Der Ministerprasident des Landes Nordrhein-Westfalen
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Sauerländer Heimatbund SAUERLAND<br />
700 Jahre<br />
Stadt Warstein<br />
Von Bernhard Wiemeyer<br />
Graf Siegfried von Westerburg, seit<br />
1275 Erzbischof von Koln und als sol-<br />
cher auch Herzog von <strong>Westfalen</strong> und<br />
Engern, ging der Ruf ©ines kuhnen<br />
und stolzen, aber auch hochfahrenden<br />
und streitsuchenden Fursten voraus.<br />
Das war der Grund, weshalb er schon<br />
bald zu einem gegen ihn gerichteten<br />
BiJndnis rheinischer und westfalischer<br />
Fursten und Grafen kam, unter denen<br />
sich auch der Bischof von Paderborn<br />
und der Graf von Arnsberg befanden,<br />
seit jeher prominente Gegner der K6I-<br />
ner Erzbischofe bei deren Bestreben,<br />
das ihnen 1180 von Kaiser Barbarossa<br />
auf dem Reichstag von Gelnhausen<br />
verliehene Annt eines Herzogs von<br />
<strong>Westfalen</strong> und Engern zur Lan<strong>des</strong>-<br />
hoheit zu entwickeln. Durch jenes<br />
Bundnis erhielt die politisch-milita-<br />
rische Lage in <strong>Westfalen</strong>/Engern nach<br />
einer kurzen Zeit relativer Ruhe fur<br />
Koln wieder einen akut-bedrohlichen<br />
Aspekt, und es entsprach nur Sieg-<br />
frieds Neigung zu schnellem Handein,<br />
wenn er in einem Blitzfeldzug gegen<br />
den Grafen von Arnsberg vorging, urn<br />
diesen seine Starke fijhlen zu lassen.<br />
Doch bennuhte er sich daruber hinaus,<br />
Kolns militarische Position in West-<br />
falen auch auf langere Sicht zu star-<br />
ken. Zu den in dieser Absicht ergriffe-<br />
nen Mal3nahmen gehorte die mit an<br />
Sicherheit grenzender Wahrscheinlich-<br />
keit 1276 erfolgte Grijndung der bei-<br />
den Stadte Warstein und Kallenhardt.<br />
An beiden Platzen war es schon einige<br />
Jahrzehnte vorher zur Errichtung kol-<br />
nischer Burgen gekommen — wahr-<br />
scheinlich in der Regierungszeit <strong>des</strong><br />
tatkraftigen Erzbischofs Engelbert I.<br />
(1216 — 1225) —, die jedoch in einer<br />
Fehde <strong>des</strong> Jahres 1254 durch den Pa-<br />
derborner Bischof Simon eingenom-<br />
men und zerstort wurden. An beiden<br />
Orten sollten nun stark befestigte und<br />
von der ganzen Burgerschaft vertei-<br />
digte Stadte treten.<br />
Die Grundung von Stadtert Ciberhaupt<br />
war im Rahmen der kolnischen Politik<br />
in <strong>Westfalen</strong> und Engern seit der Grun-<br />
dung der Stadt Ruthen im Jahre 1200<br />
das neue und — wie die spatere Ent-<br />
wicklung zeigen sollte — zukunfts-<br />
30<br />
SHB Meschede Sauerlaender Heimatbund<br />
trachtige Element. Die Stadte waren<br />
nicht nur bei dem damaligen Stande<br />
der Belagerungstechnik praktisch un-<br />
©innehmbare GroBburgen, sondern<br />
auch Geldquellen ersten Ranges fijr<br />
die Finanzierung einer Politik auf wei-<br />
tere Sicht. Beiden Zielen entsprachen<br />
am vollkommensten die altesten kol-<br />
nischen Stadte im westfalisch-engri-<br />
schen Bereich, weil sie angesichts be-<br />
sonders gunstiger Umstande schon<br />
eine weite Strecke Weges in Richtung<br />
stadtischen Lebens, d.h. der Entwick-<br />
lung von Handel, Handwerk, Gewerbe<br />
und Geldumlauf zurCickgelegt hatten,<br />
als ihnen in aller Form ein auf ihre ge-<br />
wandelten Bedurfnisse zugeschnitte-<br />
nes spezifisches Stadtrecht und das<br />
Recht zur Errichtung eines festen<br />
Mauerringes zugesprochen wurden.<br />
Von alledem konnte bei dem Warstein<br />
<strong>des</strong> Jahres 1276 noch nicht die Rede<br />
sein. Wahrend bei jener Schicht alte-<br />
rer Stadte — genannt seien Soest,<br />
Ruthen, Geseke, Werl und Brilon —<br />
die formelle Stadterhebung gleichsam<br />
die Bestatigung und Krbnung einer<br />
schon weit gediehenen Entwicklung<br />
auf ein Gemeinwesen mit vollem stad-<br />
tischen Charakter hin war, bedeutete<br />
sie im Falle Warsteins erst den Be-<br />
ginn einer solchen Entwicklung, glich<br />
sie eher einem auf die Zukunft gezo-<br />
genen Wechsel, den die Burger der<br />
neuen Stadt erst durch Leistung hono-<br />
rieren sollten. Warstein war der Typ<br />
einer Grundungsstadt oder, wie die<br />
altere Forschung es gern bezeichnete,<br />
eine Grundung „aus wilder Wurzel".<br />
<strong>Der</strong> durch die Stadtgrijndujig zum Un-<br />
tergang verurteilte, im wesentlichen<br />
noch rein landliche Siedlungskomplex<br />
bildete eine geschlossene Grundherr-<br />
schaft, bestehend aus dem Haupthof in<br />
unmittelbarer Nahe der am Sudrand<br />
der Stadt gelegenen Kapelle von<br />
Altenwarstein und den davon abhan-<br />
gigen bauerlichen Hufen in weit ge-<br />
streuten Ausbausiedlungen. Im ganzen<br />
mogen es damals 20— 30 Gehofte ge-<br />
wesen sein mit einer Bevolkerung von<br />
120 —150 Seelen. Von den Herren<br />
von Warstein, deren Geschichte im<br />
Cibrigen in volliges Dunkel gehijllt ist,<br />
da sie nie in einer Urkunde erwahnt<br />
werden, wissen wir nicht, ob sie zur<br />
Zeit der Stadtgrundung noch volladlige<br />
EigentiJmer der Grundherrschaft oder<br />
schon Lehnsmannen oder gar nur Mini-<br />
steriale der Erzbischofe von Koln wa-<br />
© Copyright Sauerlander Heimatbund<br />
ren. Wir finden sie nach der Sl:adtgrun-<br />
dung als kolnische Burgmannen zj-<br />
nachst in Ruthen, spater in Hovestad:.<br />
Um 1400 scheint das Geschlecht in der<br />
mannlichen Linie erioschen zu sein.<br />
Zuletzt hdren wir von den beiden Brij-<br />
dern Everhard und Franco von War-<br />
stein im Jahre 1395, als s'.e ihren Ho,'<br />
in Bausenrode und ihren Hof nebs;<br />
MiJhle in Fretter an einen Verwandien<br />
verkauften.<br />
S:cher ist Jedenfalls, daB die Erz-<br />
bischofe von Koln — ubrigens genau<br />
we in Kallenhardt — zur Zeit der<br />
Stadtgrundung Eigentijmer der ganzen<br />
Warsteiner Gemarkung waren. Denn<br />
nur dann, wenn alle in jahrhunderte-<br />
langer Entwicklung entstandenen Ho-<br />
fesgerechtsame der Warsteiner Ge-<br />
markung damals in einer Hand ver-<br />
einigt waren, ist es zu erklaren, dal3 —<br />
ahnlich wie in Kallenhardt, aber an-<br />
ders als in Ruthen und Brilon — die<br />
Waldnutzung in vollem Umfange<br />
alien Bijrgern gleichmaRig zuerkannt<br />
werden konnte, anstatt das Privileg<br />
einer exklusiven Schicht von Hofes-<br />
besitzern aus der Zeit vor der Stadt-<br />
grundung zu bleiben, bis sich die Bur-<br />
ger als solche den Zugang zur vollen<br />
Nutzung <strong>des</strong> Wal<strong>des</strong> erkampfen konn-<br />
ten, was erst nach Jahrhunderten der<br />
Fall war. Dievon vornherein homogene<br />
Struktur der Burgerschaft ersparte<br />
Warstein die langwierigen, mit gro5er<br />
Erbitterung gefuhrten inneren Ausein-<br />
andersetzungen, mit denen die Ge-<br />
schichte von Ruthen belastet war.<br />
Warstein entstand damals als Stadt<br />
auf einer Flache von etwa 30-32 Mor-<br />
gen und damit auf einer sehr viel klei-<br />
neren Flache als die oben genannten<br />
alteren Stadte, die aus den oben an-<br />
gegebenen Grunden von vornherein<br />
viel groRer konzipiert worden waren.<br />
Die Stadt kam auf jenen Berg zu lie-<br />
gen, der sicher schon die 1254 zer-<br />
storte kolnische Burg getragen hat und<br />
der nach drei Seiten hin relativ steil<br />
abfallt. Die Stadtkrone bildete die<br />
noch heute dort thronende St. Pankra-<br />
tiuskirche, die im Zusammenhang mit<br />
der Erbauung der Stadt entstanden<br />
sein muB, da sie deutlich die Stilmerk-<br />
male <strong>des</strong> ausgehenden 13. Jahrhun-<br />
derts tragt. Sie ist noch heute das<br />
weithin sichtbare Wahrzeichen der<br />
Stadt, das von alien Warsteinern hoch<br />
verehrt wird und erst vor wenigen<br />
Jahren mit groBem Aufwand von Grund