ALLESAZUBISommer2020
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Lieber Meister
als Master
Warum sollten sich junge Menschen für eine
Ausbildung im Handwerk entscheiden? Sven
Kronewirth von der HWK Trier hat mit uns über die
Chancen für junge Menschen im Handwerk
gesprochen.
Was macht die Ausbildung im Handwerk für junge
Menschen a rak v?
Sven Kronewirth:
Die Ausbildung im Handwerk ist praxisnah und
vielsei g. Bei 130 Ausbildungsberufen im Handwerk
insgesamt, von denen rund 80 auch im Bezirk Trier
erlernbar sind, ist für jeden etwas dabei. Das
Bildungssystem in Deutschland hat eine weltweit
einzigar ge Besonderheit: berufliche (betriebliche)
und akademische Ausbildung sind gleichwer g!
Handwerk ist keine Notlösung für irgendetwas
anderes, das nicht geklappt hat, sondern eine
a rak ve und anspruchsvolle Alterna ve, die den
eigenen Fähigkeiten und Interessen möglicherweise
einfach am besten entspricht. Dabei spielt der
Schulabschluss zu Beginn der Ausbildung eine
untergeordnete Rolle, sofern die Mo va on und die
so genannten „so skills“ (Zuverlässigkeit, Interesse,
Leistungsbereitscha etc.) s mmen, diese bietet
aber vielfäl ge Perspek ven für Weiterentwicklung
und Fach- und Führungsverantwortung.
Azubis mit Berufsreife können durch die Ausbildung
ihre Mi lere Reife erhalten, mit Mi lerer Reife ist
über den Meisterbrief der Hochschulzugang auch
ohne Abitur möglich, und Abiturienten, die übrigens
die Ausbildung von vornherein um 1 Jahr verkürzen
können, finden eine praxisorien erte Alterna ve
zum Studium, wo sie ihre Krea vität und Fähigkeiten
bestmöglich zur En altung bringen können. Die
Gleichwer gkeit von Ausbildung und Studium
bedeutet, dass das Ziel das wesentliche
Entscheidungskriterium sein darf und nicht der Weg
dorthin. Manche Zielberufe erfordern ein Studium
und das ist gut so, aber Studieren um des Studierens
willen führt zu eben jenen „Studienzweiflern“, die
aktuell – um ein paar Jahre Erfahrungen reicher –
vielfach den 2. Weg ins Handwerk wählen. Allen
Gesellen steht der Weg zur Meisterprüfung offen
und damit die Möglichkeit der Selbständigkeit, sein
eigener Chef zu sein und den eigenen Betrieb zu
führen.
Die demografische Entwicklung tut ihr Übriges:
guter Fachkrä enachwuchs ist im Handwerk bei
prall gefüllten Au ragsbüchern gesucht wie nie, und
viele Betriebe suchen in den nächsten Jahren nach
einem Betriebsnachfolger!
Es scheint, dass momentan noch ein veraltetes Bild
von Handwerksberufen vorherrscht. Ist dem so?
Sven Kronewirth:
Leider scheint eine handwerkliche Ausbildung bei
vielen Schülern und Eltern nicht gerade als modern
und zeitgemäß zu gelten. Dabei müssen sich die
Handwerksbetriebe längst auf einem Markt
bewähren, der von Qualitätsansprüchen, Hightech
und exklusiven Kundenwünschen geprägt ist. Vielen
Handwerksberufen hängt zu Unrecht ein schlechtes
Image an, weil längst veraltete Vorstellungen ihre
Wahrnehmung bes mmen. Die Berufe des
Bauhauptgewerbes zum Beispiel erscheinen vielen
una rak v, werden mit Anspruchslosigkeit und
Körperschäden in Verbindung gebracht, obwohl „der
Bau“ eine der bestgeregeltsten Ausbildungen,
komple mit s mmiger Ausbildungsvergütung und
Beschä igungsgaran e aufweist. Die
Handwerkskammer Trier setzt gemeinsam mit den
Handwerksorganisa onen verstärkt auf
Ausbildungsbotscha er, junge, erfolgreiche Azubis,
Gesellen oder Meister, die mit ihrem Beispiel mit
Vorurteilen gegenüber Handwerksberufen
aufräumen sollen. Und warum nicht auch einmal die
handwerklichen Fer gkeiten der
Na onalmannscha en im Bauhauptgewerbe beim
Bundesleistungswe bewerb, den Euro oder World
Skills beim Mauern, Zimmern oder Stuckziehen
bewundern?
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