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Leo Juli / August 2020

Leo – queeres Stadtmagazin für München

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FILM<br />

INTERVIEW<br />

WELKET BUNGUÉ:<br />

„Ich habe kein Hasch verkauft“<br />

Burhan Qurbanis modernes<br />

Kino-Update des legendären<br />

Romans „Berlin Alexanderplatz“ von<br />

Alfred Döblin feierte auf der Berlinale<br />

im Februar seine Weltpremiere<br />

und kommt nun am 30. <strong>Juli</strong> endlich<br />

in die Kinos. Wie der Regisseur der<br />

Vorlage treu bleibt, sie aber glaubwürdig<br />

und brandaktuell erzählt, ist<br />

ein beeindruckender, moderner und<br />

toll gespielter Kraftakt, der obendrein<br />

mit Bildern aufwartet, wie sie<br />

im deutschen Kino viel zu selten<br />

sind. Und ganz besonders beeindruckend<br />

ist Hauptdarsteller Welket<br />

Bungué, der den in Berlin ankommenden<br />

Geflüchteten Francis spielt.<br />

Wir haben uns mit dem portugiesischen<br />

Schauspieler, der kürzlich für<br />

den Deutschen Filmpreis nominiert<br />

wurde, unterhalten.<br />

Herr Bungué, Sie sind in Guinea-<br />

Bissau geboren und in Portugal<br />

aufgewachsen. Mit dem Titel<br />

„Berlin Alexanderplatz“ konnten<br />

Sie zunächst vermutlich nichts<br />

anfangen, oder?<br />

Da haben Sie recht. Ich hatte von dem<br />

Roman noch nie gehört, und als ich 2017<br />

eine E-Mail von einer Casting-Agentin<br />

mit dem Betreff „Berlin Alexanderplatz“<br />

bekam, dachte ich zunächst, das sei<br />

Spam. Aber sie hatte mich ein paar<br />

Monate vorher gesehen, als ich mit dem<br />

Film „Joaquim“ zu Gast auf der Berlinale<br />

war. Als mir klar wurde, worum es da ging,<br />

schickte ich natürlich ein Video von mir<br />

ein. Und fünf Monate später war ich in<br />

Berlin, um an der Seite von Jella Haase<br />

und Albrecht Schuch auch persönlich<br />

vorzusprechen.<br />

Eine Inspiration für Regisseur<br />

Burhan Qurbani waren die aus<br />

Afrika stammenden Drogendealer<br />

in der Berliner Hasenheide. Haben<br />

Sie in dem Park für Ihre Rolle<br />

recherchiert?<br />

Ich habe kein Hasch verkauft, wenn<br />

Sie das wissen wollen. (lacht) Aber<br />

natürlich habe ich – mit und ohne<br />

Burhan – viel Zeit an den Orten verbracht,<br />

an denen der Film spielt, nicht nur in der<br />

Hasenheide, sondern auch im Berliner<br />

Nachtleben. Das war für mich wichtig, um<br />

diesem Francis, den ich spiele, wirklich<br />

nahezukommen.<br />

Was zeichnet Qurbani als Regisseur aus?<br />

Burhan ist eigentlich nie aufbrausend,<br />

sondern immer sehr einfühlsam und<br />

konzentriert. Und er ist in seiner Kreativität<br />

unglaublich beharrlich, nimmt jedes<br />

kleinste Detail wahr. Eine Geschichte<br />

auch nur im Ansatz holzschnittartig zu<br />

erzählen, wäre das Letzte, was ihm in<br />

den Sinn käme. Aber was vielleicht das<br />

eigentlich Besondere an ihm ist, ist das<br />

Gefühl von Bruderschaft und Zusammenhalt,<br />

das er in seinem Team erzeugt.<br />

Er respektiert alle als gleichberechtigt<br />

– und jedermanns Stimme wird gehört.<br />

Das habe ich in dieser Form noch nicht<br />

erlebt. Und wahrscheinlich konnte er nur<br />

deswegen einen Film drehen, der so vielschichtig<br />

und feinsinnig von Menschen<br />

erzählt, denen sonst nicht immer und<br />

überall Würde entgegengebracht wird.

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