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Jessica Schwarz<br />
„Der Geist<br />
muss<br />
mit Genuss<br />
gnädig<br />
gestimmt<br />
werden.“<br />
Hier geht Schwarz ans Limit<br />
In „Biohackers“ treibt der Filmstar<br />
Selbstoptimierung auf die Spitze.<br />
Mit ein bisschen Genmanipulation könnten wir<br />
Menschen noch viel mehr erreichen: Mit dieser<br />
steilen <strong>The</strong>se experimentiert eine von Jessica<br />
Schwarz gespielte Forscherin an einer deutschen<br />
Uni mit ihren Probanden. Doch dabei kommt ihr<br />
eine Erstsemester-Studentin (Luna Wedler, re.) in<br />
die Quere, die den Tod ihres Bruders aufklären will.<br />
Sci-Fi-Serie, seit August auf Netflix<br />
Können Sie ein Beispiel nennen?<br />
Wenn ich in einer verfahrenen Situation<br />
feststecke, überwinde ich mich<br />
schnell dazu, mit Freunden, Familie<br />
oder auch Coaches und Psychologen<br />
darüber zu sprechen. Das hilft mir,<br />
Probleme zu verarbeiten und Lösungen<br />
zu finden. Außerdem ist es toll,<br />
zu spüren, dass die Menschen in<br />
meiner Nähe immer ein offenes Ohr<br />
für mich haben. Das kann ich nur<br />
allen Menschen wünschen und ans<br />
Herz legen.<br />
Wofür haben Sie Coaches schon<br />
um Rat gefragt?<br />
Als Schauspielerin hatte ich mit dem<br />
Hochstapler-Syndrom zu kämpfen.<br />
Das ist typisch für kreative, künstlerische<br />
Berufe und bedeutet in<br />
etwa, dass man fürchtet, man sei in<br />
Wahrheit überhaupt nicht für seinen<br />
Beruf geeignet und die Welt sei kurz<br />
davor, es rauszufinden. An diesem<br />
Komplex habe ich mit einem Coach<br />
gearbeitet.<br />
Was war sein Rat?<br />
Mich von der Vorstellung zu verabschieden,<br />
ich müsse jede Rolle<br />
nur aus meinem eigenen Gefühl<br />
heraus spielen. Stattdessen vertraue<br />
ich jetzt gerade in der Vorbereitung<br />
mehr auf bestimmte Schauspieltechniken.<br />
Dadurch fühle ich mich<br />
viel besser vorbereitet, wenn ich ans<br />
Set komme. Ich weiß, dass meine<br />
Figur steht und ich sie nicht allein<br />
erschaffen muss, sondern nur noch<br />
zu formen brauche. Auf diese Weise<br />
bin ich beim Drehstart viel weniger<br />
ängstlich und nervös.<br />
Hat Ihnen der Coach noch<br />
auf andere Weise geholfen?<br />
Ja, er hat mich ermutigt, meinen<br />
Weg bewusster in die eigene Hand<br />
zu nehmen und zum Beispiel keine<br />
Rollen zuzusagen, nur weil ich das<br />
Gefühl habe, ich müsste mal wieder<br />
„was machen“. Lieber warte ich<br />
ab, bis ein Projekt kommt, bei dem<br />
ich sage: Da stimmt alles – von der<br />
Besetzung über die Regie bis zu den<br />
Details der Figuren.<br />
In Ihrer persönlichen Entwicklung<br />
waren Sie auch mit privaten<br />
Schicksalsschlägen konfrontiert<br />
– wie dem Tod Ihres Vaters 2017.<br />
Wie hat Sie dieser Verlust geprägt?<br />
Auf so etwas kannst du dich nicht<br />
vorbereiten. Um so einen Verlust zu<br />
verarbeiten, musst du viel darüber<br />
sprechen und alle Gefühle zulassen.<br />
Dabei hilft mir, dass ich mich als<br />
Schauspielerin immer wieder mit<br />
solchen schwierigen <strong>The</strong>men aus<br />
einandersetzen muss. Wenn es um<br />
emotionale Schmerzen geht, bin ich<br />
wie ein Feuerwehrmann. Während<br />
alle aus dem brennenden Haus<br />
laufen, renne ich hinein. Die Alternative<br />
wäre, die Narben verschließen<br />
zu lassen. Doch ich lasse sie bewusst<br />
offen, um spüren zu können, was für<br />
mich als Mensch wichtig ist.<br />
Haben sich Ihre Prioritäten hier<br />
verschoben?<br />
Seit dieser Erfahrung versuche ich<br />
mehr denn je, jeden Augenblick<br />
bewusst zu erleben. Vor allem versuche<br />
ich mit meiner Zeit und mit<br />
den Menschen, die mir nahestehen,<br />
respektvoller umzugehen.<br />
Wie schaffen Sie das?<br />
Sehen Sie, ich liebe meinen Job,<br />
und ich will ihn bis an mein Lebensende<br />
ausüben. Aber ich will nicht<br />
365 Tage im Jahr arbeiten. Deswegen<br />
sage ich auch schon mal ein<br />
tolles Projekt ab, für das ich dann<br />
aber vielleicht zwei Monate unterwegs<br />
wäre. Schließlich könnte ich so<br />
lange keine Zeit mit den Menschen<br />
verbringen, die ich liebe. Ich könnte<br />
nicht mal eben kurz in den Urlaub<br />
fahren oder in den See springen und<br />
den Sommer genießen. Oder einfach<br />
aufwachen und richtig gut faul<br />
sein. Das sind aber alles Dinge, die<br />
mir wichtig geworden sind. Früher<br />
dachte ich, ich könnte doch noch<br />
viel mehr machen. Aber dieses Bedürfnis<br />
ist weg.<br />
Und wann wissen Sie, dass Sie<br />
wieder etwas anpacken wollen?<br />
Wenn mir das Schicksal ein Päckchen<br />
vor die Füße legt. Wenn es sich für<br />
mich richtig anfühlt, dann hebe ich<br />
das auf und packe es aus. Wenn es<br />
sich aber nicht richtig anfühlt, dann<br />
wird das Päckchen einfach weggegeben.<br />
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