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The Red Bulletin September 2020 (DE)

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meint Helmut Marko. „Jochen hat mehr Freiheiten gehabt<br />

als andere. Und er war, als Erbe einer Gewürzmühle<br />

in Mainz, finanziell recht gut gestellt.“<br />

Das Einzige, was unter diesen Rahmen bedingungen<br />

litt, war der schulische Erfolg. Als im Verlauf der siebten<br />

Klasse Gymnasium – Rindt und Marko waren inzwischen<br />

Klassen kameraden – ein Zeugnis zum Desaster zu werden<br />

drohte, boten die zwei ihren Lehrern einen Deal an:<br />

Gegen ein positives Zeugnis würden diese sich nie wieder<br />

mit ihnen herumärgern müssen.<br />

Gymnasium der letzten Hoffnung<br />

Es war nämlich so: Ein Freund hatte ihnen erzählt, dass<br />

es im Salzkammergut ein Internat gebe, das für junge<br />

Herren, die der Schule nicht den nötigen Ernst entgegenbrachten,<br />

ein wahres Paradies sei. Eine private Einrichtung,<br />

die den Ruf des „Gymnasiums der letzten Hoffnung“<br />

hatte. Hier würden sie ohne übermäßige Anstrengung<br />

die Matura, das österreichische Abitur, machen und<br />

nebenbei eine Menge Spaß haben. Ein paar prominente<br />

Namen aus der Liste der Schüler: Tausendsassa André<br />

Heller, der Industrielle Thomas Prinzhorn und die<br />

Rennfahrer Niki Lauda und Harald Ertl.<br />

So kamen Jochen Rindt und Helmut Marko nach Bad<br />

Aussee. Und wie kamen sie zu dem Auto, an dem sich<br />

ihre Leidenschaft zum Rennfahren entzündete? Marko:<br />

„Wir waren am Krippenstein Ski fahren. Und weil wir<br />

damals alles extrem machten, hat sich der Jochen den<br />

Oberschenkel gebrochen. Das Problem war, dass Internat<br />

und Schule eine halbe Stunde Fußweg auseinander<br />

lagen, das war mit einem Komplettgips natürlich nicht<br />

zu machen. Daraufhin hat Jochens Großvater einen VW<br />

Käfer mit Chauffeur organisiert. Der hätte Jochen jeden<br />

Tag in die Schule bringen sollen. Das hat er auch zwei,<br />

drei Tage gemacht. Bis wir dem Großvater gesagt haben:<br />

Wir brauchen den Fahrer nicht, wir haben eh einen Mitschüler<br />

mit Führerschein, dadurch sparen wir Kosten.“<br />

Lachend fügt der spätere Le-Mans-Sieger hinzu: „Wahrscheinlich<br />

hat auch irgendeiner einen Führerschein<br />

gehabt. Aber die, die gefahren sind, hatten jedenfalls<br />

keinen.“<br />

Während Rennfahrer von morgen heute ihre Sinne<br />

im Kindesalter gefahrlos im Gokart schärfen, entwickelten<br />

Rindt und Marko die Fähigkeit zur Fahrzeugbeherrschung<br />

als Teenies in freier Wildbahn, auf öffentlichen<br />

Straßen rund um Bad Aussee, zum Beispiel auf den<br />

zehn Kilometern über den<br />

Koppenpass nach Obertraun.<br />

„Das Auto ist immer<br />

am Limit bewegt worden“,<br />

erinnert sich der Doktor.<br />

Wobei man sich der Sache<br />

auf spielerische Weise näherte.<br />

Sie saßen zu viert<br />

im Auto; einer fuhr, die<br />

drei anderen bildeten die<br />

„JOCHENS<br />

GROSSVATER HAT<br />

EINEN VW KÄFER<br />

MIT CHAUFFEUR<br />

ORGANISIERT.“<br />

RECHT<br />

FREUNDLICH<br />

Helmut Marko auf<br />

den Spuren seiner<br />

Freundschaft mit<br />

Jochen Rindt auf<br />

dem Koppenpass<br />

THE RED BULLETIN 73

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