Ausgabe 04-2012
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VDRK intern - § 61 a LWG NRW<br />
§61a LWG NRW – Da macht man sich so seine Gedanken<br />
Ist es nun sinnvoll Kanäle auf Dichtheit zu prüfen oder<br />
soll doch besser darauf verzichtet werden? Ist das alles<br />
nur Abzocke oder steckt hinter alle dem doch ein ernsthafter<br />
Sinn?<br />
Kürzlich wurde in der „Rheinischen Post“ von einer älteren<br />
Dame aus Voerde berichtet, dass sie für ca. Euro 12.000 ihren<br />
Hausanschluss sanieren müsse. Das Geld dazu habe sie aber<br />
nicht und ihre kleine Rente würde auch nur so gerade reichen.<br />
„Undicht sei der Kanal aber nicht“, sagt sie. Hierzu kann man<br />
nur sagen: Keiner muss in NRW vor dem 31.12.2015 seine<br />
Abwasserrohre prüfen oder sanieren lassen – auch die Rentnerin<br />
aus Voerde nicht! Und überhaupt: Hätte die Dame wegen<br />
zu hoher Emissionswerte einen neuen Heizkessel anschaffen<br />
müssen – ich glaube, dass die „Rheinische Post“ hierüber kein<br />
Wort verloren hätte.<br />
Man darf die Gefahren, die undichte Abwasserrohre anrichten<br />
können nicht außer Acht lassen. Eine rechtzeitige Sanierung<br />
der Rohre kommt unter dem Strich günstiger als eine evtl.<br />
spätere Sanierung des Gebäudes, z. B. verursacht durch Unterspülung<br />
der Bodenplatte. Nasse Kellerräume, Rissbildung<br />
und evtl. Auswirkungen auf die Statik des Gebäudes sind die<br />
möglichen Folgen. Oder es bricht gleich eine Hauptverkehrsstraße<br />
ein, wie kürzlich in Solingen geschehen. Ein defektes<br />
Dach wird doch auch von jedem Hausbesitzer repariert weil<br />
er die Konsequenzen kennt wenn er nicht handelt. Warum will<br />
man (oder Frau) Schäden unter dem Haus anders behandeln?<br />
Der Unterhalt eines Hauses kostet nun einmal Geld, wenn der<br />
Wert dieses Hauses erhalten bleiben soll.<br />
Und was die Meinung von einigen Kommentatoren in Internet-<br />
Foren angeht, dass lediglich „2-3 Tropfen Pippi“ ins Erdreich<br />
gelangen, denen sei gesagt, dass sie sich hier gewaltig irren:<br />
ca. 70% der privaten Abwasserleitungen sind sanierungsbedürftig.<br />
Und selbst Prof. Dr. Hepcke, seinerseits ein überzeugter<br />
Gegner der flächendeckenden Dichtheitsprüfung,<br />
kommt bei seinen Berechnungen auf 930 Liter versickerndes<br />
Abwasser pro 4-Personen-Haushalt und Jahr (nachzulesen in<br />
„Über den Sinn und Unsinn der Dichtheitsprüfung und warum<br />
die Umsetzung scheitern muss“ in seinem Vortrag für die Gemeinde<br />
Übach-Palenberg vom 10.11.<strong>2012</strong>). Hochgerechnet<br />
auf NRW mit ca. 18.000.000 Einwohnern bedeutet das ein<br />
Volumen von ca. 3.000.000 m³ pro Jahr. Das entspricht dem<br />
Fassungsvermögen des Kemnader Sees bei Witten. Von wegen<br />
2-3 Tropfen! Und es geht auch nicht nur Fäkalien, die ins<br />
Grundwasser gelangen können. Diese sind biologisch abbaubar.<br />
Nein, gefährliche anorganische Stoffe, die sich nicht abbauen,<br />
werden auch mit dem häuslichen Abwasser entsorgt.<br />
Man denke nur an die anthropogenen Spurenstoffe aus der<br />
Gruppe der Humanarzneistoffe, an Röntgenkontrastmittel, an<br />
die Rückstände der Körperpflegemittel etc. Alles nachzulesen<br />
im „LANUV-Fachbericht 43 des Landesamt für Natur, Umwelt<br />
und Verbraucherschutz NRW“. Man kann sagen, dass da unten<br />
im Erdreich eine Zeitbombe tickt, die, wenn man nichts<br />
dagegen unternimmt, irgendwann ganz laut knallen wird. Nur<br />
dann hat natürlich niemand mit so etwas gerechnet.<br />
Wenn man das Fassungsvermögen des Kemnader Sees (KS)<br />
einmal als Maßeinheit für die Umweltverschmutzung verursacht<br />
durch defekte Hausanschlüsse ansieht, dann ist in diesem<br />
Zusammenhang folgende Frage wichtig: Wie viele KS können<br />
wir uns erlauben oder ab wie vielen KS spricht auch ein<br />
Prof. Dr. Hepcke von einem dringenden Handlungsbedarf?<br />
Und, darf man so lange warten, bis entsprechend viele Toxine<br />
und dergleichen im Grundwasser nachgewiesen werden?<br />
Ich denke, NEIN! Solange wir nicht definitiv wissen, dass eine<br />
Ausbringung von meinetwegen 100 KS keine Konsequenzen<br />
auf unsere Grundwasserqualität hat, müssen wir davon ausgehen,<br />
dass selbst 1 KS zu viel ist. Hier muss das Vorsorgeprinzip<br />
konsequent verfolgt und umgesetzt werden.<br />
Und wie ist das mit dem vermeintlichen Problem der Infiltration<br />
von Grundwasser in die Abwasserkanäle? Prof. Dr. Hepcke<br />
meint hierzu, dass das für die Entsorgungsbetriebe überhaupt<br />
kein Problem darstelle. „In der Planung und Auslegung<br />
(von Kläranlagen)ist dies (die Infiltration) i.d.R. durch einen<br />
Zuschlag für Fremdwasser von 100% auf die Schmutzwassermenge<br />
berücksichtigt“ (nachzulesen in s.o.). Das heißt aber<br />
doch, dass Klärwerke von vorne herein bis zu 100% zu groß<br />
ausgelegt sind und somit zu teuer gebaut wurden als es eigentlich<br />
notwendig gewesen wäre.<br />
Die Stadt Lünen geht hier einen anderen Weg. In einem Bericht<br />
„Weniger Abwasser entlastet Gebührenhaushalt“ der<br />
„Westfälischen Rundschau“ vom 25.10.<strong>2012</strong> heißt es, dass<br />
…“mit Einsparungen von 561 000 Euro“… für 2013 gerechnet<br />
wird. „Der gesparte Betrag fließt …direkt in die<br />
Gebührenkalkulation und sorgt für Entlastung“ der Bürger.<br />
Vorausgegangen waren Kanalsanierungsarbeiten. 626<br />
Anschlussleitungen wurden mit durchschnittlich 1900 Euro<br />
saniert. Darüber hinaus sanierten Privatpersonen ihre 409<br />
Grundstücke mit durchschnittlich 3000 Euro. Dies ergibt eine<br />
Gesamtinvestition von ca. 2,42 Mio. Euro. Bei einer jährlichen<br />
Einsparung von 561.000 Euro ergibt dies eine Amortisationszeit<br />
von 4,3 Jahren! Die Kanalbranche wäre über solch kurze<br />
Amortisationszeiten für ihre Spülfahrzeuge entzückt.<br />
Ach, man könnte sich noch viel mehr Gedanken machen<br />
über die Sinnhaftigkeit von Dichtheitsprüfungen und die Notwendigkeit<br />
von Sanierungsmaßnahmen. Letztendlich bleibt<br />
uns doch nur die Möglichkeit unsere Gedanken zu Papier zu<br />
bringen und zu hoffen, dass diese Gedanken auch von den<br />
Zweiflern gelesen werden und bei den Politikern in der Landesregierung<br />
Gehör finden.<br />
Härke GmbH & Co. KG<br />
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RO-KA-TECH Journal <strong>04</strong> / <strong>2012</strong> | 9