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The Red Bulletin September 2020 (DE)

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Jessica Schwarz<br />

„Der Geist<br />

muss<br />

mit Genuss<br />

gnädig<br />

gestimmt<br />

werden.“<br />

Hier geht Schwarz ans Limit<br />

In „Biohackers“ treibt der Filmstar<br />

Selbstoptimierung auf die Spitze.<br />

Mit ein bisschen Genmanipulation könnten wir<br />

Menschen noch viel mehr erreichen: Mit dieser<br />

steilen <strong>The</strong>se experimentiert eine von Jessica<br />

Schwarz gespielte Forscherin an einer deutschen<br />

Uni mit ihren Probanden. Doch dabei kommt ihr<br />

eine Erstsemester-Studentin (Luna Wedler, re.) in<br />

die Quere, die den Tod ihres Bruders aufklären will.<br />

Sci-Fi-Serie, seit August auf Netflix<br />

Können Sie ein Beispiel nennen?<br />

Wenn ich in einer verfahrenen Situation<br />

feststecke, überwinde ich mich<br />

schnell dazu, mit Freunden, Familie<br />

oder auch Coaches und Psychologen<br />

darüber zu sprechen. Das hilft mir,<br />

Probleme zu verarbeiten und Lösungen<br />

zu finden. Außerdem ist es toll,<br />

zu spüren, dass die Menschen in<br />

meiner Nähe immer ein offenes Ohr<br />

für mich haben. Das kann ich nur<br />

allen Menschen wünschen und ans<br />

Herz legen.<br />

Wofür haben Sie Coaches schon<br />

um Rat gefragt?<br />

Als Schauspielerin hatte ich mit dem<br />

Hochstapler-Syndrom zu kämpfen.<br />

Das ist typisch für kreative, künstlerische<br />

Berufe und bedeutet in<br />

etwa, dass man fürchtet, man sei in<br />

Wahrheit überhaupt nicht für seinen<br />

Beruf geeignet und die Welt sei kurz<br />

davor, es rauszufinden. An diesem<br />

Komplex habe ich mit einem Coach<br />

gearbeitet.<br />

Was war sein Rat?<br />

Mich von der Vorstellung zu verabschieden,<br />

ich müsse jede Rolle<br />

nur aus meinem eigenen Gefühl<br />

heraus spielen. Stattdessen vertraue<br />

ich jetzt gerade in der Vorbereitung<br />

mehr auf bestimmte Schauspieltechniken.<br />

Dadurch fühle ich mich<br />

viel besser vorbereitet, wenn ich ans<br />

Set komme. Ich weiß, dass meine<br />

Figur steht und ich sie nicht allein<br />

erschaffen muss, sondern nur noch<br />

zu formen brauche. Auf diese Weise<br />

bin ich beim Drehstart viel weniger<br />

ängstlich und nervös.<br />

Hat Ihnen der Coach noch<br />

auf andere Weise geholfen?<br />

Ja, er hat mich ermutigt, meinen<br />

Weg bewusster in die eigene Hand<br />

zu nehmen und zum Beispiel keine<br />

Rollen zuzusagen, nur weil ich das<br />

Gefühl habe, ich müsste mal wieder<br />

„was machen“. Lieber warte ich<br />

ab, bis ein Projekt kommt, bei dem<br />

ich sage: Da stimmt alles – von der<br />

Besetzung über die Regie bis zu den<br />

Details der Figuren.<br />

In Ihrer persönlichen Entwicklung<br />

waren Sie auch mit privaten<br />

Schicksalsschlägen konfrontiert<br />

– wie dem Tod Ihres Vaters 2017.<br />

Wie hat Sie dieser Verlust geprägt?<br />

Auf so etwas kannst du dich nicht<br />

vorbereiten. Um so einen Verlust zu<br />

verarbeiten, musst du viel darüber<br />

sprechen und alle Gefühle zulassen.<br />

Dabei hilft mir, dass ich mich als<br />

Schauspielerin immer wieder mit<br />

solchen schwierigen <strong>The</strong>men aus­<br />

einandersetzen muss. Wenn es um<br />

emotionale Schmerzen geht, bin ich<br />

wie ein Feuerwehrmann. Während<br />

alle aus dem brennenden Haus<br />

laufen, renne ich hinein. Die Alternative<br />

wäre, die Narben verschließen<br />

zu lassen. Doch ich lasse sie bewusst<br />

offen, um spüren zu können, was für<br />

mich als Mensch wichtig ist.<br />

Haben sich Ihre Prioritäten hier<br />

verschoben?<br />

Seit dieser Erfahrung versuche ich<br />

mehr denn je, jeden Augenblick<br />

bewusst zu erleben. Vor allem versuche<br />

ich mit meiner Zeit und mit<br />

den Menschen, die mir nahestehen,<br />

respektvoller umzugehen.<br />

Wie schaffen Sie das?<br />

Sehen Sie, ich liebe meinen Job,<br />

und ich will ihn bis an mein Lebensende<br />

ausüben. Aber ich will nicht<br />

365 Tage im Jahr arbeiten. Deswegen<br />

sage ich auch schon mal ein<br />

tolles Projekt ab, für das ich dann<br />

aber vielleicht zwei Monate unterwegs<br />

wäre. Schließlich könnte ich so<br />

lange keine Zeit mit den Menschen<br />

verbringen, die ich liebe. Ich könnte<br />

nicht mal eben kurz in den Urlaub<br />

fahren oder in den See springen und<br />

den Sommer genießen. Oder einfach<br />

aufwachen und richtig gut faul<br />

sein. Das sind aber alles Dinge, die<br />

mir wichtig geworden sind. Früher<br />

dachte ich, ich könnte doch noch<br />

viel mehr machen. Aber dieses Bedürfnis<br />

ist weg.<br />

Und wann wissen Sie, dass Sie<br />

wieder etwas anpacken wollen?<br />

Wenn mir das Schicksal ein Päckchen<br />

vor die Füße legt. Wenn es sich für<br />

mich richtig anfühlt, dann hebe ich<br />

das auf und packe es aus. Wenn es<br />

sich aber nicht richtig anfühlt, dann<br />

wird das Päckchen einfach weggegeben.<br />

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38 THE RED BULLETIN

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