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29. Diskretion in der

Aufmerksamkeitsökonomie

ROT: Wenn du mich fragst, dann ist Mark Zuckerberg in Holland auf die

Idee für sein Facebook gekommen. Dort guckst du am Abend durch die

Windows und siehst die Wohnzimmeraccounts der Einheimischen in

Full HD: Sie posten sich beim Abendessen, beim Spiel mit den Kindern,

beim Fernsehen, am Schreibtisch. Und Unanständiges siehst du, wie bei

Facebook, nirgends. Da musst du schon ins Dark-Street-Net gehen...

WEISS: Ja und?

ROT: Wenn du als Deutscher – geprägt von unserem strengen Gardinenschutz

– durch die Gassen scrollst, fängst du bei soviel Offenheit automatisch

an zu gaffen, surfst von Adresse zu Adresse und verläufst dich

dabei natürlich. Eigentlich wolltest du direkt ins Rijksmuseum, um echte

Kunst zu sehen. Stattdessen bleibt dein Blick an den billigen Van Gogh-

Kopien, an Souvenirs, sonstigem Kitsch in den Wohnzimmern und natürlich

an den unvermeidlichen süßen Kätzchen hängen. Die ersten drei

Tage ist das wahnsinnig spannend, doch dann nervt diese kostenlose Banalität

des Alltäglichen nur noch. Dann willst du das Besondere und landest

doch im Van Gogh-Bezahl-Museum.

WEISS: Stimmt – solange allgemein Diskretion geboten ist, bleibt der Blick

durch das zufällig offene Fenster aufregend und spannend. Sobald aber

niemand mehr Gardinen hat, guckt man auch nirgends mehr hin.

ROT: Und so hat man mehr Licht im Zimmer – und einen freien Blick auf

die Straße.

WEISS: Den Holländern macht es offenbar nichts aus, wenn Passanten ins

Fenster schauen – sie haben ja schließlich nichts zu verbergen. So erzielen

sie Diskretion durch Indiskretion.

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