Carrossier_2020_05
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Theo Imfeld von Imfeld Fahrzeugbau führt zwei Geschäftsbereiche, auf die sich<br />
der Lockdown komplett unterschiedlich auswirkte.<br />
Solche Plexiglas-Fahrertrennwände entwickelte interBUS und<br />
bietet sie nun im Markt an.<br />
nommen sind wir bis jetzt mit einem blauen<br />
Auge davongekommen», resümiert er.<br />
«Im PW-Bereich haben wir bestimmt 20<br />
Prozent weniger Auftragsvolumen, und<br />
das hat sich bis heute nicht erholt. Das ist<br />
auch bei anderen Betrieben teilweise so<br />
und auch die Schadenexperten bestätigen<br />
das. Ich habe aber die Hoffnung, dass<br />
die Leute mit ihrem eigenen Auto in der<br />
Schweiz Ferien gemacht haben und es<br />
entsprechend Schäden gab, die nun repariert<br />
werden sollen. Ich hoffe, dass wir<br />
nach den Ferien merken werden, dass es<br />
wieder anziehen wird. Bleibt es im September<br />
und Oktober so wie jetzt, dann<br />
müssten wir zwar keine Leute entlassen,<br />
aber wir können bestimmt keine neuen<br />
Mitarbeiter anstellen. Natürliche Abgänge<br />
würden vorderhand nicht ersetzt werden.<br />
Waren wir zuvor in einer sehr komfortablen<br />
Situation, leben und arbeiten<br />
wir heute mit angezogener Handbremse.»<br />
Was bleibt nachhaltig?<br />
«Was sicher bleibt, ist das ganze Thema<br />
mit der Distanz und Hygiene. Wir haben,<br />
so gut es ging, die Anordnungen im laufenden<br />
Betrieb umgesetzt. Glücklicherweise<br />
müssen wir keine Maske zum<br />
Arbeiten tragen. Ich denke, das sind vernünftige<br />
Massnahmen, die man schon<br />
länger hätte umsetzen sollen. Auch teils<br />
auf Höflichkeit. Man kann schliesslich gut<br />
damit leben, nicht zig Kunden täglich die<br />
Hand zu geben.» Diversifikation war früh<br />
ein Thema. Zusammen mit Partnerbetrieben<br />
wurden mehrere Fahrerschutzsysteme<br />
(Plexi glastrennwände) entwickelt, die<br />
nun aktiv den Kunden angeboten werden.<br />
Als weitere Diversifikation vermarktet<br />
Anderegg ein Antirutsch- und Schutzbeschichtungsverfahren,<br />
das in der Region<br />
niemand sonst anbietet.<br />
Angst vor einem zweiten Lockdown hat<br />
der Betriebsleiter nicht: «Das würde das<br />
Ende sehr vieler KMU bedeuten. Und ich<br />
glaube nicht, dass unsere Regierung bereit<br />
ist, dieses Risiko einzugehen. Das<br />
wäre eine absolute Katastrophe.» Schon<br />
der erste Lockdown sei für viele ausserhalb<br />
ihrer Vorstellung gewesen. «Man<br />
sollte jetzt Zuversicht verbreiten», fordert<br />
daher Anderegg. «Haltet euch an das,<br />
was wir jetzt gelernt haben, irgendwann<br />
kommt eine Impfung und dann können wir<br />
wieder einen normalen Umgang miteinander<br />
pflegen. Wir haben Kunden, die<br />
seit dem Lockdown keine Arbeit haben<br />
und sich an eine Hoffnung klammern.<br />
Wenn man mit denen über einen möglichen<br />
zweiten Lockdown spricht, dann ist<br />
das für sie unvorstellbar.»<br />
Tuning-Boom in Obwalden<br />
Die 1982 gegründete Carrosserie W. Fanger<br />
GmbH in Kägiswil OW ist ein reines<br />
Familienunternehmen, das in der zweiten<br />
Generation von Sandro und Valentin Fanger<br />
geführt wird. Sandro Fanger erreichte<br />
1999 an der Berufsweltmeisterschaft<br />
in Montreal (CDN) den vierten Rang bei<br />
den Carrosseriespenglern. Seine «Berühmtheit»<br />
nutzte er 2000 zur Eröffnung<br />
eines Tuning-Geschäfts in Sarnen. Nach<br />
der Geschäftsübernahme der Spenglerei<br />
vom Vater planten er und sein Bruder die<br />
Zusammenführung beider Standbeine am<br />
Firmensitz. «2019 haben wir mit der Objekterweiterung<br />
angefangen», so Sandro<br />
Fanger. «Da wir während der Bautätigkeit<br />
viel am Objekt selber Hand anlegten, ist<br />
das Tuning-Geschäft liegen geblieben.<br />
Mir fehlte schlicht die Zeit und ich musste<br />
viele Kunden auf später vertrösten.»<br />
Das änderte sich schlagartig mit dem<br />
Lockdown, wie Fanger erzählt: «Als es mit<br />
Corona losging, kamen alle angerannt<br />
und fragten, ob ich jetzt Zeit hätte. Es war<br />
ein Phänomen. Während die Spengleraufträge<br />
einbrachen, waren wir mit Tuning<br />
ausgebucht.» Sandro Fangers Fokus<br />
liegt dabei auf optischem Tuning, vor allem<br />
Felgen und Scheibentönungen würden<br />
sehr gut nachgefragt, aber auch<br />
Fahrwerke und Auspuffanlagen seien<br />
beliebt. Für Fanger war es also Glück im<br />
Unglück – Glück, weil das Timing passte.<br />
Die beiden Brüder nutzten den Auftragsrückgang,<br />
um die Bauarbeiten beschleunigt<br />
abzuschliessen. Und die Tuning-Kunden<br />
konnten nun sofort bedient werden.<br />
Das bedeutete, ohne Wartezeit Aufträge<br />
besprechen, offerieren und Termine vereinbaren.<br />
So konnte der Rückgang in der<br />
Spenglerei vorübergehend kompensiert<br />
werden. Carrosserie-Privatkunden blieben<br />
während des Lockdowns nämlich<br />
fast komplett aus. «Sie blieben zu Hause<br />
und haben ihr Auto nicht benützt. Dafür<br />
habe ich sehr viele Veloträger und Anhängerkupplungen<br />
verkauft. Wir profitierten<br />
vom Boom von Sportarten, die<br />
man alleine abseits der Gesellschaft ausüben<br />
kann.»<br />
Auf dem Weg zur Normalität<br />
Inzwischen ist das Verhältnis wieder auf<br />
die andere Seite gekippt, beim Tuning<br />
herrscht gerade etwas Flaute. «Das ist<br />
in der Ferienzeit allerdings normal», so<br />
Fanger entspannt. «Die Spenglerei hingegen<br />
ist jetzt ausgebucht, denn es hat<br />
gehagelt.» Was bedeutet, dass Bruder<br />
Valentin Fanger nun im Akkord am<br />
Drücken ist. «Wir sind auf gutem Weg,<br />
das aufzuholen, was verloren ging», so<br />
Sandro Fangers Fazit. «Aber dafür arbeiten<br />
wir viel mehr als sonst.» Nachhaltig<br />
bleiben wird das neue Hygieneverständnis.<br />
So bleibt der Handkontakt mit Kunden<br />
weiterhin aus, was diese auch gut<br />
akzeptieren würden. «Wir tragen den<br />
ganzen Tag Handschuhe, vor allem,<br />
wenn wir mit Autos hantieren. Die Kunden<br />
schätzen das.» Schliesslich werden<br />
10 carrossier Nr. 5 / August <strong>2020</strong>