Schülerzeitung ARGUS 2. Ausgabe Schuljahr 2019/20
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© Maximilian Komar
© Maxilian Komar
Sonnenuntergang in Ornäs
den Schülern leichter fällt, Fragen zu stellen, zuzugeben,
etwas nicht verstanden zu haben, um eine
Nachprüfung oder eine Wiederholung des Unterrichts
zu bitten, oder einfach um Rat zu fragen.
Besonders das Äquivalent zum Klassenlehrer, der
Mentor, hat die Aufgabe, den Schülern bei allen
Problemen zu helfen und ein Ansprechpartner auf
Augenhöhe zu sein. Jede Woche ist eine Unterrichtsstunde
„Mentorenzeit“. In dieser Unterrichtstunde
informiert der Mentor über Neuigkeiten in
der Schule und steht den Schülern beim Entschuldigen
von Fehlstunden, bei Problemen mit anderen
Fächern, Fächerwünschen und anderen Angelegenheiten
zur Seite. Dieses kollegiale Verhältnis kann
Probleme nach sich ziehen: Manche Schüler nutzen
die fehlende Autorität aus und so wird der Auftrag,
doch endlich mit den Matheübungen anzufangen,
gerne ignoriert. Konsequenzen? Fehlanzeige! (Anmerkung
der schwedischen Co-Autorin, die als Lehrerin
in der Mittelstufe arbeitet: Wie in Italien und
in anderen Ländern gibt es natürlich große Unterschiede
zwischen den unteren Klassenstufen und
der Oberschule. Speziell in der Mittelstufe kontrollieren
die meisten Lehrer durchaus, ob und wie die
Schüler arbeiten und ein eventuelles Nichtarbeiten
während der Unterrichtszeit würde dort zu Konsequenzen
führen. Sie weist nochmal darauf hin, wie
unterschiedlich das schwedische Schulsystem in
unterschiedlichen Gemeinden ist und dass das auch
großen Einfluss auf die Genauigkeit der Lehrpersonen
hat).
In Schweden wird sehr viel Wert auf die Selbstständigkeit
der Schüler gelegt, sie selbst sind ver-
antwortlich dafür, die Aufgaben zu machen
und die Lerninhalte zu verstehen,
und niemand interessiert sich dafür, ob sie
während der Unterrichtszeit arbeiten oder am
Laptop, der in den meisten Schulen Pflicht ist und
von der Schule verliehen wird, YouTube-Videos anschauen.
Ein weiteres Beispiel für die Wertschätzung
von Selbstständigkeit sind die vielen Arbeiten,
die man in Schweden schreiben muss. Die Art
und Weise, wie meine Klasse das Thema „Nervensystem“
durchgenommen hat, lief folgendermaßen
ab: Nach etwa 75 Minuten Frontalunterricht zum
Thema bekamen wir rund dreimal so viel Zeit, um
während der Unterrichtszeit eine Arbeit über eine
neurologische Krankheit zu schreiben, wobei wir
auch das Nervensystem beschreiben sollten. Sobald
wir die Arbeit, die wir mit Hilfe des Lehrbuches
und Recherchen im Internet erstellten, abgegeben
hatten, wurde diese bewertet und somit war das
Thema Nervensystem in Biologie abgeschlossen.
Durch diese Art des Prüfens wird der Schüler entlastet,
zeitgleich hat man als Lehrer keinen Beweis,
dass der Schüler alle Lerninhalte kann, oder sie
eben nur mal schnell irgendwie zusammengebastelt
und nicht richtig verstanden hat.
Bewertungssystem
Unterwegs
Im Allgemeinen wird das Bewerten und Prüfen
von Wissen in Schweden nicht so genau und
streng genommen wie bei uns, was positive, aber
auch negative Folgen hat. Wenn man mit der Note,
die man bei einem Test oder einer Arbeit erhält,
nicht zufrieden ist, kann man den Test wiederholen
und die frühere Note wird aus dem Register
gestrichen – allerdings nur, wenn der Test besser
gelaufen ist als der vorherige. Das ist sogar noch
für einen Test möglich, der im ersten Semester gemacht
wurde und im zweiten Semester wiederholt
wird. Das System funktioniert sehr gut für Schüler,
die Probleme mit Prüfungsangst haben, und unterstützt
diese stark. Es führt aber auch dazu, dass die
Wichtigkeit bestimmter Tage relativiert wird, da
eine Wiederholung der Tests jederzeit möglich ist,
und die Schüler ein nur schwaches Gefühl für Konsequenzen
entwickeln.
Trotz dieses sehr angenehmen und sehr schülerfreundlichen
Prüfungssystems gibt es in Schweden
überraschend viele Fälle von Prüfungspanik
und anderen psychischen Problemen im Schulargus
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