GL&Lev kontakt - GL VERLAGS GmbH
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Im Blickpunkt <strong>GL</strong>&<strong>Lev</strong> <strong>kontakt</strong> steuern<br />
<strong>GL</strong>&<strong>Lev</strong> <strong>kontakt</strong> 03/09<br />
Internationalisierung<br />
der Rechnungslegung<br />
im Mittelstand – Teil 1<br />
Von THOMaS ROHLER<br />
die aktuelle Finanzkrise hat die<br />
internationalen rechnungslegungs-<br />
grundsätze (iFrs) in Misskredit ge-<br />
bracht. sie seien zu kompliziert und<br />
hätten zur Entstehung der Krise beigetragen,<br />
wird behauptet. Gleichwohl<br />
bleiben die iFrs für börsennotierte<br />
Unternehmen verbindlich und<br />
könnten in abgespeckter Form auch<br />
für mittelständische Unternehmen<br />
anwendbar werden.<br />
Das International Accounting Standards<br />
Board (IASB), hatte im Februar<br />
2007 den Entwurf eines eigenen<br />
Rechnungslegungsstandards für so<br />
genannte SME (Small and Medium Sized<br />
Entities) veröffentlicht und zur Diskussion<br />
gestellt.<br />
Die Abgrenzung der SMEs erfolgt dabei nicht<br />
über die Größe des Unternehmens sondern<br />
über seine Relevanz für die Öffentlichkeit.<br />
Soweit Aktien oder Schuldtitel eines Unternehmens<br />
an einem geregelten Markt<br />
gehandelt werden oder das Unternehmen<br />
treuhänderisch fremdes Vermögen verwaltet<br />
(z. B. Banken oder Versicherungen) zählt<br />
es nicht zu den SMEs.<br />
Alle anderen Unternehmen, die Jahresabschlüsse<br />
für externe Nutzer (Banken und Investoren)<br />
erstellen, sind als SMEs einzustufen.<br />
Die Diskussion über den Standard des<br />
IASB wurde seither sehr kontrovers geführt.<br />
Nachfolgend zunächst die Vorteile:<br />
Vereinheitlichung:<br />
Eine weltweite Vereinheitlichung des Rechnungslegungsstandards<br />
verbessert die Vergleichbarkeit<br />
der Finanzberichterstattung<br />
erheblich. Banken und Investoren könnten<br />
ohne Probleme SMEs aus verschiedenen<br />
Ländern vergleichen. Die Kosten der Kreditvergabe<br />
würden sinken. Vergleiche mit<br />
Konkurrenzunternehmen im internationalen<br />
Kontext würden erleichtert.<br />
dipl.-Bw. thomas Rohler<br />
Wirtschaftsprüfer und<br />
Steuerberater<br />
Partner in der DHPG<br />
DR. HARZEM &<br />
PARTNER KG<br />
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft<br />
· Steuerberatungsgesellschaft<br />
Komplexität:<br />
Die IFRS für börsennotierte Unternehmen<br />
(full-IFRS) sind äußerst komplex. Sie regeln<br />
auf über 2.800 Seiten eine Vielzahl von<br />
Einzelfragen und stellen insbesondere den<br />
Anwender in „kleineren“ Unternehmen vor<br />
erhebliche Probleme. Der Kritik an der Komplexität<br />
tritt das IASB mit einer drastischen<br />
Verkürzung der Regelungen für SMEs entgegen.<br />
Der Standard ist zudem seiner Konzeption<br />
nach ein geschlossenes Werk von ca.<br />
250 Seiten, mit dem sich alle Bilanzierungsprobleme<br />
von SMEs lösen lassen sollen.<br />
transparenz:<br />
Dem deutschen HGB wurde immer vorgeworfen,<br />
es biete zu viele Möglichkeiten<br />
zur Verschleierung der eigentlichen wirtschaftlichen<br />
Situation eines Unternehmens.<br />
Außerdem fordere das HGB nicht die umfangreichen<br />
Zusatzangaben (z. B. für die<br />
Geschäftsbeziehungen zu Anteilseignern<br />
und dem Management). Auf diese Kritik<br />
hat der Gesetzgeber inzwischen reagiert<br />
(vgl. hierzu Teil 2 des Beitrages).<br />
Ob die aufgezeigten Vorteile durch die<br />
SME-Regelungen umgesetzt werden können,<br />
ist indes fraglich.<br />
Liegt tatsächlich ein in sich<br />
geschlossenes Werk vor?<br />
Der SME-Standard stellt sich bei genauerer<br />
Betrachtung als Extrakt der full-IFRS dar.<br />
An vielen Stellen (z. B. bei Bilanzierungs- und<br />
Bewertungswahlrechten) wird auf die full-<br />
IFRS verwiesen. So sind etwa die ergebniswirksame<br />
Neubewertung von Renditeimmobilien<br />
oder die Aktivierung von Entwicklungskosten<br />
möglich; bei Ausübung der Wahlrechte<br />
müssen aber die full-IFRS beachtet werden.<br />
Der Anwender hat also nichts gewonnen.<br />
information:<br />
Inwieweit von mittelständischen Unternehmen<br />
Informationen über die kurzfristige<br />
Entwicklung der Vermögens-, Finanz- und<br />
Ertragslage geliefert werden müssen, ist<br />
äußerst umstritten. Mit guten Gründen<br />
lässt sich vertreten, dass es gerade im Mittelstand<br />
auf die langfristige Entwicklung<br />
ankommt. Die Geschäftspartner wollen<br />
nicht aus kurzfristigen Kursschwankungen<br />
profitieren, sondern aus einer stabilen Geschäftsbeziehung.<br />
Kritisch gesehen wird in diesem Zusammenhang<br />
auch die Frage nach der Eigenkapitalqualität<br />
von Gesellschaftereinlagen bei Personengesellschaften.<br />
Sie soll nach den IFRS<br />
nur dann vorliegen, wenn ein kompliziertes<br />
Geflecht von Bedingungen erfüllt wird.<br />
Kosten:<br />
Schließlich sind die laufenden Kosten zu<br />
beachten. Da ein Abschluss nach den IFRS<br />
für SME nicht zur Ermittlung der Gewinnausschüttungen<br />
herangezogen werden<br />
kann und außerdem besondere steuerliche<br />
Vorschriften zu beachten sind, muss ein<br />
mittelständisches Unternehmen im Zweifel<br />
dreifach bilanzieren.<br />
Fazit:<br />
Der vom IASB vorgelegte Standardentwurf<br />
zur Bilanzierung bei SMEs ist für die Rechnungslegung<br />
des deutschen Mittelstandes<br />
in der vorliegenden Form nicht verwendbar.<br />
Neben den nicht unerheblichen zusätzlichen<br />
Kosten bleibt zu kritisieren, dass die<br />
angebliche Vereinfachung sich bei näherer<br />
Betrachtung als Mogelpackung herausstellt.<br />
Die problematische Bilanzierung des Eigenkapitals<br />
bei Personengesellschaften wird<br />
ebenfalls nicht zufriedenstellend gelöst.<br />
Lesen Sie im nächsten Teil, wie der deutsche<br />
Gesetzgeber durch das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz<br />
die Vorteile des tradierten<br />
deutschen Rechts mit den sinnvollen Zielen<br />
der IFRS kombiniert.