Traumarbeit Psychodynamik Psychotherapieforschung GLE-Akademie
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kende, das Leben schützende Gefühle wie z.B. Angst,<br />
Depression oder Übersprungshandlungen bemerkbar. Der<br />
Selbsterhaltungstrieb ist bei höheren Lebewesen in Form<br />
psychisch erlebter Dynamik repräsentiert (Triebe, Stimmungen,<br />
Affekte bzw. Copingreaktionen).<br />
Die existenzanalytische Betrachtung des Menschen<br />
macht neben diesem geläufigen auch noch einen anderen<br />
Zustrom zur psychodynamischen Kraft sichtbar, der ebenfalls<br />
einen wesentlichen Teil ihrer Dynamik ausmacht. Der<br />
Mensch ist nicht nur ein<br />
von Natur aus Getriebener,<br />
sondern auch ein autodeterminierendes,<br />
sich<br />
selbst gestaltendes Wesen.<br />
Diese determinierende Kraft<br />
hat eine andere Herkunft<br />
als die psychische Energie,<br />
die aufs engste mit der somatischen<br />
verbunden ist.<br />
Die geistige Kraft ist vergleichbar<br />
mit dem<br />
Schwachstrom, mit dem ein<br />
Relais den Starkstrom<br />
schalten kann, oder mit der<br />
Software eines Computers,<br />
die auf der Hardware aufgespannt<br />
ist. Sie kann kraft<br />
der Energie des Hardwareapparates<br />
funktionieren, ist<br />
aber von der Hardware bezüglich<br />
der Art ihrer Operationen<br />
und Ergebnisse inhaltlich<br />
unabhängig (wenn<br />
auch nicht unbeeinflußt).<br />
Ob Computerspiele, Textverarbeitung<br />
oder statistische<br />
Berechnungen gemacht<br />
werden und wie diese Operationen<br />
angelegt sind und<br />
welche Ergebnisse sie liefern,<br />
ist durch das<br />
Softwareprogramm festgelegt.<br />
Die Bedingung ist nur,<br />
daß das Softwareprogramm<br />
den Voraussetzungen der<br />
Hardware angepaßt ist. Länge und Umfang der Operationen,<br />
die durch die Software vorgegeben sind, hängen von<br />
der Hardware ab.<br />
Diese bildhaften Analogien sollen deutlich machen,<br />
daß der Mensch durch seine existentiellen Haltungen eine<br />
Modulation der vitalen Verfaßtheit vornehmen kann. Diesen<br />
Einfluß kann man sich rasch verdeutlichen, wenn man<br />
daran denkt, daß z.B. nur derjenige, der tatsächlich leben<br />
will, auf Dauer lebenserhaltende Triebe und Stimmungen<br />
aufbringen wird. Auch Haltungen dem Partner, der Beziehung,<br />
den Kindern, dem Beruf gegenüber geben Anlaß zu<br />
Gefühlen der Lust, des Neids, der Eifersucht, der Angst,<br />
20 EXISTENZANALYSE 1/98<br />
ORIGINALARBEIT<br />
der Bedrückung und führen zu entsprechenden<br />
Copingreaktionen. Natürlich greifen die Grundhaltungen<br />
zur Existenz stärker in die <strong>Psychodynamik</strong> ein als Haltungen<br />
in der täglichen Lebensbewältigung (die erst ein paar<br />
“Stockwerke tiefer” an den Grundhaltungen angebunden<br />
sind). Als Grundhaltungen zur Existenz haben wir vier<br />
beschrieben, die wegen ihres maßgeblichen Einflusses auf<br />
die Lebensgestaltung eine starke motivationale Kraft darstellen<br />
und daher als “personal-existentielle Grundmotivationen”<br />
bezeichnet<br />
werden (z.B. Längle<br />
1997a, 17 f.; 1997b,<br />
153 ff.). Es sind dies<br />
die Haltung zum Dasein<br />
(zur Gegebenheit<br />
des Daseins stehen),<br />
die Haltung zum Leben<br />
(zum Wert des Lebens<br />
stehen), die Haltung zu<br />
sich selbst (Wertschätzung<br />
des Selbst) und<br />
die Haltung zum Sinnhaften<br />
(Offenheit für<br />
die Zukunft) im Leben.<br />
(Natürlich sind zur<br />
Ausbildung dieser vier<br />
Grundhaltungen auch<br />
entsprechende Grunderfahrungen<br />
wie Verläßlichkeit,Lebenswert,<br />
Wertschätzung<br />
der Person und Sinnerfahrungen<br />
notwendig.<br />
Die Unerläßlichkeit<br />
dieser Erfahrungen für<br />
die Ausbildung personaler<br />
Existenz entfaltet<br />
eine Grunddynamik, die<br />
als Grundmotivation<br />
hinter den Alltagsmotivationen<br />
steht.)<br />
Die vier Grundbedingungen<br />
für personale<br />
Existenz steuern<br />
(neben einem Anteil an<br />
der Dynamik der Psyche) insbesondere zur Modulation der<br />
psychischen Dynamik hinsichtlich ihrer Polung bzw. Richtung<br />
bei. Verändern sich die Hintergrundfolien der existentiellen<br />
Grundbedingungen, sind also beispielsweise die Voraussetzungen<br />
für das Dasein-Können, den Lebenswert usw.<br />
nicht erlebbar, so verändert sich auch die Richtung der<br />
<strong>Psychodynamik</strong>, die das existentielle Bedrohtsein vital erfaßt<br />
und die <strong>Psychodynamik</strong> darauf ausrichtet, die fehlende<br />
oder bedrohte existentielle Grundbedingung aufzufüllen.<br />
Ist z.B. die Haltung zum Dasein auf wackeligem Boden, so<br />
daß das Gefühl eines ganz-menschlichen Gehaltenseins, das<br />
auch einen geistigen Halt miteinschließt, nicht gegeben ist,<br />
EXISTENZANALYTISCHE PSYCHODYNAMIK -<br />
EINE LEXIKALISCHE KURZFASSUNG<br />
<strong>Psychodynamik</strong>, existenzanalytische. Bezeichnung für das<br />
Kräftespiel der psychischen Dimension (vgl. Anthropologie)<br />
und der Funktion des Psychischem im Kontext personaler<br />
Existenz. Der Psyche kommt die Funktion zu, die vitalen<br />
Voraussetzungen der Existenz erlebnismäßig zu repräsentieren<br />
und so das Bindeglied zwischen dem geistigen und<br />
dem leiblichen Dasein zu bilden mit der Aufgabe, das<br />
Wohlbefinden des Menschen und die Erhaltung des vitalen<br />
Lebens zu hüten (führt zu Copingreaktionen).<br />
Konkret repräsentiert die Psyche das Fühlen des körperlichen<br />
Befindens (Erleben von Vitalität und Triebhaftigkeit)<br />
und des existentiellen Gesamtbefindens (psychische<br />
Gestimmtheit, vgl. Emotionstheorie).<br />
Das psychische Erleben erhält seine Dynamik nicht nur<br />
aus der selbst- und arterhaltenden Eigengesetzlichkeit, sondern<br />
auch aus den existentiellen Haltungen (Einstellungen),<br />
die der Mensch bezüglich der Grundbedingungen des Existieren-Könnens<br />
einnimmt (Grundmotivationen) und der<br />
<strong>Psychodynamik</strong> die Richtung geben. Nur wer beispielsweise<br />
tatsächlich leben will, wird auf Dauer lebenserhaltende<br />
Triebe und Stimmungen aufbringen.<br />
<strong>Psychodynamik</strong>, die nicht personal integriert ist, führt<br />
zu einem Mangel an Existentialität. Das Verhalten des Menschen<br />
wird dann zunehmend von (psychischen) Reaktionen<br />
und (somatischen) Reflexen bestimmt, die das akthafte (entschiedene<br />
und verantwortete) Handeln ersetzen. Der therapeutische<br />
Zugang zur <strong>Psychodynamik</strong> geschieht mittels der<br />
Personalen Existenzanalyse und spezifischem Bearbeiten<br />
der Grundmotivationen.