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The Red Bulletin September 2020 (DE)

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„AM NÜRBURGRING<br />

HAT JOCHEN<br />

PLÖTZLICH<br />

GESAGT: DAS WILL<br />

ICH AUCH MACHEN.<br />

ICH HAB IHN NUR<br />

VERWUN<strong>DE</strong>RT<br />

ANGESCHAUT.“<br />

„Jury“. Machte der Pilot<br />

einen Fehler oder fuhr zu<br />

schneidig in eine Kurve,<br />

folgte ein Fahrerwechsel.<br />

Der Käfer war eine<br />

Herausforderung für sich:<br />

30 PS, null Straßenlage,<br />

Seilzugbremsen. „Das<br />

heißt, dass jedes Rad<br />

anders gebremst hat“,<br />

sagt Marko, „einmal hat<br />

ein Rad blockiert, dann<br />

ein anderes.“ Kurz: Ein<br />

besseres Werkzeug für die<br />

Entwicklung von Gefühl<br />

im Hintern kannst du kaum finden. Detail am Rande:<br />

Damals gab es weder Sicherheitsgurte noch ein Tempolimit<br />

auf Landstraßen.<br />

Für die Erinnerungsfahrt <strong>2020</strong> hat Helmut Marko<br />

einen Porsche 356 ausgesucht. Aus drei Gründen ist das<br />

eine stimmige Wahl: Erstens stammt das Auto genau<br />

aus der Zeit Anfang der Sechzigerjahre, in der diese Geschichte<br />

spielt. Zweitens hatte er mit Ferdinand Porsche<br />

den gleichen Schöpfer sowie das gleiche Konstruktionsprinzip<br />

wie der alte Käfer, ist aber deutlich hübscher<br />

anzuschauen. Und drittens hatte der Kunstprofessor<br />

in der Schule einen besesseb – und darin immer die<br />

tollsten Frauen neben sich sitzen gehabt.<br />

Berufswahl am Nürburgring<br />

Der Plan mit dem nachgeschmissenen Abitur ging dann<br />

doch nicht auf. Kurz vorher wurde der Schule die Lizenz<br />

zur Durchführung entzogen, und die Reifeprüfung<br />

musste anderswo abgelegt werden. Das Resultat: Sowohl<br />

Marko als auch Rindt flogen durch. In Graz würde<br />

es deshalb nur unnötig Ärger geben. Also fuhren sie<br />

in Rindts neuem Auto, einem Simca, in die entgegengesetzte<br />

Richtung: zum Grand Prix auf den Nürburgring.<br />

„Wir haben in der Wiese neben dem Auto geschlafen“,<br />

erinnert sich Marko, „der infernalische Lärm der vorbeirasenden<br />

Rennautos hat uns geweckt. Da hat Jochen<br />

plötzlich gesagt: ‚Das will ich auch machen!‘ Ich hab ihn<br />

nur verwundert angeschaut, weil das für uns so unvorstellbar<br />

weit weg war.“<br />

Wie wir heute wissen, hat Jochen seinen Entschluss<br />

dann beinhart durchgezogen. Während Helmut Marko<br />

auf dringenden Wunsch seines Vaters Jura studierte,<br />

ging sein Freund nach ersten Rennen in Österreich nach<br />

England, um die internationale Racing­ Szene aufzumischen.<br />

Das ringt Helmut Marko noch heute Respekt<br />

ab: „Unser Schulenglisch hat ja grad mal gereicht, um<br />

etwas zu essen zu bestellen. Da brauchst du Mut, eine<br />

Vision. Und viel Selbstvertrauen.“<br />

Der schnelle Ruhm habe Jochen Rindt kaum verändert,<br />

sagt Marko. Nur sein Lebens stil war plötzlich ungleich<br />

glamouröser: „Er hat Geld gehabt, einen eigenen<br />

Flieger und unser Traumauto, einen Jaguar E – so was<br />

GUTE ALTE ZEIT<br />

Helmut Marko<br />

blättert in „Jochen<br />

Rindt – eine Bildbiografie“<br />

(Böhlau<br />

Verlag) und erinnert<br />

sich an das<br />

Bergrennen von<br />

Stainz 1968.<br />

AUS <strong>DE</strong>M BUCH: „JOCHEN RINDT-EINE BILDBIOGRAFIE“, BÖHLAU VERLAG, GETTY IMAGES<br />

74 THE RED BULLETIN

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