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Dat Letzt - Quickborn. Vereinigung für niederdeutsche Sprache und ...

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Rezensionen<br />

schen Störungen werden nicht näher<br />

beschrieben. ´Mein Ferdinand gibt mir<br />

Ruh´, behauptet die Dichterin wie die<br />

Briefschreiberin. Sie fragt ergeben:<br />

”Magst mich noch leiden?” Eberhard<br />

Schmidt stellt ein platt- <strong>und</strong> ein hochdeutsches<br />

Gedicht an ihren Mann nebeneinander<br />

in seinen einleitenden<br />

Aufsatz. Mit erstaunlicher Bildsprache<br />

dichtet Annmariek: ”Ik hew en Schip,<br />

dat hol´k in Ihren/ dat drögt mi säker<br />

un bequem,/ doamit kann ik in See<br />

woll stüren/ Wat dulle Storm ok ümme<br />

keem.” Der Adressat wird sich w<strong>und</strong>ern:<br />

”<strong>Dat</strong> Schip mien Männing, dat<br />

büst Du.” Es folgen ähnliche Strophen<br />

über Haus <strong>und</strong> Baum, um in einer vierten<br />

Strophe mit einer Anrede an Gott<br />

zu enden:<br />

<strong>Dat</strong> hei den Boom mi lang lett stahn,<br />

So stolz, so schmuck, so grön, as hüt,<br />

Denn will ´k em danken alle Tied.<br />

(En poa Blomen, S.173)<br />

Die <strong>Sprache</strong> des beginnenden poetischen<br />

bürgerlichen Realismus kann<br />

vieles aussagen trotz einer von den neu<br />

belebten Konventionen bestimmten<br />

Zurückhaltung. Die plattdeutschen<br />

Groth <strong>und</strong> Wuthenow sind frühe Meister<br />

dieses Stils. Reuter, fast zehn Jahre<br />

älter, hat mit der Anpassung zunächst<br />

Mühe.<br />

Die Liebesgeschichte erfordert<br />

jedenfalls eine ganz subtile Behandlung!<br />

Dass Probleme überall lauerten,<br />

die Aufgaben von Ehefrau <strong>und</strong> Mutter,<br />

die bei Alwine viele Jahre eher fremd<br />

geblieben zu sein scheinen, waren<br />

eine schwere Last. Alwine, <strong>für</strong> die ihre<br />

Familie gewaltige Kosten aufbringen<br />

muss, ohne sie in ihrer Mitte zu haben,<br />

hat einen scharfen Blick <strong>für</strong> die Rolle<br />

der Frau. Aber als sie es endlich wagt,<br />

52<br />

ihren Rostocker Therapeuten langweilig,<br />

eitel <strong>und</strong> unfähig zu finden, ist sie<br />

auf dem Wege der Besserung. Sie lebt<br />

in der Folge – bis auf eine doch noch<br />

einmal eingeschobene lange Periode<br />

im Rostocker Katharinenstift – zuhause.<br />

Alwines hochdeutsche Gedichte von<br />

1862 sind aber oft fre<strong>und</strong>lich bis übermütig.<br />

Auch die Phase der Gedichte ist<br />

dann allerdings abgeschlossen, Kinder<br />

<strong>und</strong> Enkel beherrschen das Leben einer<br />

offenbar musterhaften Großmutter<br />

zwischen Greifswald, wo Ferdinand<br />

inzwischen Richter war, <strong>und</strong> Gützkow,<br />

wo die Familie ihr Gütchen behielt.<br />

Albert von Zeller, der schon den unruhigen<br />

Dichter Lenau behandelt hatte,<br />

macht Alwine Wuthenow mit Mörike<br />

bekannt. Eberhard Schmitt belehrt uns<br />

auch darüber <strong>und</strong> nimmt ein Motto aus<br />

einem Brief Mörikes <strong>für</strong> seinen Briefwechsel.<br />

In den Briefen an Groth kommen Auseinandersetzungen<br />

mit der Kirche vor,<br />

als Verteidigung derer, die der preußischen<br />

Union fernbleiben. Nachdrücklich<br />

verteidigt Alwine eine freiere<br />

Auffassung. Politische Erlebnisse<br />

lauern an verschiedenen Stellen im<br />

Hintergr<strong>und</strong>: Wuthenow war Burschenschaftler,<br />

wurde wie, ja mit Reuter eingekerkert<br />

<strong>und</strong> ursprünglich zu lebenslanger<br />

Haft verurteilt. Miterlebt hat<br />

Alwine, dass ihr Ehemann von den Aufständischen<br />

1848 als preußischer Bürgermeister<br />

bedroht wurde, <strong>und</strong> man<br />

um sein Leben immer wieder <strong>für</strong>chten<br />

musste. Die sozialen sind wie die geistesgeschichtlichen<br />

Entwicklungen<br />

mehr oder weniger latent Hintergr<strong>und</strong><br />

ihres Lebens auch in den Briefen. Es<br />

spiegelt sich – vielleicht zufällig in ih-

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