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GESUNDHEITSGUIDE

Ein Ratgeber für ein gesundes Leben.

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Dieser Artikel ist in Zusammenarbeit mit DEUTSCHE RHEUMA-LIGA BUNDESVERBAND E. V. entstanden.<br />

Die Krankheit<br />

darf kein<br />

Tabu sein<br />

Die Erkrankung seiner Tochter Nova<br />

hat auch den Alltag von TV-Moderator<br />

Jörg Pilawa verändert.<br />

Text Julia Bidder<br />

FOTO: DEUTSCHE RHEUMA LIGA<br />

Herr Pilawa, Ihre Tochter Nova<br />

ist im Alter von zwei Jahren an<br />

Rheuma erkrankt. Wie geht es<br />

Ihrer Familie heute?<br />

Wir hatten Glück, dass das Rheuma<br />

bei Nova so früh erkannt wurde.<br />

Zwischen ersten Symptomen und<br />

Diagnose sind keine vier Wochen<br />

vergangen. Wir haben leider viele<br />

Kinder kennengelernt, denen es<br />

wesentlich besser gehen würde,<br />

wenn sie ihre Diagnose frühzeitig<br />

bekommen hätten. Gerade bei<br />

Kindern vergehen aber oft Monate<br />

oder sogar Jahre, in denen schlimme<br />

Schäden auftreten. Ich möchte<br />

gern dazu beitragen, dass bekannter<br />

wird, dass Rheuma schon bei<br />

Kindern auftreten kann.<br />

Wie hat sich Ihr Familienalltag<br />

durch Novas Erkrankung verändert?<br />

Die vielen Termine zu managen,<br />

das war sicherlich die größte Umstellung.<br />

Davon ist ja nicht nur das<br />

Kind betroffen, sondern die ganze<br />

Familie. Das fängt bei der Urlaubsplanung<br />

an: Wir sind immer gern<br />

Skifahren gewesen, aber das ist<br />

für Nova einfach nicht mehr das<br />

Richtige – für sie ist ein Urlaub in<br />

der Sonne besser. Wichtig ist, dass<br />

man solche Themen offen mit allen<br />

Familienmitgliedern anspricht.<br />

Damit die älteren Kinder nicht<br />

zurückstecken müssen, können sie<br />

allein oder mit einem von uns in<br />

eine Skifreizeit fahren. Für akute<br />

Phasen haben wir für Nova einen<br />

Sitzroller angeschafft. Und wir haben<br />

einen sternförmigen Drehöffner<br />

für Flaschen, damit sich Nova<br />

auch selbst eine Flasche öffnen<br />

kann, wenn sie durstig ist.<br />

Hat Nova auch mal schlechte<br />

Tage, an denen sie auf das<br />

Rheuma schimpft?<br />

Die Medikamente sind das einzige<br />

Problem. Es ist ein Geschenk<br />

für uns, dass sie ein absoluter<br />

Sonnenschein ist. Sie möchte<br />

am liebsten den ganzen Tag Gas<br />

geben. Nur wenn es ihr nicht gut<br />

geht, zieht sie sich mal zurück,<br />

aber das ist nur ganz selten der<br />

Fall.<br />

Wenn ein Kind krank ist, machen<br />

sich Eltern automatisch Sorgen.<br />

Wie gehen Sie mit dieser Angst<br />

um?<br />

Das ist das Brutalste an einer Autoimmunerkrankung<br />

wie Rheuma:<br />

Wenn es gerade gut läuft, hast<br />

du immer die Sorge, dass es am<br />

nächsten Tag schon wieder anders<br />

ist. Mein Rat an alle Betroffenen:<br />

Genießt jeden Moment, in dem<br />

es gut geht! In den schlechteren<br />

Zeiten mache ich mir immer wieder<br />

bewusst, dass es auch wieder<br />

besser wird. Wenn ein Infekt im<br />

Kindergarten umgeht, überlegen<br />

wir manchmal, Nova zu Hause<br />

zu lassen, damit sie nicht wieder<br />

einen Schub bekommt. Mittlerweile<br />

schicken wir sie trotzdem, denn<br />

wir wissen: Wir können sie nicht<br />

vor allem bewahren. Wenn sie sich<br />

nicht im Kindergarten ansteckt,<br />

kann es am nächsten Tag an der<br />

Supermarktkasse sein. Ansonsten<br />

versuchen wir, so normal wie möglich<br />

weiterzuleben. Für uns ist es<br />

wichtig, dass Nova keine Sonderbehandlung<br />

bekommt. Das ist weder<br />

für sie noch für ihre Geschwister<br />

gut. Nova ist ja sowieso unser Nesthäkchen,<br />

aber es ist wichtig, ihr<br />

zu sagen: Du darfst nicht immer<br />

das erste Stück Kuchen haben, die<br />

anderen sind auch mal dran!<br />

Haben Sie auch Kontakte zu<br />

anderen Eltern betroffener<br />

Kinder?<br />

Während unserer Klinikaufenthalte<br />

sind richtige Freundschaften<br />

entstanden. Wir telefonieren auch<br />

und tauschen uns aus. Das<br />

Gefühl, mit etwas nicht allein zu<br />

sein, ist eine Wahnsinnshilfe<br />

– und ganz praktische Tipps<br />

natürlich auch. Und als Community<br />

können wir auch gemeinsam<br />

etwas bewegen.<br />

JÖRG PILAWA<br />

Der Rheuma-Liga-<br />

Botschafter wohnt<br />

mit seiner Frau in<br />

Hamburg. Das Paar<br />

hat drei Kinder:<br />

Emmy, Juri und<br />

Nova. Außerdem<br />

hat der beliebte<br />

TV-Moderator noch<br />

einen Sohn aus<br />

seiner ersten Ehe.<br />

TELEFON-<br />

HOTLINE<br />

Deutsche<br />

Rheuma-Liga<br />

Bundesverband e. V.:<br />

0800-18 18 120<br />

.<br />

MUSKULO-SKELETTALE SCHMERZEN BEI KINDERN UND JUGENDLICHEN<br />

DEUTSCHES ZENTRUM FÜR KINDER- UND JUGENDRHEUMATOLOGIE<br />

ZENTRUM FÜR SCHMERZTHERAPIE JUNGER MENSCHEN<br />

Gehfeldstraße 24, 82467 Garmisch-Partenkirchen, Tel.: 08821-701-0<br />

www.rheuma-kinderklinik.de , www.kinderschmerzzentrum.de<br />

Prof. Dr. med.<br />

Johannes-Peter Haas<br />

Ärztlicher Direktor<br />

ANZEIGE<br />

Schmerzen im Bereich des muskulo-skelettalen Systems gehören zu<br />

den häufigen Symptomen bei Kindern und Jugendlichen. Sie bestehen<br />

meist temporär und sind auf Bagatelltraumen oder Überlastungen, z.B.<br />

beim Sport zurückzuführen. Eingehendere Diagnostik wird erforderlich,<br />

wenn Schmerzstärke und vermutete Ursachen nicht zueinander<br />

passen, Beschwerden über einen längeren Zeitraum wiederholt oder<br />

anhaltend auftreten, Bewegungsstörung oder Symptome, die eine<br />

Allgemeinerkrankung nahe legen beobachtet werden. Viele z.T. sehr<br />

seltene Erkrankungen kommen in Frage [1] . Daher sollte frühzeitig ein<br />

Spezialist konsultiert werden.<br />

In Deutschland leiden ca. 20.000 Kinder- und Jugendliche an entzündlichen<br />

rheumatischen Erkrankungen, davon über 15.000 an einer der<br />

Formen der Juvenilen Idiopathischen Arthritis (JIA) – dem kindlichen Gelenksrheumatismus.<br />

Als JIA wird Arthritis ohne andere Ursache, mit Beginn vor dem 16ten Lebensjahr<br />

und mindestens sechs Wochen Dauer definiert. Auch andere autoimmune und autoinflammatorische<br />

Erkrankungen können mit einer Arthritis einhergehen. Die Kinderrheumatologie hat in<br />

den vergangenen 20 Jahren große Fortschritte gemacht. Neue effektivere Medikamente verbessern<br />

die Therapie [2] und ermöglichen selbst bei schweren Verläufen eine Kontrolle der Erkrankung [3] .<br />

Auch die funktionellen Therapien (Krankengymnastik etc.) wurden weiter entwickelt [4] . Über 50<br />

Standorte in Deutschland bieten eine Versorgung an (https://gkjr.de/versorgungslandkarte). Frühe<br />

Diagnose und fachgerechte Betreuung vermindern Schäden an Gelenken und anderen Organen.<br />

Den entzündlich bedingten Schmerzen stehen chronische Schmerzsyndrome gegenüber.<br />

Durch eine Störung der Schmerzverarbeitung treten Schmerzen über mindestens 3 Monate auf,<br />

ohne dass sich ein verursachender Befund erheben lässt. Schätzungsweise jedes vierte Kind in<br />

Deutschland ist betroffen, jedes zwanzigste leidet stark unter andauernden oder wiederkehrenden<br />

Schmerzen. Neben Kopf- und Bauchschmerzen werden muskulo-skelettale Schmerzen beobachtet.<br />

Die Folgen für den Alltag der Betroffenen sind gravierend, zumal die Patienten den<br />

Schmerz tatsächlich empfinden, von ihrer Umwelt jedoch nicht ernst genommen werden. Hier<br />

bieten spezialisierte Kinderschmerzeinrichtungen Diagnostik und vor allem multimodale, therapeutische<br />

Therapieprogramme an [5] .<br />

1. Haas JP (2014) Pädiatrische Praxis 82:135-141, 2. Haas JP (2015) Akt. Rheumatol 40:275-279 3. Horneff G,<br />

et al. (2016) Arthritis research & therapy 18:272 4. Spamer M, et al. (2012) Zeitschrift für Rheumatologie 71:387-395<br />

5. Höfel L, et al. (2016) Zeitschrift fur Rheumatologie 75:292-302

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