Carrossier_2020_05
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Reportage<br />
Lernen aus der Krise<br />
interBUS AG, Carrosserie W. Fanger GmbH und Imfeld Fahrzeugbau<br />
Diversifikation als Fallschirm<br />
In der vergangenen Ausgabe blickten wir ins Tessin, um zu sehen, welche Auswirkungen der besonders<br />
harte kantonale Lockdown auf die dortigen Betriebe hatte. Diesmal sprachen wir mit Unternehmern, die<br />
sich in dieser schweren Zeit auf ein zweites Standbein stützen konnten – oder mussten.<br />
Remo Anderegg, Betriebsleiter Carrosserie der interBUS AG in Kerzers: «Je mehr<br />
Standorte, umso schwieriger ist es, die Auflagen für Kurzarbeit zu erfüllen.»<br />
Valentin und Sandro Fanger, Carrosserie W. Fanger GmbH,<br />
profitierten von einem kurzen, aber intensiven Tuning-Boom.<br />
Je grösser ein Unternehmen ist, desto<br />
schwieriger wird es, adäquat auf plötzlich<br />
eintretende neue Situationen reagieren<br />
zu können. Diese Erfahrung machte<br />
Remo Anderegg, Betriebsleiter Carrosserie<br />
der interBUS AG in Kerzers. Vor<br />
21 Jahren als Einzelunternehmen gegründet,<br />
beschäftigt interBUS heute 90<br />
Mitarbeiter an fünf Standorten und ist<br />
spezialisiert auf die Instandhaltung von<br />
Reise- und Linienbussen. Die moderne<br />
Infrastruktur ermöglicht es, alles unter<br />
einem Dach anzubieten. Die Carrosserieabteilung<br />
ist eines der Standbeine und<br />
wurde vor zehn Jahren als «Carrosserie<br />
Allmend» mit drei Mitarbeitern übernommen.<br />
Es folgte ein starkes Wachstum:<br />
Heute beschäftigt sie inklusive Lernenden<br />
22 Mitarbeiter. Das Unternehmen repariert<br />
aber nicht nur Reise- und Linienbusse,<br />
sondern auch Schiffe und Eisenbahnen.<br />
«Mit unserem Servicemobil können<br />
wir vor Ort lackieren», erklärt Anderegg<br />
und verweist auf den Referenzkunden<br />
Aare Seeland mobil mit Hauptsitz in Langenthal.<br />
Der Aufwand sei viel geringer,<br />
leicht beschädigtes Rollmaterial vor Ort<br />
zu reparieren, als es aus der Komposition<br />
zu nehmen und in einer spezialisierte<br />
Werkstätte zu rangieren. Im November<br />
eröffnete interBUS in einer ehemaligen<br />
LKW-Halle eine separate PW-Carrosserie<br />
(für Fahrzeuge bis 3,5 t) unter dem<br />
Namen «Carrosserie Kerzers».<br />
Im Wissen, dass das Schlimmste<br />
noch kommt<br />
«Mitte März waren wir zwar komplett<br />
ausgelastet, doch die Massnahmen waren<br />
auch für uns ein Schock», erinnert<br />
sich Anderegg, «denn wir wussten, dass<br />
alle unsere Reisebuskunden von dem Tag<br />
an keine Arbeit mehr hatten und die Busflotten<br />
stillstanden. Unser Glück war,<br />
dass wir schon vor Jahren stärker auf<br />
Linienbusse gesetzt hatten und zunächst<br />
die Lücke sehr gut mit Linienbusreparaturen<br />
füllen konnten. Wir wussten aber,<br />
dass der Rückgang der Aufträge zeitverzögert<br />
kommen würde.» Anderegg meldete<br />
Kurzarbeit an und liess im März und<br />
April Überzeit abbauen und Ferien beziehen.<br />
Als dann die Schulen geschlossen<br />
wurden, standen auch die Linienbusse<br />
still. «Am meisten Einbussen haben wir<br />
im Busmietgeschäft, das ist uns richtiggehend<br />
weggebrochen», so der eidg. dipl.<br />
Carrosseriemeister HFP. Im Mai versuchte<br />
das Unternehmen, das geforderte Minimum<br />
von zehn Prozent Kurzarbeit zu<br />
erreichen. «Da haben wir gemerkt, dass<br />
dies mit unseren fünf Standorten sehr<br />
schwierig ist. Wir hatten zu viel Arbeit, um<br />
unsere Leute zu Hause zu lassen, aber zu<br />
wenig, um richtig ausgelastet zu sein.<br />
Man kann nicht einfach in jeder Filiale<br />
jemanden zu Hause lassen.» Schliesslich<br />
wollte man auch den Kunden nicht zumuten,<br />
länger auf ihre Autos warten zu<br />
müssen. Heute würde Anderegg weniger<br />
Mitarbeiter für Kurzarbeit anmelden, um<br />
dadurch flexibler zu sein. «Im Grunde ge<br />
carrossier Nr. 5 / August <strong>2020</strong>9