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2021/07 |Unternehmen #78 | Ausgabe Juli 2021 | !

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TITELTHEMA unternehmen [!]<br />

Die Zukunft des Autostandorts<br />

Deutschland<br />

liegt in der Entwicklung.<br />

„Produktionsstandorte<br />

werden wir kaum ausbauen“,<br />

sagt Stefan Reindl.<br />

brüche leichter abfedern – sowohl in Bezug auf den<br />

Absatz als auch in Bezug auf Lieferketten.<br />

Wo sehen Sie weitere Nachteile der deutschen Autoindustrie?<br />

Wir sind schlichtweg zu teuer. Das hat sehr viel mit<br />

Löhnen und Gehältern, aber auch mit Energiekosten<br />

zu tun. Spanien und Italien haben beispielsweise<br />

deutlich an Bauteil-Stückzahlen zugelegt, weil<br />

es deutlich günstiger ist, dort zu produzieren.<br />

Was ist mit den Lieferketten?<br />

Die Problematik lässt sich nicht einfach lösen, weil<br />

die Autoindustrie global getrieben und aufgestellt<br />

ist. Aufgrund der Erfahrungen in der Corona-Krise<br />

und der aktuellen Halbleiterproblematik werden<br />

die Unternehmen umdenken. Künftig wird es keine<br />

Schwerpunkte auf einzelne Zulieferer und Regionen<br />

geben.<br />

Sondern?<br />

Stattdessen wird man versuchen, auch hier breiter<br />

zu streuen. Schon häufig standen in der Vergangenheit<br />

zeitweise die Bänder still, weil einzelne Teile<br />

oder Module nicht verfügbar waren…<br />

Wobei das von der sehr hohen Spezialisierung<br />

der Zulieferer rührt…<br />

Natürlich. Die Problematik ist bekannt. Ein Single<br />

Sourcing bringt immer auch ein großes Risiko<br />

mit. Man wird aber in Zukunft stärker aufpassen.<br />

Steuern Hersteller und Zulieferer bereits um?<br />

Die Frage ist, wie sehr sie umsteuern müssen.<br />

Der Chip-Mangel beispielsweise ist letztlich auch<br />

eine Auswirkung der Corona-Pandemie, zumindest<br />

wurde er dadurch verstärkt. Aufgrund des<br />

Nachfragerückgangs von Seiten der Automobilindustrie<br />

haben die Zulieferer zusätzliche Nachfrage<br />

durch die Unterhaltungs- und Medizinbereiche<br />

erhalten. Dass der Automobilumsatz durch<br />

China so schnell wieder hochfährt, hatte kaum<br />

jemand auf dem Zettel.<br />

Wie wirkt sich die Gemengelage aus zu hohen<br />

Kosten, Transformation und Digitalisierung aufs<br />

Autoland Baden-Württemberg und die Beschäftigung<br />

aus?<br />

Das wird spannend. Schon allein die Elektromobilität<br />

wird einen Teil der Arbeitsplätze in der<br />

Produktion kosten. Das lässt sich nicht verhindern,<br />

da weniger bewegliche Teile, weniger beschäftigungsintensiv<br />

verbaut werden können.<br />

Auf der anderen Seite brauchen wir neues Knowhow<br />

in Sachen Digitalisierung. Wir müssen wieder<br />

zum Innovationstreiber werden. Unsere<br />

Fahrzeuge strahlen das in ihrer Wertigkeit aus.<br />

Aber?<br />

Wir müssen das jetzt auf die Antriebe und die<br />

digitalen Elemente übertragen und in den Mittelpunkt<br />

rücken bis hin zum autonomen Fahren.<br />

Auch und vor allem, um die Beschäftigung zu sichern.<br />

In der Entwicklung liegt unsere Zukunft.<br />

Produktionsstandorte werden wir in Deutschland<br />

kaum ausbauen. Das geschieht woanders.<br />

Aktuell sind rund 820 000 Menschen in<br />

Deutschland in der Automobilindustrie beschäftigt.<br />

Wie viele werden es in zehn Jahren noch<br />

sein?<br />

Wenn wir isoliert auf die Elektromobilität und<br />

die verstärkte Automatisierung der Produktion<br />

schauen – also alles was unter den Begriff Industrie<br />

4.0 fällt – glaube ich schon, dass wir in den<br />

nächsten Jahren 20 bis 30 Prozent der Arbeitsplätze<br />

verlieren werden. Wobei es stark davon<br />

abhängt, wie schnell die Elektroautos weltweit<br />

Anklang finden. Parallel werden wir an anderer<br />

Stelle aber auch Beschäftigung aufbauen, durch<br />

neue Geschäftsmodelle und digitale Elemente.<br />

Was muss sich dafür ändern?<br />

Wir werden andere Qualifizierungsschwerpunkte<br />

brauchen, auch weil wir den Automobil-Baustein<br />

nicht unabhängig von anderen Mobilitätskonzepten<br />

analysieren können. Der Dienstleistungs-<br />

und Softwarebereich wird wachsen. Daher<br />

ist eine isolierte Betrachtung nicht sinnvoll.

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