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Der Ministerprasident des Landes Nordrhein-Westfalen

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Sauerländer Heimatbund SAUERLAND<br />

der den IndustrialisierungsprozeB<br />

machtig vorantrieb. Er errichtete 1834<br />

einen Reckhammer und 1836 einen<br />

Puddelhammer. Dazu erwarb er 1848<br />

aus dem Besitz der Familie Moller den<br />

Kupferhammer, <strong>des</strong>sen Produktion er<br />

auf neue Fertigungen umstellte. Wahr-<br />

scheinlich steht Wilhelm Bergenthal<br />

das Verdienst zu, die erste voll aus<br />

Ei'sen geschmiedete Wagenachse her-<br />

ausgebracht zu haben. Als spater auch<br />

die Wiihelmshutte in dem Werk Eisen-<br />

hammer die Achsenfabrikation auf-<br />

nahrti, war Warstein bis zum Aufkom-<br />

nnen d«s Autos das Zentrunn der deut-<br />

schen Achsenindustrie. In den letzten<br />

Jahrzehnten hat sich in Warstein eine<br />

auBerordentlich mannigfaltige neue<br />

Klein- und Mittelindustrie aufgetan.<br />

Von besonderer Bedeutung ist die<br />

groBe Kalksteinindustrie, die man aus<br />

begreiflichen Griinden nur mit einem<br />

lachenden und einem weinenden Auge<br />

sieht. Seit dem letzten Weltkriege hat<br />

eine besonders sturmJsche Entwick-<br />

lung die Warsteiner Brauerei — Gebr.<br />

Cramer — eriebt, die in den letzten<br />

25 Jahren ihren BierausstoB auf rd.<br />

750.000 Hektoliter fast verdreiBig-<br />

fachen konnte.<br />

Aus dem umfangreichen Kalendarium<br />

der drei Geil3eln, die in fruheren Zei-<br />

ten auch Warstein immer wieder heim-<br />

gesucht haben: der Kriege und Feh-<br />

den, der Seuchen und Brande seien<br />

nur zwei Brande genannt, well sie fijr<br />

die Geschichte der Stadt von beson-<br />

derer Bedeutung waren. Am Allerheill-<br />

gentage <strong>des</strong> Jahres 1617 brannte fast<br />

die ganze Stadt ab, wobei 36 Perso-<br />

nen urns Leben kamen. Damals be-<br />

stand die kurfijrstliche Regierung dar-<br />

auf, da6 sich ein Teil der Burger nicht<br />

wieder in dem engen, inzwischen viel<br />

zu dicht besiedelten Mauerring nieder-<br />

lasse, sondern ihre neuen Hauser an<br />

den sCldostlichen AusJaufern <strong>des</strong><br />

Stadtberges, auf dem sogenannten<br />

Bruch errichte. Durch ein besonderes<br />

kurfurstliches Dekret wurden den Aus-<br />

sledlern alle Biirgerrechte in voJlem<br />

Umfange garantiert. Seitdem entwik-<br />

kelte sich diese „Vor- oder Unter-<br />

stadt" wesentlich schnellerals die alte<br />

Siedlung auf dem Stadtberge. <strong>Der</strong> an-<br />

dere Stadtbrand ereignete sich am<br />

31. Dezember 1802, als in der Altstadt<br />

92 Burgerhauser abbrannten und nur<br />

etwa ein Dutzend erhalten blieb. Da-<br />

mals bestand die — inzwischen Hes-<br />

SHB Meschede Sauerlaender Heimatbund<br />

Schwarzwild im Wildpark Warstein<br />

sen-Darmstadtische — Regierung dar-<br />

auf, daB die neue Stadt im Tale von<br />

Waster und Range anzusiedein sei.<br />

Das 19. Jahrhundert nun brachte auf<br />

alien Gebieten <strong>des</strong> Lebens Zug um<br />

Zug eine weitgehende Aufgabe alter<br />

Formen unter gleichzeitiger Bildung<br />

neuer. Von 1803 bis 1816 kam es zu<br />

den hessen-darmstadtischen Refor-<br />

men, die sich durchaus sehen lassen<br />

konnten, und seit 1816 zu denen <strong>des</strong><br />

preu5ischen Regimes. Gleichzeitig<br />

hielt auf alien Gebieten <strong>des</strong> offent-<br />

lichen wie <strong>des</strong> privaten Lebens die<br />

moderne Techmk ihren Einzug. Doch<br />

das sind DInge, die nicht in diesen<br />

Dberblick hineingehoren, sondern sich<br />

besser fur eine chronikalische Behand-<br />

lung eignen. Doch auf zwei Dinge sei<br />

hingewiesen, well sie den Abschied<br />

von der Zeit <strong>des</strong> Mittelalters beson-<br />

ders deutHch Nlustrieren. Das eine ist<br />

die groBe Flurreform von 1899/1900,<br />

durch die in einem Zuge groBere Be-<br />

triebsparzellen geschaffen wurden,<br />

je<strong>des</strong> GrundstiJck AnschluB an einen<br />

Feldweg erhielt, so daB das unange-<br />

nehme Dberfahren fremder Acker fort-<br />

fiel und die Schafhude auf den Feldern<br />

beseitigt wurde. Erst damals erhielt<br />

die Feldflur jenes Gesicht, das bis<br />

heute im wesentlichen bestimmend<br />

geblieben Ist. Und noch eines:<br />

<strong>Der</strong> Stadtverwaltung war es ein Dorn<br />

im Auge, daB es in den 80er und 90er<br />

Jahren immer noch etwa zwei Dutzend<br />

Wohnhauser in der Stadt gab, die mit<br />

Stroh gedeckt waren. Durch ein ge-<br />

schicktes Ausspielen von Vergunsti-<br />

gungen in der Versorgung mit Holz<br />

gelang es, das gesteckte Ziel zu er-<br />

reichen, so daB es am 1. Januar 1900<br />

keine Strohdacher in der Stadt mehr<br />

gab, wie die Verwaltung es gewunscht<br />

hatte.<br />

Zum SchluB noch die Entwicklung der<br />

Bevolkerungszahl seit Bestehen der<br />

Stadt, well sich darin besser und deut-<br />

licher als in anderen Indices spiegelt,<br />

was in den 700 Jahren seit der Stadt-<br />

grijndung durch Erzbischof Siegfried<br />

© Copyright Sauerlander Heimatbund<br />

von Kbin geschehen ist. Hier die je-<br />

weiligen Einwohner in runden Zahlen:<br />

130O — 300 1900 — 3.600<br />

1600 — 700 1914 — 4.200<br />

1750 — 1.000 1935 — 5.200<br />

1800 — 1.300 1976 — 10.500<br />

1850 — 2.700<br />

Warstein hatte im vorigen Jahrhundert<br />

sein altes Stadtrecht im Zuge der<br />

kommunalen Reformen verloren und<br />

wurde seitdem nach der Landgemein-<br />

deordnung verwaltet. Nur den Titel<br />

„Stadt" durfte es — wie so manche<br />

andere ehemalige Stadt — weiter-<br />

fuhren. Noch bevor das 700. Jahr seit<br />

Grundung der Stadt erreicht war, hat<br />

Warstein im Zuge einer denkwiirdigen<br />

Reform die Rechte als Stadt wieder<br />

erhalten. Die Gemeinden <strong>des</strong> bisheri-<br />

gen Amtes Warstein, das als zusam-<br />

menfassende Verwaltungseinheit am<br />

1. Januar 1844 ins Leben getreten war,<br />

die Gemeinde Suttrop und eine kleine<br />

Parzelle der Gemeinde Drewer wur-<br />

den mit Wirkung vom 1. Januar 1975<br />

an zur neuen Stadt Warstein vereinigt,<br />

die nun fast 30.000 Seelen zahit und<br />

dem neuen GroBkreis Soest ange-<br />

schlossen wurde.<br />

Ist das Kloster Grafschaft alter als<br />

bisher angenommen?<br />

Manche Orte <strong>des</strong> Sauerlan<strong>des</strong> sind<br />

stolz auf die erste Erwahnung <strong>des</strong><br />

Ortsnamens in der Griindungsurkunde<br />

<strong>des</strong> Klosters Grafschaft vom Jahre<br />

1072. Dabei macht es keinen Abbruch,<br />

daB diese Urkunde mit Sicherheit eine<br />

Falschung ist. Die Grundung <strong>des</strong> Klo-<br />

sters durch den Kolner Erzbischof Anno<br />

ist authentisch; nicht bekannt jedoch<br />

ist das Jahr, in dem diese Grundung<br />

tatsachlich erfolgte. In diesem Zusam-<br />

menhang ist sicheriich interessant, daB<br />

all diese Orte bereits sechs Jahre<br />

fruher hatten feiern konnen, denn in<br />

„Lamperti monachi Hersfeldiensis"<br />

steht unter dem Jahre 1066 zu lesen,<br />

daB das Kloster Grafschaft „in regione<br />

Westfaal" gelegen sei. Die nachsten<br />

ortlichen Jubilaumsfeiern konnen somit<br />

bereits im Jahre 2066 stattfinden ...<br />

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