Beschaffung aktuell 03.2020
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MANAGEMENT<br />
ber verarbeitet. Man kann also schon hohe<br />
Automatisierungsgrade erreichen, auch<br />
wenn die Stammdaten noch nicht so sauber<br />
sind. Das Tool deckt aber gnadenlos die Inkonsistenzen<br />
auf und hilft uns dann, ohne<br />
Zeitdruck die Stammdaten nach und nach zu<br />
bereinigen.<br />
Schneller: Es gibt die Möglichkeit, über die<br />
Einstellungen des Tools nach und nach immer<br />
strenger zu vergleichen, womit dann die<br />
Stammdaten stetig verbessert werden<br />
können .<br />
<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong>: Gab es bei der Implementierung<br />
Schuler-spezifische Besonderheiten?<br />
Schneller: Man hat bei jedem Kunden individuell<br />
zu justieren. Hier gab es zum Beispiel<br />
den Fall, dass Lieferanten einen Auftrag in<br />
mehrere Positionen aufteilen, obwohl die Bestellung<br />
nur eine Position enthält. Die Extraktion<br />
der Inhalte ist nie trivial, schon wegen<br />
der enormen Komplexität der zu verarbeitenden<br />
Daten und Inhalte. Es geht um mehr als<br />
reine Kopfdaten, Preise und Mengen. Die Software<br />
muss auch Abmessungen, DIN-Normen<br />
und andere notwendige technische Spezifikationen<br />
auslesen und abgleichen können.<br />
Kunden und Lieferant sprechen auch im übertragenen<br />
Sinn nicht immer die gleiche Sprache,<br />
sie interpretieren auch zuweilen unterschiedlich.<br />
Das Tool meldet sich nur bei unlogischen<br />
Abweichungen und Auffälligkeiten<br />
sowie bei Angaben außerhalb der von Schuler<br />
festgelegten Richtwerte. Und jetzt komme<br />
ich auf Ihre Ausgangsfrage zurück: Diese intelligente<br />
Form des reibungslosen Datenund<br />
Dokumentenmanagements war noch<br />
vor wenigen Jahren undenkbar.<br />
<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong>: Wie haben die Mitarbeiter<br />
auf die neuen Abläufe reagiert?<br />
Schwenk: Gemischt. Manche unserer Einkäufer<br />
meinten anfangs, dass ein Tool niemals<br />
fehlerfrei sein kann. Der Großteil der Kollegen<br />
ist hingegen froh, sich nicht mehr mit zeitund<br />
fehleranfälligen manuellen Tätigkeiten<br />
rund um ABs beschäftigen zu müssen. Man<br />
hat erkannt, dass jetzt wertschöpfende Aktionen<br />
zählen. Schuler hat im Sondermaschinenbau<br />
aber viele Einzelfälle, die sich nicht<br />
standardmäßig abbilden lassen. Hier hat der<br />
Mensch weiterhin den Hut auf. Insofern hatten<br />
beide Seiten recht.<br />
„Wir können wirklich alle und<br />
<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong>: Wann rollen Sie international<br />
aus?<br />
Torsten R. Petrick<br />
Der Diplom-Ingenieur, 57, leitet seit 2008 den<br />
Konzerneinkauf bei Schuler. Petrick war zuvor<br />
18 Jahre Vice President Supply Chain Management<br />
bei MTU Aero Engines. Er studierte an<br />
der TU Braunschweig Luft- und Raumfahrttechnik<br />
sowie Maschinenbau.<br />
Daniel Schwenk<br />
Der 30-jährige Wirtschaftsingenieur ist bei<br />
Schuler als Head of Supply Chain Management<br />
seit 2015 global verantwortlich für die<br />
Analyse der <strong>Beschaffung</strong>sprozesse, Systeme/<br />
Tools, Digitalisierung, Einkauf 4.0, Change-<br />
Prozesse und Restrukturierungen.<br />
Reinald Schneller<br />
Die Männer<br />
Der 59-Jährige ist seit 2010 Geschäftsführer<br />
sowie Senior Vice President US and EMEA<br />
Operations beim Software-Anbieter Netfira. Er<br />
war Mitglied des Führungskreises bei Hewlett<br />
Packard und verantwortete zuvor diverse<br />
Projekte in amerikanischen Software-Firmen.<br />
Schneller hat an der TU Darmstadt Computerwissenschaft<br />
studiert.<br />
Reinald Schneller ist Geschäftsführer bei der<br />
Netfira GmbH, Walldorf.<br />
Bild: Jochen Günther<br />
damit erstmals auch<br />
kleine Lieferpartner andocken.“<br />
Reinald Schneller<br />
Petrick: Sobald wir in Deutschland vollständig<br />
umgestellt haben. Brasilien, die USA und<br />
China warten jedenfalls schon darauf.<br />
Schneller: Das System ist bereits international<br />
angelegt. Lieferanten können aus beliebigen<br />
Ländern kommen.<br />
<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong>: Hat Netfira Probleme bei<br />
der Verarbeitung chinesischer Schriftzeichen?<br />
Schneller: Nein. Die KI versteht jede Sprache.<br />
Chinesisch, Arabisch oder auch Kyrillisch können<br />
genauso verarbeitet werden wie Deutsch<br />
oder Englisch. Wir haben schon einige chinesische<br />
Lieferanten angebunden.<br />
Petrick: Der Unterschied in den Ländern besteht<br />
in der Qualifikation der Mitarbeiter.<br />
Schuler hat eine 180-jährige Tradition in<br />
Deutschland, ist aber erst in diesem Jahrtausend<br />
in China. Zudem haben dort viele unserer<br />
Lieferanten KI oder Digitalisierung noch<br />
nicht im Einsatz, sodass die Anbindung nur<br />
begrenzt möglich ist. Die meisten sind aber<br />
willig und lernen schnell. Wir betreiben kein<br />
Supplier Hopping. Lieferantenmanagement<br />
bleibt vorrangige Aufgabe. So kann der<br />
Schuler- Qualitätsstandard auch außerhalb<br />
Deutschlands gesichert und garantiert werden.<br />
Und das ist das, was auch im Interesse<br />
unserer Kunden ist und was sie erwarten.<br />
<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong>: Bei solchen Projekten<br />
sind auch rechtliche Probleme zu klären.<br />
Schwenk: Ja. Wir haben zuvor mit unserer<br />
Rechtsabteilung alle Datenschutzfragen analysiert.<br />
Netfira ist ja Auftragsdatenverarbeiter.<br />
Über unsere Website decken wir alle Formalien<br />
einer Geschäftsbeziehung mit Schuler<br />
ab. Beim internationalen Roll-out müssen<br />
wir die jeweilige nationale Rechtslage klären.<br />
<strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong>: Was planen Sie in naher<br />
Zukunft?<br />
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