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Borlinghaus-Pommesrotweiss-Yumpu

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22. Alle Zeit muss durch den Augenblick

gehen

ROT: Ich hasse es zu warten! Am meisten, wenn mein Akku leer ist. Wenn

der Zug wieder einmal nicht kommt, es gerade dann kalt und windig ist

und selbstverständlich in Strömen regnet.

WEISS: Ja, in diesen Augenblicken hat man nichts: die Zukunft ist noch

nicht da, die Vergangenheit längst vergangen und die Gegenwart ist maximal

leer. Das ist das pure Alleinsein mit sich selbst. Existenzialismus in

Reinform.

ROT: Eben. Kein Wunder, dass die Leute ihre Smartphones zücken und

sich in virtuelle Gesellschaft flüchten.

WEISS: Andererseits gibt es auch kulturell erwünschte Wartezeiten...

ROT: ...zum Beispiel die Adventszeit?

WEISS: Ja – wenn sich die Gläubigen bewusst in Erwartung üben und sich

auf das kommende Ereignis vorbereiten. Dabei versuchen sie sich meditativ

von allen Störungen des Augenblicks frei zu machen, um sich für

das Erwartete zu rüsten.

ROT: Ich kenne das eher so: Verliebt kann ich mich auf die Forderungen

des Moments nicht konzentrieren, weil ich mir die abwesende Geliebte

mit der ganzen Macht meiner Vorstellungskraft vergegenwärtige und ihr

Kommen nicht abwarten kann. Übrigens für mich eine höchst lustvolle

Passionszeit.

WEISS: Dann fehlt nach dem Himmelhochjauchzen nur noch die Hölle

der Prokrastination: auch ein Warteverhalten, bei dem allerdings das unweigerlich

kommende Ereignis, zum Beispiel eine Prüfung, gefürchtet

und ausgeblendet wird und in der Gegenwart zu Untätigkeit führt.

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