Bildungspraxis 02/2020

IM FOKUS
bereits seit 2016 damit, wie wir die Ausbildung
digitalisieren können. Das hilft uns jetzt.
Inwiefern?
Bujdoso: Azubis und Ausbilder nutzten bereits
unsere Azubi-Cloud. Das bedeutet, wir
mussten uns nicht erst überlegen, wie gelernt
wird, sondern vor allem, was. Da praktisches
Arbeiten in den Laboren und Werkstätten derzeit
wegfällt, ziehen wir theoretische Inhalte vor
oder wiederholen sie. Da zuvor nicht alle gleich
viel online gearbeitet haben, haben wir zu Beginn
der jetzigen Home office-Phase auch Schulungen
für die Ausbilder angeboten, wie sie die
verschiedenen Funktionen nutzen können.
Herr Kleinen, wie sieht ein Tag Ausbildung
von zu Hause aus?
Dirk Kleinen: Morgens um 8 Uhr halte ich
mit meinen angehenden Industriemechanikern
per Telefon eine Frühbesprechung ab.
Wir machen etwas Smalltalk, ich frage, ob es
etwas Neues gibt und prüfe die Anwesenheit.
Dann vergebe ich Arbeitsaufträge und lade die
nötigen Unterlagen in die Cloud. Ich bleibe
den ganzen Tag für die Auszubildenden über
Chat und Telefon erreichbar. Nachmittags gibt
es eine weitere Gruppenbesprechung.
Was für Aufgaben stellen Sie jetzt, wo praktisches
Arbeiten nicht möglich ist?
Kleinen: Das variiert. Die Auszubildenden
im zweiten Jahr lasse ich ein Referat
zu Maschinen- und Gerätetechnik anfertigen,
für das wir ihnen Texte hochladen.
Oder wir vertiefen Inhalte, die im Zuge der
technischen Veränderungen nicht mehr so
intensiv behandelt werden wie früher, etwa
das Schleifen von Werkzeugen am Schleifstein.
Man kann auch Rechercheaufgaben
zu Arbeitssituationen im Betrieb stellen.
Die Auszubildenden sollen zum Beispiel zu
bestimmten Aggregaten, die ihnen im Arbeitsleben
begegnen werden, selbstständig
Informationen sammeln und Aufgaben bearbeiten.
Nachmittags stehen Online-Trainings
zur Prüfungsvorbereitung auf dem Plan.
Woher bekommen Sie die Inhalte?
Kleinen: Dafür greifen wir auf die Angebote
von Ecademy zurück. Die Auszubildenden
nutzten die Trainingseinheiten vor Corona
schon, um Themen aus der Berufsschule zu
vertiefen oder um sich auf Klassenarbeiten
oder Prüfungen vorzubereiten. Sie können
die Inhalte auch privat bearbeiten, wenn
sie das möchten. Im Betrieb setzten wir die
Trainings gelegentlich auch dazu ein, dass die
Jugendlichen Lerninhalte aus unseren Lehrgängen
selbstständig am Laptop vertiefen. In
dieser Zeit konnte ich dann andere Termine
wahrnehmen. Jetzt, im Homeoffice, nutzen
wir die Trainings fast täglich, da sie sich gut
für die Arbeit von zu Hause eignen.
Tipps für die Ausbildung
im Homeoffice
Alina Glüsenkamp berät als Digital
Learning Managerin bei Cornelsen Ecademy Unternehmen
dabei, E-Learning sinnvoll einzusetzen.
» Schaffen Sie Strukturen: Legen Sie Lernzeiten
fest und tragen Sie Ihren Azubis
konkrete und präzise Arbeitsaufträge auf.
» Unterstützen Sie beim selbstständigen Lernen:
Geben Sie Ihren Azubis zur Eingewöhnung
eine Checkliste an die Hand, die sie
Schritt für Schritt abarbeiten können.
» Weniger ist mehr: Reduzieren Sie die aus
der Präsenzlehre üblichen Inhalte, denn
sie können nicht Eins-zu-eins im digitalen
Lernen abgebildet werden.
» Ermöglichen Sie Kompetenzerleben: Setzen
Sie aktivierende Lernformen wie Quizzes,
problembasiertes Lernen oder das Produzieren
von eigenen Lernmedien ein, damit Azubis
autonome Lernentscheidungen treffen und
Erfolgserlebnisse haben.
» Regen Sie soziales Lernen an: Digitale
Kommunikationskanäle wie Videochats eignen
sich auch für Gruppenarbeiten.
» Probieren Sie Neues aus: Abwechslungsreiche
Methoden erhöhen die Lernmotivation
Ihrer Azubis.
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