SOM- 4_2021
Logopädie, Pflanzen, Probiotika
Logopädie, Pflanzen, Probiotika
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Pflanzenportrait
pflanze wurde eher bei Brustfellentzündung und bei einer als
Vich (Vicht) bezeichneten Krankheit verwendet, einer Art Vorkrebserkrankung
(Präkanzerose).
Im 17. Jahrhundert schrieb der englische Apotheker, Arzt und
Astrologe Nicholas Culpeper über den Baldrian: „Er ist eine
treffliche Arznei, den Stuhlgang zu befördern, wenn andere
Mittel versagen. Er ist hülflich für Kopfschmerzen, Zittern, Zuckungen,
hysterische Leiden und die Schwermut.“
Heute:
beruhigende Wirkung im Vordergrund
Heutzutage sehen wir im Baldrian ganz andere Vorzüge: allen
voran seine beruhigende Wirkung. Beginnend im 18. Jahrhundert
wird Baldrian als Beruhigungsmittel sowie zur Behandlung
von Stress und Nervosität verwendet. Er gilt heute als eines der
besten und am meisten genutzten pflanzlichen Sedativa. Pharmakologisch
sind dabei praktisch ausschließlich die Baldrianwurzeln
interessant. Heute kennt man mehr als 150 chemische
Wirkstoffe, die im Baldrian enthalten sind. Viele Wissenschaftler
halten es für wahrscheinlich, dass erst die Kombination dieser
Stoffe die Baldrian-typische Wirkung ergibt, weil sie sich
synergetisch gegenseitig ermöglichen und verstärken.
Die hauptsächlichen Inhaltsstoffe des Baldrians sind die ätherischen
Öle Valenol, Valeriansäure, Valerensäure, weitere Stoffe
aus der Gruppe der Valepotriate sowie einige wenige Alkaloide.
Die Inhaltsstoffe des Baldrians wirken auf den Organismus:
▶ schlaffördernd
▶ beruhigend
▶ angstlösend
▶ spasmolytisch (entkrampfend)
Valerensäure beispielsweise hat eine spasmolytische, angstlösende
sowie muskelentspannende Wirkung und wirkt direkt
auf das Zentralnervensystem ein. Die schlaffördernden und
entspannenden Eigenschaften des Baldrians führt man auf die
Wechselwirkungen vieler verschiedener Stoffe zurück (u. a. Valepotriaten),
auch wenn diese bis heute noch nicht in allen Einzelheiten
erforscht sind.
Baldrian gilt als ein klassisches Nervenberuhigungsmittel mit
beruhigend-ausgleichender, entspannender Wirkung – ohne
das Nervensystem zu betäuben oder die Leistungsfähigkeit einzuschränken.
Indem Baldrian hilft, die innere Unruhe zu besiegen
und Nervenbahnen zu lockern, ermöglicht er auch den
Organen eine entspannte Arbeitsweise.
In der durch Baldrian gewonnenen Erholungsphase sollte nun
Kraft geschöpft werden, um dem Grund der Unruhe auf die
Spur zu kommen – und entsprechend Abhilfe zu schaffen.
Baldrian bei der Zahnbehandlung
Es ist leider immer noch eine weit verbreitete Erscheinung, dass
Patient*innen Angst vor dem Zahnarztbesuch haben. Die Gründe
sind bekanntermaßen vielfältig und beginnen oft schon mit
traumatischen Ereignissen in der Kindheit. Daher sollte man
meinen, dass vor allem ältere Patient*innen betroffen sind, weil
zu ihrer Zeit die Zahnmedizin noch nicht so weit entwickelt war
wie heute. Wer als Kind einmal auf einem Zahnarztstuhl saß,
bei dem der Bohrer noch per Fußpedal bedient wurde, um die
Drehzahl zum Bohren zu erreichen, wird sich nur sehr ungern
daran erinnern – selbst wenn natürlich auch damals Hilfe das
Ziel war und so ein Gerät medizinisch bis in die 1960er-Jahre
als State-of-the-Art galt. Interessanterweise haben aber auch
viele junge Menschen Angst vor der Zahnbehandlung. Hier
verspricht Baldrian Linderung des psychologischen Drucks, der
Sorge, der Angst.
Und in akuter Lage bewährt sich Baldrian auch bei der Behandlung
von Schmerzen. Das können einerseits Zahnschmerzen
sein, z. B. aufgrund von unbehandeltem Zahnkaries oder einer
Entzündung an der Zahnwurzel oder im Kieferknochen. Aber
auch eine Reihe von anderen Erkrankungen und Phänomenen
lösen Schmerzen aus, die in den Kiefer ausstrahlen können, darunter
Kopfschmerzen, Angina Pectoris, Gürtelrose, Migräne,
Muskelverspannungen und Entzündungen.
Baldrian ist beruhigend und schmerzstillend. Darüber hinaus
wirkt sich Baldrian auch positiv auf das Seelenleben aus, weil
er dabei helfen kann, Einschlafstörungen, Depressionen, Resignation
und Reizbarkeit, ausgelöst durch starke Zahnschmerzen,
zu beheben. Nicht zuletzt empfinden viele Menschen Schmerzen
als seelisch äußerst belastend; auch hier kann Baldrian ausgleichend
wirken.
Baldrian kann dabei als Tee, Tinktur oder als Pulver eingesetzt
werden. Sollte es zu einer akuten Schlaflosigkeit kommen, empfiehlt
es sich, vor dem Schlafengehen einen Tee aus Baldrian,
Hopfen, Beifuss und Melisse zu trinken. Diese Hausmittel auf
pflanzlicher Basis versprechen eine rasche Verbesserung des
Leidens und können auf dem Weg der Schmerztherapie begleitend
eingesetzt werden.
In leichten Fällen kann man sich auch vor dem Zahnarztbesuch
mit Entspannungstees oder Tropfen aus Lavendelblüten, Baldrian,
Passionsblume und Hopfen gegen die aufziehende Furcht
mental stärken.
Bruxismus
Schlafbruxismus wird als schlafbezogene Bewegungsstörung
angesehen, die in ähnlicher Weise mit dem Restless-Legs-Syndrom
und periodischen Bewegungen der Gliedmaßen klassifiziert
wird.
Baldrianwurzel verbessert nachweislich die Schlafqualität. Baldrian
enthält zwei Substanzen: Valepotriate und Sesquiterpene.
Ersteres, das zur Standardisierung des Arzneimittels verwendet
wurde, ist zytotoxisch. Letzteres hat keinen solchen Effekt. Beide
haben eine beruhigende Wirkung.
An einem Präparat, das hauptsächlich Sesquiterpene enthält,
wurde ein Doppelblindtest durchgeführt. Im Vergleich
zu Placebo zeigte es eine gute und signifikante Wirkung auf
46 Systemische Orale Medizin · 10. Jahrgang 4/2021