
könnten die Aktivisten von „Thursdays<br />
for future“ mit einer weiteren<br />
spektakulären Aktion für Aufsehen<br />
sorgen. Sollten sich Gerüchte aus Hilo<br />
bewahrheiten, finden dortauf BigIsland,<br />
Hawaii, die Winterspiele 2030<br />
statt. Damit wäre sichergestellt, dass<br />
die Bob-Wettbewerbe im 12 000 Kilometer<br />
entfernten St. Petersburg ausgetragen<br />
werden können, wo sie<br />
schließlich im 17. Jahrhunderterfunden<br />
wurden. Vordiesem Hintergrund<br />
ist nun auch endlich klar,warum Berlin<br />
seine halbherzigen Bemühungen<br />
um die Spiele 2036 noch einmal überdenkt.<br />
In einer Distanz von15000 Kilometernfand<br />
das Bewerbungskomitee<br />
bisher kein Land, das die Erfindung<br />
einer nennenswerten sportlichen<br />
Betätigung für sich reklamiert.<br />
Dagegen soll eine Organisation<br />
namens Swiss Olympic für Donnerstag,<br />
den 26. Dezember, eine weitreichende<br />
Initiative angedroht haben.<br />
Diese zielt darauf ab,Olympia dauerhaft<br />
stationär in die Schweiz zu verlegen,<br />
weil die ohnehin alles erfunden<br />
hat. Während Kritiker präventiv<br />
davor warnen, leichtfertig in Klischees<br />
zu verfallen, regt sich unter<br />
den hartnäckigsten Befürwortern<br />
von überteuerten Großprojekten in<br />
Berlin wieder leise Hoffnung.<br />
Umfragen zufolge hält sich über<br />
Deutsche im Ausland ja dasVorurteil,<br />
sie würden präzise arbeiten, permanent<br />
Bier trinken und öfter nackt sein<br />
als nötig. Vielleicht wird esdoch etwas<br />
mit Olympia in der deutschen<br />
Hauptstadt, 2040 womöglich. Vorausgesetzt,<br />
Darts ist bis dahin olympisch.<br />
Grüne Welle: ein Surfer in gewagter Fahrt<br />
vor der Küste von Tahiti.<br />
IMAGO IMAGES<br />
Unions Christopher Trimmel sieht bei seiner Mannschaft eine Entwicklung,die noch lange nicht abgeschlossen ist.<br />
Hunger auf Entwicklung<br />
Warum der 1. FC Union das Spiel in Paderborn nicht auf die leichte Schulter nehmen will<br />
VonMathias Bunkus<br />
Gegenwart: Nach auskurierten<br />
Muskelproblemen steht<br />
Innenverteidiger NevenSubotic<br />
wieder zur Verfügung.<br />
Dafür dürfte Routinier<br />
Michael Parensen wohl wieder<br />
auf der Bank Platz nehmen.<br />
SUBOTIC KEHRT ZURÜCK<br />
Vergangenheit: Paderborn<br />
ist nach Düsseldorf der Klub,<br />
mit dem sich Union seit der<br />
Wiedervereinigung am meisten<br />
duellierte. Die Bilanz dabei<br />
ist negativ: Fünf Siegen<br />
stehen neun Niederlagen in<br />
18 Partien gegenüber.<br />
Zukunft: In der ewigen Bundesligatabelle<br />
könnte Union<br />
bei einem Dreier in Ostwestfalen<br />
einen Sprung machen.<br />
Mit 22 Zählernwürdensie<br />
dann Lok Leipzig (20), Blau-<br />
Weiß ’90und Fürth<br />
(je 21 Zähler) überflügeln.<br />
Es gibt sie zu hauf, diese<br />
Fußballerfloskeln und<br />
Sprüche. Und natürlich ist<br />
das der in diesen Tagen<br />
beim 1. FC Union, in den Ländereien<br />
zwischen Wuhle und Müggelsee,<br />
auch nicht anders.Dortwirddie viel<br />
benutzte Mahnung vom schwersten<br />
Spiel bemüht. Ist jabekanntlich immer<br />
das nächste.<br />
Das war ja zuletzt schon gegen<br />
den 1. FC Köln der Fall, wie Christian<br />
Gentner nach dem mit 2:0 erfolgreich<br />
bestrittenen Match gegen die<br />
Domstädter in der Alten Försterei<br />
zugab. „Das war das wichtigste und<br />
von der Herangehensweise<br />
schwerste Spiel der Saison. Weil wir<br />
zum ersten Mal sorichtig in die Favoritenrolle<br />
geschoben wurden“,<br />
sagt der 34-Jährige.<br />
Gleiches droht den Eisernen natürlich<br />
an diesem Sonnabend (15.30<br />
Uhr), wenn sie bei Mitaufsteiger Paderborn<br />
gastieren. Die gefielen bislang<br />
zwar mit erfrischendem Offensivspiel,<br />
weniger aber mit ihrer<br />
Punktausbeute. Mühsam verdrängten<br />
sie am letzten Wochenende die<br />
Kölner auf den letzten Platz. Mitnur<br />
acht Zählern hecheln sie der Musik<br />
ziemlich hinterher und weisen derzeit<br />
gar elf Punkte Rückstand auf die<br />
Köpenicker auf. Ein Sieg an der<br />
Pader,und Union hätte wohl endgültig<br />
ein Team im Schlussranking hinter<br />
sich gelassen und müsste nur<br />
noch zwei weitere Kandidaten finden,<br />
um ein weiteres Jahr in<br />
Deutschlands Eliteliga reüssieren zu<br />
dürfen.<br />
Nun haben die Köpenicker trotz<br />
der tabellarischen Favoritenlage erneut<br />
das schwerste,weil ja nächstes,<br />
Spiel vorder Brust. Eine Bemerkung,<br />
die beim Kapitän ein Lächeln hervorruft.<br />
„Wir denken ja eh nur von<br />
Spiel zu Spiel. Manmuss mit der Favoritenrolle<br />
umgehen können. Aber<br />
wir unterscheiden nicht bei den<br />
Gegnern, egal ob das ein Großer oder<br />
ein vermeintlich Kleiner ist, der in<br />
der Tabelle hinter uns steht. Wir<br />
müssen jeden, der kommt, ernst<br />
nehmen“, sagt Christopher Trimmel.<br />
Ähnlich klingt das aus dem Mund<br />
seines Chefübungsleiters.„Noch haben<br />
wir gar nichts erreicht. Unser<br />
Ziel ist nach wie vor der Klassenerhalt“,<br />
wird Urs Fischer nicht müde<br />
zu betonen. Selbst die bisher geholten<br />
19 Punkte aus den ersten 14 Spielen<br />
– für Trimmel nicht die Miete<br />
„auch wenn das ein Superschritt<br />
war“ −sieht Fischer keinesfalls als<br />
Beruhigungspille an. Er verweist auf<br />
die erste Spielzeit der Ostwestfalen,<br />
die 2014/2015 die Halbserie auf Rang<br />
10 mit 19 Zählernbeendeten und am<br />
Ende als Schlusslicht mit 31 Punkten<br />
doch wieder in der Zweitklassigkeit<br />
mussten.<br />
Einsicherlich nicht ganz uninteressanter<br />
Hinweis. Aber einer der<br />
nicht berücksichtigt, dass zwischen<br />
Platz 10 und Rang 17 seinerzeit nur<br />
vier Zähler Differenz waren und sich<br />
mit Freiburg und Dortmund zwei<br />
Erfolg trotz Niederlage<br />
GETTY/SCHEIDEMANN<br />
qualitativ höherklassige Teams auf<br />
den Plätzen unter dem Strich tummelten.<br />
Fischer hat ohne Zweifel recht mit<br />
der Annahme, dass die Aufgabe gegen<br />
das Team von Steffen Baumgart<br />
alles andere als ein Selbstgänger<br />
wird. Favoritenlage hin oder her.Davon<br />
zeugen schon die letzten drei<br />
Partien, als der SCP gegen Dortmund<br />
beim 3:3 kurz vor einem Auswärtsdreier<br />
stand, in der Woche darauf<br />
Leipzig beim 2:3 nach der Pause<br />
phasenweise herspielte oder jüngst<br />
in Bremen mit einem 1:0 drei Punkte<br />
entführt wurden. „Das ist eine<br />
Mannschaft mit horrendem Tempo.<br />
Die vier da vorne sind alle sehr, sehr<br />
schnell. Gerade ihr Umschaltspiel ist<br />
sehr gefährlich. Da brauchst du eine<br />
Antwort drauf“, sagt Fischer mahnend.<br />
DasGuteaber ist, dass Union nun<br />
gewarnt ist, dass ein Schlendrian<br />
eher nicht Einzug halten wird. Die<br />
Eisernen haben noch lange nicht genug<br />
und sehen sich noch nicht am<br />
Limit, wenn man den Worten ihres<br />
Kapitäns Glauben schenken darf:<br />
„Dieser Hunger, sich weiter zu entwickeln,<br />
ist einfach da und wenn du<br />
dich weiter entwickelst, macht das<br />
noch mehr Spaß. Wir werden nicht<br />
nachlassen. Wir ziehen jetzt auch<br />
über 90 Minuten unser Ding durch,<br />
war ja nicht immer so der Fall“,<br />
meinte Trimmel mit Blick auf das<br />
erste Saisonviertel.<br />
Eintracht Frankfurt reicht ein 2:3 gegen Vitoria Guimarães, um in die nächste Runde der Europa League einzuziehen<br />
Eintracht Frankfurt ist mit viel<br />
Glück und trotz einer 2:3 (2:1)-<br />
Niederlage gegen Vitoria Guimarães<br />
in die K.-o.-Runde der Europa<br />
League eingezogen. Da der FC Arsenal<br />
im Parallelspiel ein 2:2 bei Standard<br />
Lüttich erkämpfte, reichte es<br />
mit neun Punkten zum zweiten Rang<br />
für die Frankfurter in Gruppe Fhinter<br />
den Londonernmit elf Punkten.<br />
Im 20. Europa-League-Spiel der<br />
Hessen in diesem Jahr hatten Danny<br />
da Costa (31.) und Daichi Kamada<br />
(38.) am Donnerstag innerhalb von<br />
sieben Minuten die Partie zwischenzeitlich<br />
gedreht, doch nach einer<br />
desaströsen Schlussphase reichte es<br />
nicht einmal zum Punktgewinn, weil<br />
Musrati (85.) und Marcus Edwards<br />
(87.) mit ihren TorenFrankfurter Abwehrschwächen<br />
bestraften.<br />
Gleich zu Beginn hatte Rochinha<br />
(8.) den 47 000 Zuschauern inder<br />
ausverkauften Frankfurter Arena einen<br />
kräftigen Schock versetzt, als er<br />
nach einem nicht geahndeten Foul<br />
an Sebastian Rode in der Frankfurter<br />
Hälfte zur Führung der in der Gruppenphase<br />
bisher sieglosen Gäste aus<br />
Portugal eingeschossen hatte. Die<br />
Proteste der Eintracht-Profis verhallten<br />
ungehört, einen Video-Assistenten<br />
gibt es in der Europa League erst<br />
ab der K.o-Runde.<br />
Sebastian Rode, inder Startaufstellung,<br />
obwohl er beim vergangenen<br />
Bundesliga-Spiel gegen Hertha<br />
BSC (2:2) verletzt ausgewechselt<br />
worden war, trieb sein Team bis zu<br />
seiner Auswechslung nach 78 Minuten<br />
immer wieder an. Doch erst nach<br />
einer halben Stunde ließ Vitoria-<br />
Keeper Miguel Silva einen Kopfball<br />
von da Costa aus rund 17 Metern<br />
durch die Hände ins eigene Torflutschen.<br />
Vondaanlief es besser für die<br />
Eintracht, nachdem lange Zeit den<br />
Pässen die Präzision gefehlt hatte.<br />
Kamada verwertete noch in der ersten<br />
Halbzeit eine flache Eingabe von<br />
Filip Kostic zurFührung.<br />
Das gesamte Spiel über stand die<br />
Frankfurter Bank inVerbindung zum<br />
Duell vonStandardLüttich mit Arsenal,<br />
da die Belgier den Frankfurtern<br />
den Einzug in die K.-o.-Runde der<br />
besten 32 Teams hätten verderben<br />
können. Der wird sich nun für die<br />
Eintracht auch finanziell lohnen,<br />
denn der zweite Gruppenrang wird<br />
500 000 Euro, der Einzug ins Sechzehntelfinale<br />
mit weiteren 500 000<br />
Euro belohnt. Die Auslosung erfolgt<br />
am Montag. Damit addieren sich die<br />
Einnahmen aus der Gruppenphase<br />
und dem Antrittsgeld für die Europa<br />
League von2,75 Millionen auf insgesamt<br />
rund 5,5 Millionen Euro. (dpa)<br />
„Wir hatten im<br />
Sommer Zeit,<br />
alles zu lernen“<br />
Herthas Marvin Plattenhardt<br />
gibt sich selbstkritisch<br />
Herr Plattenhardt, Hertha hat mit<br />
Jürgen Klinsmann einen neuen Trainer<br />
und Sie spielen plötzlich wieder.<br />
Das müsste Ihnen bekannt vorkommen.<br />
Vorfünf Jahren war es ähnlich.<br />
Bei Jos Luhukay kamen Sie kaum zu<br />
Einsätzen, unter Nachfolger PalDardai<br />
wurden SieNationalspieler …<br />
Damals war es eine andereSituation.<br />
Das kann man nicht Eins-zueins<br />
vergleichen. Unter Ante Covic<br />
hatte ich zwar wenig Spielzeit. Ich<br />
hatte aber auch viel mit Verletzungen<br />
zu tun, die haben mich in den<br />
entscheidenden Phasen zurückgeworfen.<br />
Klinsmann ist ein großer Name im<br />
Weltfußball. Wasmacht er anders?<br />
Wir Spieler hören zu und versuchen<br />
das umzusetzen, was vomTrainer<br />
gefordert wird. Es gibt ein paar<br />
neue Pläne,ein paar neue Trainingsmethoden.<br />
Er istfür Siebereits der vierte Hertha-<br />
Coach. Worin unterscheiden sich Luhukay,<br />
Dardai,Covic und er?<br />
Das ist eine schwierige Frage. Ich<br />
will auch gar nicht so sehr vergleichen.<br />
Es gibt sicher Trainer,die mehr<br />
auf einen stehen und es gibt Trainer,<br />
die vielleicht weniger auf dich stehen.<br />
So war es am Anfang, als ich zu<br />
Hertha kam. Jeder Trainer hat seine<br />
eigenen Ansätze, seineStärken, jeder<br />
hat seine eigene Spielphilosophie.<br />
WirSpieler müssen das umsetzen.<br />
Sie hatten 2017 und 2018 ihren großen<br />
Karrieresprung, Confed Cupund<br />
WM. Wiedenken Siejetzt darüber?<br />
DieWMwar unglücklich, weil wir<br />
früh ausgeschieden sind. Ich durfte<br />
einmal gegen Mexiko spielen. Für<br />
mich war das trotzdem eine interessante<br />
Zeit, obwohl es mit dem frühen<br />
Ausscheiden ein negatives Ende<br />
nahm. Mich hat espersönlich weitergebracht.<br />
So ein großes Turnier<br />
spielen zu dürfen, schafft auch nicht<br />
jeder.Darauf bin ich stolz.<br />
DasDFB-Team war in der Krise, Hertha<br />
ist es jetzt. Können Sie sich erklären,<br />
warum die Blau-Weißen so weit<br />
unten in der Tabelle stehen?<br />
Wir hatten im Sommer die Zeit<br />
das neue, offensivere System einzustudieren.Wirhaben<br />
in einigen Spielen<br />
auch gezeigt, dass wir es umsetzen<br />
können. Nur ging es letztlich<br />
nicht so richtig auf. Woran esgenau<br />
gelegen hat, kann ich nicht sagen.<br />
Sonst hätten wir ja etwas dagegen<br />
gemacht. Und dann hätten wir jetzt<br />
auch nicht so viel Trubel.<br />
Morgen geht es im Olympiastadion<br />
gegen den SC Freiburg. Wie gelingt<br />
der wichtige Sieg?<br />
Wir wollen die drei Punkte in jedem<br />
Fall in Berlin behalten. Danach<br />
haben wir mit Leverkusen und Gladbach<br />
zwei weitere schwierige Gegner.<br />
Aber wir gehen positiv in die<br />
letzten Wochen des Jahres. (WH.)<br />
Marvin Plattenhardt gehörtwieder zu<br />
Herthas Stammbesetzung. IMAGO/HUEBNER