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1. Juli 2021<br />
<strong>Simbacher</strong> <strong>Anzeiger</strong><br />
Nr. 13/2021<br />
Sogar der Orient-Express machte Halt<br />
Teil 3<br />
Von Marianne Madl<br />
Nach der Freigabe der Bahnstrecke München-Simbach-Braunau-Wien<br />
am 1. Juli<br />
1871 verkehrten vorerst täglich drei Züge<br />
zwischen München und Simbach mit Anschluss<br />
nach Österreich.<br />
Ein Personenzug und dazu zwei gemischte<br />
Züge, bestückt mit Personen- und<br />
Güterwagen und einem Postwagen als Anhang.<br />
Diese gemischten Züge nannte man<br />
im Volksmund kurz „Postzug“. Bald überstieg<br />
vor allem der Güterverkehr die vorgegebene<br />
Kapazität und es wurden zwei eigene<br />
Güterzüge auf der Strecke eingesetzt.<br />
Doch das sprunghafte Ansteigen<br />
ging weiter rasch voran und bereits im November<br />
1887 wurde die Einlegung eines<br />
dritten Güterzuges von München nach<br />
Simbach geplant.<br />
Besonders die Getreideeinfuhr aus Ungarn<br />
war es, die mehr und mehr über Simbach<br />
geleitet wurde. Aber auch der Viehumschlag<br />
nahm zunehmend größere Ausmaße<br />
an. Von Jahr zu Jahr stieg dieser und<br />
bald wurde das deutsche Hauptkontingent<br />
des Viehimports aus Österreich-Ungarn<br />
über Simbach importiert. Aus einer Statistik<br />
des Jahres 1894 geht hervor, dass im<br />
ers ten Halbjahr 636 Pferde, 15 022 Ochsen<br />
und 9382 Schweine in 1503 Waggons auf<br />
dem Güterbahnhof von Simbach eintrafen.<br />
Eine Aufzeichnung aus dem Jahre 1900<br />
zeigt, dass der Bahnhof Simbach, gemessen<br />
am Versand von Rind, unter allen bayerischen<br />
Bahnhöfen mit insgesamt 41 539<br />
Stück Vieh an erster Stelle lag. Im allgemeinen<br />
Güterverkehr lag Simbach nach Passau,<br />
Landshut und Straubing an vierter<br />
Stelle in ganz Niederbayern.<br />
Orient-Express machte Halt in Simbach<br />
Auch der Personenverkehr nahm ständig<br />
zu, schließlich lief die Hauptverbindung der<br />
Landeshauptstadt München Richtung Österreich<br />
durch Simbach. Dementsprechend<br />
wählten viele Reisende diese Strecke als<br />
schnellste Verbindung was dazu führte,<br />
dass man sogar den neu eingesetzten Orient-Express<br />
über Simbach leitete. Eine<br />
erste Versuchsfahrt<br />
wurde im Oktober<br />
1882 durchgeführt<br />
und erwies sich als<br />
sehr zufriedenstellend<br />
und so wurde<br />
dieser sogenannte<br />
„Blitzzug“ der die<br />
Weltstädte Paris-<br />
München-Wien-Budapest-Belgrad-Konstantinopel<br />
verband<br />
ab Mai 1883 für zwei<br />
Fahrten pro Woche<br />
auf den Fahrplan gesetzt.<br />
Die Passagiere<br />
des Orientexpresses<br />
mussten auf ihrer<br />
Reise von Paris nach<br />
Konstantinopel –<br />
dem heutigen Istanbul<br />
– zur Passkontrolle<br />
einen Halt in Simbach<br />
machen und<br />
manch hohe Prominenz<br />
der Kaiserzeit<br />
vertrat sich auf dem<br />
Pflaster des Bahnsteigs<br />
die Beine. Darunter<br />
mehrmals die<br />
österreichische Kaiserin<br />
Elisabeth „Sissi“,<br />
ihre Tochter Erzherzogin<br />
Valerie, das<br />
belgische Königspaar,<br />
der bayerische<br />
Prinzregent Luitpold,<br />
König Alexander von<br />
Serbien mit seinem<br />
Vater Exkönig Milon<br />
und als wohl prominentester<br />
Deutscher der damaligen Zeit<br />
Kaiser Wilhelm, den die Einheimischen<br />
dicht gedrängt mit einem euphorischen<br />
„Hoch“ begrüßten. 13 Jahre lang befuhren<br />
die großen internationalen Fernschnellzüge<br />
die Strecke. Nach Fertigstellung der<br />
doppelgleisigen Anlage auf der Strecke<br />
München-Salzburg über Freilassing im Jahre<br />
1896 wurden sie dann dorthin geleitet.<br />
Kaiserin Elisabeth und Kaiser Wilhelm passierten mit dem Orient-<br />
Express Simbach<br />
Mit Volldampf ins 20. Jahrhundert<br />
Die Zusammenarbeit mit der österreichischen<br />
Bundesbahn war von Anfang an bedeutend<br />
für den <strong>Simbacher</strong> Bahnhof. Hier<br />
war auch das Hauptzollamt untergebracht<br />
und das Postamt hatte Räume angemietet<br />
bis 1908 ein eigenes Gebäude errichtet<br />
wurde. Der Verkehr nahm zu und damit<br />
13 Jahre fuhr der legendäre Orient-Express über Simbach/Braunau