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6 Aktuell<br />
Bast-Forschung<br />
Temperierte Brücken<br />
Zur Verringerung des Vereisungsrisikos auf Brücken kommt eine umweltfreundliche<br />
Temperierung der Fahrbahn durch die Nutzung von Geothermie<br />
in Betracht. Beim Ersatzneubau der Kanalbrücke Berkenthin über den<br />
Elbe-Lübeck-Kanal wurde diese neuartige Technologie erstmals in Deutschland<br />
realisiert. Planung, Umsetzung und Betrieb wurden im Rahmen eines<br />
Pilotprojekts von der Bundesanstalt für Straßenwesen (Bast) begleitet. Die<br />
bei dem Pilotprojekt gewonnenen Erkenntnisse bilden eine richtungsweisende<br />
Grundlage für die Temperierung von Fahrbahnen im Straßenwesen.<br />
Fahrbahnoberflächen von Brücken können<br />
zu vorzeitiger Vereisung neigen, wenn sie<br />
an ungünstigen Standorten wie beispielsweise<br />
in der Nähe von Gewässern liegen. Als Gegenmaßnahme<br />
bieten sich bislang ein intensivierter<br />
Winterdienst oder Taumittelsprühanlagen<br />
an, die jedoch als ökologisch bedenklich gelten.<br />
Alternativ kommt eine Temperierung der<br />
Fahrbahn durch die Nutzung von Geothermie<br />
in Betracht. Die Bast begleitete den Ersatzneubau<br />
der Kanalbrücke Berkenthin, die über eine<br />
solche integrierte Temperierung verfügt. Ziel<br />
war es, bei der Planung, der Umsetzung und im<br />
Betrieb Erfahrungen zu sammeln sowie den<br />
Zur Vermeidung glättebedingter Unfälle wurde für<br />
die Kanalbrücke Berkenthin ein neues Konzept der<br />
geothermischen Temperierung der Fahrbahn mittels<br />
Heizregister entwickelt. (Quelle: Bast)<br />
Nutzen der Maßnahme zu dokumentieren. Auf<br />
dieser Grundlage sollten abschließend Empfehlungen<br />
für weitere derartige Bauvorhaben<br />
ausgesprochen werden.<br />
Untersuchungsmethode<br />
Die Kanalbrücke Berkenthin liegt in einer Senke<br />
und überquert den Elbe-Lübeck-Kanal, weshalb<br />
dort oftmals hohe relative Luftfeuchten<br />
vorherrschen. Vor allem im Frühjahr und im<br />
Herbst führt dies verstärkt zu Nebel- und Taubildung.<br />
Folge ist ein zu erwartendes hohes<br />
Vereisungsrisiko. Zur Vermeidung glättebedingter<br />
Unfälle wurde für diese Brücke ein<br />
neues Konzept der geothermischen Temperierung<br />
der Fahrbahn mittels Heizregister entwickelt.<br />
Durch Wärmezufuhr in den Brückenbelag<br />
soll die vorzeitige Glättebildung auf der Fahrbahn<br />
verhindert werden. Darüber hinaus kann<br />
der Brückenbelag im Sommer durch Wärmeabführung<br />
gekühlt werden, um einer Spurrinnenbildung<br />
entgegenzuwirken.<br />
Damit sich die Beheizung der Brücke dauerhaft<br />
wirtschaftlich und umweltfreundlich<br />
betreiben lässt, wurde auf die Nutzung von<br />
gleichmäßig temperiertem Wasser aus dem<br />
Untergrund gesetzt. Bereits vor Beginn des<br />
Ersatzneubaus fand eine Erfassung des Temperaturverhaltens<br />
des Brückenbelages auf der<br />
alten Brücke statt. Der Einbau der Temperierungsanlage<br />
auf der neuen Brücke wurde<br />
dokumentiert. Im Fokus standen dabei die<br />
Rohrregister, das Regelungssystem sowie das<br />
Temperaturverhalten des Brückenbelags.<br />
Ergebnisse<br />
Entwickelt werden konnten grundsätzliche<br />
Anforderungen an Systeme zur Temperaturerhöhung<br />
in Brückenbelägen, die sich zum Teil<br />
auch auf die Beheizung von Fahrbahnen auf<br />
der freien Strecke übertragen lassen. Die<br />
geringe Dicke des Brückenbelages, die Besonderheiten<br />
der Unterlage und die Anfälligkeit<br />
gegenüber schnellen Temperaturwechseln<br />
können die Übertragbarkeit allerdings einschränken.<br />
Bei einer oberflächennahen Anordnung<br />
der Rohrregister hat die Brückenkonstruktion<br />
selbst keinen entscheidenden Einfluss<br />
auf die Wirksamkeit der Brückenheizung. Insbesondere<br />
für die Aufheizzeit spielen unterschiedliche<br />
Materialeigenschaften und Brückentypen<br />
oder eine eventuelle Wärmeisolierung<br />
an der Unterseite eine untergeordnete<br />
Rolle. Das Abkühlverhalten des Belages korreliert<br />
mit der Masse des Brückenbelages und der<br />
Fahrbahnplatte, die als Wärmepuffer zur Verfügung<br />
steht.<br />
Da Stahlbrücken wegen der geringen Masse<br />
der orthotropen Fahrbahnplatte anfälliger für<br />
frühe Vereisung als Verbund- oder Betonbrücken<br />
sind, kann hier der Einsatz von Temperierungsanlagen<br />
besonders sinnvoll sein. Für die<br />
Temperierung der Fahrbahnplatte ist die Art<br />
der Energiequelle unerheblich, sofern jederzeit<br />
ausreichend Energie zur Verfügung steht. Varianten,<br />
die auf der Nutzung von Geothermie<br />
basieren, gelten aber als besonders umweltfreundlich<br />
und bei geeigneten Rahmenbedingungen<br />
auch als wirtschaftlich.<br />
Temperierungsanlagen eignen sich vorrangig<br />
für den Einsatz bei neuen Brücken, bei<br />
denen die notwendigen Versorgungseinrichtungen<br />
schon bei der Planung berücksichtigt<br />
werden können. Für einen wirtschaftlichen<br />
Einsatz sollte die Temperierungsanlage nicht<br />
im Dauerbetrieb betrieben, sondern mittels<br />
eines für den jeweiligen Anwendungsfall optimierten<br />
Mess-, Steuerungs- und Regelungssystems<br />
bedarfsgerecht gesteuert werden.<br />
Folgerungen<br />
Die durch die Untersuchung gewonnenen<br />
Erkenntnisse bilden eine richtungsweisende<br />
Grundlage für die Temperierung von Fahrbahnen<br />
im Straßenwesen. Bei möglichen Folgeprojekten,<br />
speziell im Brückenbau, werden sich die<br />
abgeleiteten bautechnischen Empfehlungen<br />
als hilfreich erweisen. <br />
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