25.06.2020 Aufrufe

Leo Juli / August 2020

Leo – queeres Stadtmagazin für München

Leo – queeres Stadtmagazin für München

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

MUSIK<br />

NACHGEFRAGT<br />

LIANNE LA HAVAS’<br />

DRITTES WERK<br />

Sich hinter einer coolen Fassade<br />

zu verstecken, wäre für Lianne La<br />

Havas eine Todsünde. Wenn sie Songs<br />

schreibt, wird es emotional – daran hat sich<br />

auch auf ihrem dritten Album „Lianne La<br />

Havas“ nichts geändert. Da analysiert sie<br />

die unterschiedlichen Phasen einer Beziehung.<br />

Auf das Kribbeln im Bauch folgen allmählich<br />

erste Zweifel an der Partnerschaft,<br />

schließlich bleibt nur eins: die Trennung.<br />

Die Frage, ob diese Geschichten aus dem<br />

Leben der Britin gegriffen sind, kann<br />

man sich eigentlich sparen. Für sie sind<br />

persönliche Texte fast eine Form von<br />

Selbsttherapie. Die Sängerin lacht. Ja,<br />

ja, sie sei daran interessiert, tief in sich<br />

zu gehen. In der Hoffnung, an dieser<br />

Innenschau als Mensch zu wachsen. Bloß<br />

kommen solch kontemplative Momente<br />

in der Hektik des Alltags meist zu kurz.<br />

Darum beschloss Lianne La Havas, nach<br />

einem Auftritt auf der Insel Java ganz allein<br />

Urlaub auf Bali zu machen. Sie entspannte<br />

sich, sie zeichnete oft oder hing einfach<br />

ihren Gedanken nach, dabei entwickelten<br />

sich etliche neue Ideen.<br />

Die arbeitete die 30-Jährige später im<br />

Studio mit ihrer eigenen Band aus – mal<br />

in London, mal in New York. So entstand<br />

eine komplett selbst produzierte Platte.<br />

Wer sie hört, kommt Lianne La Havas<br />

sehr nahe: „Die Lieder sind intim. Das bin<br />

wirklich ich.“ Dazu würde natürlich kein<br />

opulenter Sound passen. Also ließ die<br />

Musikerin alles Überflüssige weg. Mit der<br />

Ballade „Paper Thin“ hat sie ihr Gespür für<br />

akustische Klänge perfektioniert. Auch<br />

das melancholische „Courage“ präsentiert<br />

sich recht minimalistisch und erzählt von<br />

einem Moment der Verzweiflung. „Nach<br />

einer Trennung fängt man automatisch an<br />

zu grübeln“, sagt Lianne La Havas. „Daraus<br />

kann extreme Einsamkeit resultieren.“ Um<br />

diesen Tiefpunkt zu überwinden, braucht<br />

es Mut: „Nur wer sich seinen Problemen<br />

stellt, sieht irgendwann ein Licht am Ende<br />

des Tunnels.“<br />

schwerer nehmen. Statt zu touren, gibt sie<br />

nun daheim in London Telefon-Interviews.<br />

„Wir leben in einer seltsamen Phase“,<br />

resümiert sie. „Aber vielleicht resultiert<br />

daraus ja etwas für eine positive Zukunft<br />

mit mehr Wirgefühl.“<br />

Auf Gemeinschaftssinn zu setzen, das<br />

findet Lianne La Havas ebenso wichtig wie<br />

das Streben nach Selbstakzeptanz: „Wenn<br />

sich jemand in seiner eigenen Haut unwohl<br />

fühlt, kann er gar nicht so richtig die Liebe<br />

einer anderen Person annehmen.“ Des<br />

Weiteren sei es für eine Beziehung essenziell,<br />

dass die Partner die gleichen Werte<br />

hätten: „Monogamie und Polygamie lassen<br />

sich definitiv nicht in Einklang bringen.“<br />

Lianne La Havas selbst hält es in Liebesdingen<br />

eher mit der Tradition: „Ich mag<br />

Zweierbeziehungen und möchte lediglich<br />

mit einem Mann zusammen sein.“ Einen<br />

potenziellen Lebensgefährten würde sie<br />

niemals im Internet suchen: „Dating-Apps<br />

sind nichts für mich.“ Sie ist eben ziemlich<br />

oldschool – auch als Musikerin. Permanent<br />

einem Trend beziehungsweise dem<br />

nächsten Hit hinterherzuhecheln, wäre<br />

nichts für sie. Lieber verlässt sie sich auf<br />

den Zauber ihrer hinreißenden Stimme, die<br />

sich über einen Mix aus Soul und Pop legt.<br />

Auf ihrem jüngsten Werk ist kein Song, mit<br />

dem Lianne La Havas nicht hundertprozentig<br />

zufrieden wäre. Schade nur, dass sie<br />

ihr Album nicht mehr ihrem Mentor Prince<br />

vorspielen konnte: „Ich glaube, er hat sich<br />

von mir immer eine Platte gewünscht,<br />

auf die ich aus vollem Herzen stolz bin.“<br />

*Dagmar Leischow<br />

Lianne La Havas gelang es jedenfalls, sich<br />

aus ihrem schwarzen Loch zu befreien.<br />

Mehr noch: Sie hat den Glauben an die<br />

Liebe nie verloren und ist wieder liiert.<br />

Ohne ihren Partner würde sie wohl die<br />

Pandemie, die ihr Leben ziemlich durcheinandergewirbelt<br />

hat, noch ein bisschen

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!