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„AM NÜRBURGRING<br />
HAT JOCHEN<br />
PLÖTZLICH<br />
GESAGT: DAS WILL<br />
ICH AUCH MACHEN.<br />
ICH HAB IHN NUR<br />
VERWUN<strong>DE</strong>RT<br />
ANGESCHAUT.“<br />
„Jury“. Machte der Pilot<br />
einen Fehler oder fuhr zu<br />
schneidig in eine Kurve,<br />
folgte ein Fahrerwechsel.<br />
Der Käfer war eine<br />
Herausforderung für sich:<br />
30 PS, null Straßenlage,<br />
Seilzugbremsen. „Das<br />
heißt, dass jedes Rad<br />
anders gebremst hat“,<br />
sagt Marko, „einmal hat<br />
ein Rad blockiert, dann<br />
ein anderes.“ Kurz: Ein<br />
besseres Werkzeug für die<br />
Entwicklung von Gefühl<br />
im Hintern kannst du kaum finden. Detail am Rande:<br />
Damals gab es weder Sicherheitsgurte noch ein Tempolimit<br />
auf Landstraßen.<br />
Für die Erinnerungsfahrt <strong>2020</strong> hat Helmut Marko<br />
einen Porsche 356 ausgesucht. Aus drei Gründen ist das<br />
eine stimmige Wahl: Erstens stammt das Auto genau<br />
aus der Zeit Anfang der Sechzigerjahre, in der diese Geschichte<br />
spielt. Zweitens hatte er mit Ferdinand Porsche<br />
den gleichen Schöpfer sowie das gleiche Konstruktionsprinzip<br />
wie der alte Käfer, ist aber deutlich hübscher<br />
anzuschauen. Und drittens hatte der Kunstprofessor<br />
in der Schule einen besesseb – und darin immer die<br />
tollsten Frauen neben sich sitzen gehabt.<br />
Berufswahl am Nürburgring<br />
Der Plan mit dem nachgeschmissenen Abitur ging dann<br />
doch nicht auf. Kurz vorher wurde der Schule die Lizenz<br />
zur Durchführung entzogen, und die Reifeprüfung<br />
musste anderswo abgelegt werden. Das Resultat: Sowohl<br />
Marko als auch Rindt flogen durch. In Graz würde<br />
es deshalb nur unnötig Ärger geben. Also fuhren sie<br />
in Rindts neuem Auto, einem Simca, in die entgegengesetzte<br />
Richtung: zum Grand Prix auf den Nürburgring.<br />
„Wir haben in der Wiese neben dem Auto geschlafen“,<br />
erinnert sich Marko, „der infernalische Lärm der vorbeirasenden<br />
Rennautos hat uns geweckt. Da hat Jochen<br />
plötzlich gesagt: ‚Das will ich auch machen!‘ Ich hab ihn<br />
nur verwundert angeschaut, weil das für uns so unvorstellbar<br />
weit weg war.“<br />
Wie wir heute wissen, hat Jochen seinen Entschluss<br />
dann beinhart durchgezogen. Während Helmut Marko<br />
auf dringenden Wunsch seines Vaters Jura studierte,<br />
ging sein Freund nach ersten Rennen in Österreich nach<br />
England, um die internationale Racing Szene aufzumischen.<br />
Das ringt Helmut Marko noch heute Respekt<br />
ab: „Unser Schulenglisch hat ja grad mal gereicht, um<br />
etwas zu essen zu bestellen. Da brauchst du Mut, eine<br />
Vision. Und viel Selbstvertrauen.“<br />
Der schnelle Ruhm habe Jochen Rindt kaum verändert,<br />
sagt Marko. Nur sein Lebens stil war plötzlich ungleich<br />
glamouröser: „Er hat Geld gehabt, einen eigenen<br />
Flieger und unser Traumauto, einen Jaguar E – so was<br />
GUTE ALTE ZEIT<br />
Helmut Marko<br />
blättert in „Jochen<br />
Rindt – eine Bildbiografie“<br />
(Böhlau<br />
Verlag) und erinnert<br />
sich an das<br />
Bergrennen von<br />
Stainz 1968.<br />
AUS <strong>DE</strong>M BUCH: „JOCHEN RINDT-EINE BILDBIOGRAFIE“, BÖHLAU VERLAG, GETTY IMAGES<br />
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