altlandkreis - Das Magazin für den westlichen Pfaffenwinkel - Ausgabe Juli/August 2021
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Freundschaftliche Übergabe: Söcheringer Musikanten reichen einen<br />
Wanderteller an die Knappschafts- und Trachtenkapelle Peiting weiter.<br />
Hatten es Gemein<strong>den</strong>, Anwohner<br />
und Wetter zugelassen, wur<strong>den</strong><br />
manche Proben auch ins Freie<br />
verlegt, was auch diesen Sommer<br />
wieder möglich sein wird. Parallel<br />
dazu bot der Musikverband von<br />
Ober- und Niederbayern zahlreiche<br />
musikalische Online-Seminare an.<br />
Und Schongaus Dirigent und Musikschulleiter<br />
Marcus Graf komponierte<br />
neue Stücke, die Bläsergruppen<br />
dank kostenlosem Download<br />
auf der neugestalteten Internetseite<br />
mon-oberland.de üben und<br />
spielen konnten und können. <strong>Das</strong><br />
Besondere dabei: Die Werke tragen<br />
die Ortsnamen hiesiger Vereine<br />
wie Böbinger Trompetenjodler,<br />
Egelfinger Weise, Raistinger<br />
Walzer, Traubinger Hörnerklang,<br />
Starnberger Fanfare, Steinga<strong>den</strong>er<br />
Klarinettenstückl, Bernbeurener<br />
Zwitscher-Galopp, Penzberger<br />
Charleston-Polka, Huglfinger Ländler,<br />
Peiting Boarisch oder Rottenbucher<br />
Schottisch.<br />
Nur vier Tage in<br />
Lederhose<br />
Was <strong>den</strong> aktiven Blasmusikanten<br />
jedoch inständig fehlt: <strong>Das</strong> regelmäßige,<br />
gesellige Beisammensein,<br />
das ein Vereinsleben generell auszeichnet.<br />
Und davon sind Plattlergruppen<br />
in Trachtenvereinen noch<br />
wesentlich stärker betroffen als<br />
Musikkapellen. „Eine Plattlerprobe<br />
mit Tanzverbot macht schlichtweg<br />
keinen Sinn, noch weniger ohne<br />
konkrete Ziele, auf die man gezielt<br />
hinarbeiten kann“, sagt an dieser<br />
Stelle Franz Multerer, Vorsitzender<br />
des Lechgauverbands, dem wie<br />
allen aktiven Trachtlern diese pandemische<br />
Zeit in der Seele wehtut.<br />
Normalerweise trägt er an mindestens<br />
100 Tagen im Jahr die Lederhose,<br />
weil es ebenso viele Anlässe<br />
dazu gibt. Heimatabende, Trachtenfeste,<br />
Preisplatteln, Wallfahrten,<br />
Gottesdienste, Platterproben und<br />
Ausschusssitzungen – fand nahezu<br />
alles wenig bis gar nicht statt. So<br />
trug Franz Multerer im Jahr 2020<br />
seine handgemachte Hirschlederne<br />
lediglich vier Mal, heuer bislang<br />
drei Mal. Sorge bereitet ihm vor<br />
allem diese seit eineinhalb Jahren<br />
fehlende Gemeinschaft und Geselligkeit.<br />
„Trachtenvereine leben<br />
nun mal von der Gemeinschaft.“<br />
Und sind in der Tat bekannt als<br />
„eingeschworener Haufen“, deren<br />
aktive Mitglieder sich nicht nur<br />
zum Platteln und geselligen Beisammensein<br />
treffen. Es wird auch<br />
über wichtige berufliche Dinge<br />
gesprochen, über private Probleme<br />
und Projekte, bei <strong>den</strong>en man<br />
sich gegenseitig mental und handwerklich<br />
unterstützt. „Da geht es<br />
um viel mehr als die Pflege von<br />
Brauchtum an sich“, sagt Multerer,<br />
dessen Be<strong>für</strong>chtung groß ist, dass<br />
insbesondere Vereine, die ohnehin<br />
seit Jahren mit Nachwuchsproblemen<br />
zu kämpfen haben, vom<br />
Aussterben bedroht sein könnten.<br />
„Bayernweit betrachtet gibt es sicherlich<br />
Vereine, die nach Corona<br />
nicht mehr existieren. Speziell auf<br />
unseren Verband bezogen, kann<br />
man es auch nicht ausschließen.“<br />
Die Frage ist: Wie lange dauert die<br />
Pandemie noch an? Oder wird sie<br />
gar zum Dauerzustand, was eine<br />
Umstrukturierung des Vereinswesens<br />
zur Folge hätte? Multerer ist<br />
vorsichtig optimistisch, dass das<br />
Lechgaufest 2022 in Epfach, das<br />
bereits geplant wird, wieder stattfin<strong>den</strong><br />
kann. Und bis dahin nicht<br />
zu viele Mitglieder ihren jeweiligen<br />
Vereinen <strong>den</strong> Rücken zukehren.<br />
Ähnlich ergeht’s Max Kriesmair in<br />
Bezug auf das 59. Bezirksmusikfest,<br />
das 2022 zum 70-Jährigen des<br />
Bezirks in Rottenbuch stattfin<strong>den</strong><br />
soll.<br />
Bier, Blasmusik und<br />
Schweinshaxe<br />
Die Sorge, dass Musikkapellen<br />
während der pandemischen Zeit<br />
einige Mitglieder verlieren, treibt<br />
auch Max Kriesmair um. „Wobei ich<br />
die Brisanz der Situation momentan<br />
schwer einschätzen kann“, sagt<br />
er. Einerseits gebe es sicherlich Musiker,<br />
die schon vor der Pandemie<br />
überlegt hatten, aufzuhören, und<br />
nun in Zeiten ohne Verpflichtungen<br />
und deutlich weniger Proben<br />
das Spielen eines Instruments gar<br />
nicht mehr vermissen. Andererseits<br />
verspürt Kriesmair bei vielen Musikern<br />
auch große Lust, endlich wieder<br />
so musizieren zu können, wie<br />
es vor Corona der Fall war. <strong>Das</strong>s<br />
Auftritte von Plattlergruppen, Chören,<br />
Volks- und Blasmusikgruppen<br />
eine große Bereicherung <strong>für</strong> Land<br />
und Leute sind, ist in jedem Falle<br />
unbestritten. Ein Paradebeispiel <strong>für</strong><br />
bayerisches Lebensgefühl durfte<br />
Max Kriesmair Ende Mai nach langer<br />
Zeit mal wieder selbst erleben.<br />
Als die Außengastronomie öffnen<br />
durfte, fuhr er kurzerhand mit seiner<br />
Frau zum Essen – beim Strobelwirt<br />
in Oberhausen gab’s nicht nur<br />
Schweinshaxe und frischgezapftes<br />
Bier. Hinter der Biergartenhecke<br />
probten die aktiven Mitglieder der<br />
Oberhauser Musikanten. Ein fast<br />
vergessenes Erlebnis mit Gänsehaut-Charakter.<br />
js<br />
juli / august <strong>2021</strong> | 43<br />
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