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baby&co 03/2022

BABY&CO ist die Zeitschrift, die junge Familien von der Zeit des Kinderwunsches über die Schwangerschaft bis in die ersten Lebensjahre des Kindes liebevoll begleitet und unterstützt. Eine bewegende Zeit voller Emotionen und neuer Eindrücke! Ob es um die richtige Ernährung und Pflege geht, um Geburtsvorbereitung, das erste Kinderzimmer, die optimale Förderung, um Erziehung oder Kitas: Unsere Leser finden eine große Bandbreite an nützlichen Tipps und Hilfestellungen von Experten für die neue Lebenssituation.

BABY&CO ist die Zeitschrift, die junge Familien von der Zeit des Kinderwunsches über die Schwangerschaft bis in die ersten Lebensjahre des Kindes liebevoll begleitet und unterstützt. Eine bewegende Zeit voller Emotionen und neuer Eindrücke!
Ob es um die richtige Ernährung und Pflege geht, um Geburtsvorbereitung, das erste Kinderzimmer, die optimale Förderung, um Erziehung oder Kitas: Unsere Leser finden eine große Bandbreite an nützlichen Tipps und Hilfestellungen von Experten für die neue Lebenssituation.

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Die Unterlippe ist vorgeschoben, das kleine<br />

Gesicht hochrot und aus den Augen kullern<br />

dicke Tränen, während die Hände sich zu<br />

Fäustchen ballen: Wenn Kleinkinder wütend<br />

sind, dann sind sie es mit Körper und<br />

Seele – und ohne jedes Wenn und Aber. Ob<br />

der Lolli in den Sand gefallen, das Kleine<br />

selbst unsanft auf den Po geplumpst ist<br />

oder Mama zum falschen Zeitpunkt mit<br />

der Zahnbürste ankommt: Die Katastrophe<br />

ist stets riesengroß und allumfassend<br />

– und wird mit entsprechendem Geheul<br />

kommentiert.<br />

Auch wenn alle Väter und Mütter diese<br />

Mini-Erdbeben gewohnt sind – leicht zu<br />

verkraften sind sie deswegen nicht. Nicht<br />

nur, weil ein Kind, das sich zwischen Supermarktregalen<br />

wütend auf dem Boden<br />

wälzt, automatisch einen gewissen Stress<br />

bedeutet, sondern auch, weil jeder verzweifelte<br />

Schluchzer dem Elternherz einen<br />

kleinen Stich versetzt. Gelassen, geduldig<br />

und beruhigend sollten wir reagieren – was<br />

nicht immer einfach ist.<br />

MIT ZORN ZUM ICH<br />

Was dabei hilft, ist, sich vor Augen zu<br />

führen, dass der große Zorn der kleinen<br />

Menschen zu ihrer gesunden Entwicklung<br />

schlicht dazugehört. „Kleinkinder erfahren<br />

bei Wutanfällen die Grenzen ihres<br />

eigenen Ichs und entwickeln dadurch ein<br />

Bewusstsein ihrer Individualität“, erklärt<br />

die Diplom-Psychologin Dr. Angelika<br />

Faas. Anders gesagt: Ein Kind, das eigene<br />

Wünsche und Bedürfnisse erkennt und<br />

versucht, sie auch gegen die Widerstände<br />

seiner Umwelt durchzusetzen, findet<br />

so zu einer eigenen Persönlichkeit. Ein<br />

wichtiges Entwicklungsstadium, das in<br />

den sogenannten „Trotzphasen“ seine<br />

natürlichen Höhepunkte erreicht (siehe<br />

dazu auch Kasten, S. 32).<br />

Dass diese „Grenzerfahrungen“ von den<br />

Kleinen selbst als so dramatisch erlebt<br />

werden, liegt vor allem daran, dass ihnen<br />

noch ein System zur Einordnung ihrer<br />

Erlebnisse fehlt: „Für ein Anderthalb- oder<br />

Zweijähriges ist jeder Tag voller Premieren.<br />

So vieles geschieht zum ersten Mal – kein<br />

Wunder, wenn noch die Maßstäbe fehlen,<br />

um Geschehnisse richtig einzuschätzen“,<br />

sagt Angelika Faas.<br />

Dazu kommt, dass Kleinkindern viele Fähigkeiten,<br />

die bei der Stressbewältigung<br />

hilfreich sind, noch weitgehend fehlen:<br />

Sie können sich gegen Eindrücke von außen<br />

noch nicht gut abschotten und fühlen sich<br />

deshalb schnell überreizt. Außerdem können<br />

sie kaum Geduld aufbringen, weil es<br />

ihnen an Zeitgefühl mangelt: Ein Vorhaben<br />

um eine Stunde zu verschieben, bedeutet<br />

für ein Zweijähriges, es in unerreichbare –<br />

weil unvorstellbare – Ferne zu verbannen.<br />

Gleichzeitig hat das Kind noch nicht<br />

gelernt, dass es langfristig sinnvoll sein<br />

kann, die Befriedigung von Bedürfnissen<br />

aufzuschieben. Es will ein interessantes<br />

Spielzeug sofort untersuchen, nicht erst,<br />

wenn ein anderes Kind es freiwillig hergibt.<br />

Es will eine Nascherei sofort in den Mund<br />

stecken und nicht erst, wenn das Mittagessen<br />

zu Ende ist. Ein frustrierendes Nein<br />

zu akzeptieren und die eigenen Wünsche<br />

aus Vernunftgründen zurückzustellen, ist<br />

einem unter Drei jährigen noch kaum möglich.<br />

Tatsächlich dauert die Entwicklung<br />

dieser wichtigen Kompetenzen meist bis<br />

in die Erwachsenenzeit an.<br />

Und schließlich müssen Kleinkinder immerzu<br />

damit klarkommen, dass es ihnen noch<br />

an Geschicklichkeit oder den körperlichen<br />

Voraussetzungen fehlt, um selbst gesteckte<br />

Ziele zu erreichen. Ob es darum geht, die<br />

Treppe zu erklimmen, eine Brezel aus der<br />

Tüte zu holen oder die Jacke zuzuknöpfen<br />

– sie wollen es unbedingt „selba machen“<br />

und fühlen sich grundlos in ihrem Tatenund<br />

Entdeckerdrang ausgebremst, wenn die<br />

Großen sich in ihre Vorhaben einmischen.<br />

Einzusehen, dass Papa oder Mama sie nur<br />

vor Gefahren beschützen oder einfach nur<br />

rechtzeitig einen Bus erreichen wollen, ist<br />

ihnen noch gar nicht möglich. l<br />

<strong>03</strong>/<strong>2022</strong> BABY&CO 31

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