31.12.2019 Aufrufe

AUTOINSIDE Ausgabe 01 – Januar 2020

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

AUTO-SALON<br />

Automessen im Dilemma<br />

Sind Messen dem Tod geweiht?<br />

Ob die IAA in Frankfurt oder die Auto Shows in Tokio und Los Angeles: Internationale Automessen bekunden Mühe, das<br />

nötige Publikums- und Herstellerinteresse zu generieren. Wie die Autokonzerne, die sich zu Mobilitätsunternehmen entwickeln,<br />

sind auch Messen einer Transformation unterworfen und müssen sich selbst neu erfinden. Jürg A. Stettler<br />

Die gesamte Palette an einer Automesse zu zeigen, ist nicht mehr so entscheidend für die Hersteller. Wichtiger werden das Erlebnis und der emotionale Kundenkontakt.<br />

Die 68. <strong>Ausgabe</strong> der IAA in Frankfurt, einer<br />

der weltweit bedeutendsten Leitmessen im<br />

Mobilitätsbereich, konnte im September 2<strong>01</strong>9<br />

noch 560 000 Besucher und 838 Aussteller anlocken<br />

<strong>–</strong> beides langjährige Tiefstände. Auch<br />

andere Automessen wie etwa die Detroit Motor<br />

Show, der Pariser Autosalon oder die Tokyo<br />

Motor Show stecken seit längerem in der Krise.<br />

Genau wie die Autoindustrie selbst müssen<br />

sich die Messen wandeln, zu umfassenden<br />

Mobilitätsplattformen werden oder einen stärkeren<br />

Eventcharakter erhalten, um für die Zukunft<br />

gerüstet zu sein. Denn neben einer klassischen<br />

Messe mit Kongressangeboten verlangt<br />

die internationale Autoindustrie immer öfters<br />

nach grosszügigeren Flächen inklusive Teststrecken<br />

und Parcours für ihre Produkte. So<br />

sollen die Besucherinnen und Besucher die<br />

Möglichkeit erhalten, beispielsweise automatisiert<br />

fahrende Autos mit alternativen Antrieben<br />

oder neue Mobilitätsangebote während<br />

der Messe gleich selbst und hautnah zu erleben.<br />

Die 90. Auflage der GIMS macht es vom<br />

5. bis 15. März <strong>2020</strong> mit der «GIMS Discovery»<br />

vor. Dort haben die Besucherinnen und Besucher<br />

auf einem 456 Meter langen Rundkurs<br />

die Möglichkeit einer zehnminütigen Probefahrt<br />

am Steuer eines Fahrzeugs mit alternati-<br />

vem Antrieb (Elektro, Hybrid, Erdgas und Wasserstoff).<br />

Ähnliches wünscht sich die deutsche<br />

Autoindustrie auch von der IAA in zwei Jahren.<br />

Mit einem komplett neuen Konzept wollen<br />

die Hersteller wieder näher an die Käuferinnen<br />

und Käufer ihrer Fahrzeuge und Dienstleistungen<br />

heranrücken. Daher ist längst nicht sicher,<br />

ob die Traditionsmesse auch 2021 wieder in<br />

Frankfurt stattfindet. Der Verband der deutschen<br />

Automobilindustrie (VDA) hat eine Ausschreibung<br />

für mögliche neue Austragungsorte<br />

gestartet. Die Städte Berlin, München, Köln,<br />

Hamburg, Hannover und Stuttgart interessieren<br />

sich genauso dafür wie der bisherige Veranstaltungsort<br />

Frankfurt.<br />

«Wir wollen, dass sich die IAA von einer Autoshow<br />

auf einem abgeschlossenen Messegelände<br />

zu einem Ort entwickelt, an welchem die<br />

Mobilität der Zukunft für alle erlebbar und anfassbar<br />

wird», verlangte etwa ein VW-Sprecher.<br />

«In welcher Stadt das am besten möglich sein<br />

wird, wird jetzt im Zuge einer transparenten<br />

Ausschreibung geprüft.» Und Opel-Chef Michael<br />

Lohscheller hielt nach der IAA 2<strong>01</strong>9 fest,<br />

dass ihm der Messestand seiner Marke eigentlich<br />

zu teuer sei, für ein paar Gespräche mit<br />

Journalisten und er die Messe wieder mehr zur<br />

Direktvermarktung nutzen wolle. Branchenexperte<br />

Stefan Bratzel vom Center of Automotive<br />

Management glaubt, dass es den heutigen Kunden<br />

an den Messen nicht mehr nur um schönes<br />

Blech geht, das sie unbedingt besitzen wollen.<br />

«Der Fokus hat sich verschoben. Das Auto<br />

ist nur eine Mobilitätsmöglichkeit unter vielen.<br />

Es geht nicht mehr um die klassischen Werte<br />

wie Leistung, PS oder Grösse. Es geht eher<br />

ums Thema: Wie vernetzt sind die Fahrzeuge?»,<br />

erklärte der Referent am «Tag der Schweizer<br />

Garagisten» 2<strong>01</strong>9 gegenüber dem Hessischen<br />

Rundfunk. Und beim Thema Vernetzung und<br />

technische Innovationen hätten traditionelle<br />

Automessen eine geringere Bedeutung als andere<br />

Events. «Da überlegt sich der eine oder andere<br />

Hersteller, ob es sich für ihn noch lohnt,<br />

die enormen <strong>Ausgabe</strong>n für beispielsweise eine<br />

IAA in Kauf zu nehmen», analysiert Stefan<br />

Bratzel nüchtern. Der Experte prophezeit zudem,<br />

dass der Platz, um Autos auszustellen,<br />

grundsätzlich schrumpfen werde: «Es ist nicht<br />

mehr notwendig, jedes einzelne Modell zu präsentieren.»<br />

Es werde wichtiger, neuen Themen<br />

wie Mobilitätsdienstleistungen oder autonomem<br />

Fahren mehr Raum zu geben. Die Neuerfindung<br />

der Mobilität müsse sich auch in einer<br />

Automesse widerspiegeln.<br />

Fortsetzung Seite 50<br />

<strong>AUTOINSIDE</strong> | <strong>Januar</strong> <strong>2020</strong>49

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!