Traumarbeit Psychodynamik Psychotherapieforschung GLE-Akademie
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BUCHBESPRECHUNG<br />
WERNER EBERWEIN - GERHARD SCHÜTZ<br />
Die Kunst der Hypnose. Dialoge mit dem Unbewußten<br />
Junfermann Verlag, Paderborn, 1996, 270 S.<br />
Die beiden Autoren haben hier ein flüssig lesbares Buch<br />
auf den Markt gebracht. Es ist in einem erzählenden bzw.<br />
kommunikativen Stil geschrieben, der im Leser den Eindruck<br />
entstehen läßt, man säße mit den Autoren zusammen<br />
in einem Seminar, lauscht aufmerksam ihren Darstellungen<br />
und tauscht sich aus. Das ist ein großes Plus dieses Buches.<br />
Auch die Grundzüge der Hypnose werden in einer<br />
möglichst offenen Darstellungsweise beschrieben. Die Autoren<br />
verzichten auf eine theoretische Einführung, statt<br />
dessen setzen sie an der unmittelbaren Alltagserfahrung des<br />
Lesers an, dort, wo jeder ganz natürlicherweise Trance- und<br />
Hypnoseerfahrungen hat. Im weiteren wird der Leser an die<br />
Hand genommen und Schritt für Schritt näher an die Phänomene<br />
der Hypnose herangeführt. Dies erweist sich besonders<br />
im Kontext des gesamten Buches als ein sinnvolles<br />
Procedere, werden dadurch doch mögliches Mißtrauen<br />
und Widerstände gegenüber der Hypnose abgebaut. Es ist<br />
ein Vertrautheit und Vertrauen schaffendes Vorgehen, das<br />
ja letztendlich befähigen soll, die Anleitungen zur Selbsthypnose<br />
umzusetzen - so auch die Verheißung auf dem<br />
Buchcover.<br />
Dennoch, so ganz ohne Hintergrund kommt auch das<br />
praktischste Buch nicht aus. So werden die markantesten<br />
Unterschiede zwischen klassischer und Ericksonscher Hypnose<br />
beschrieben, der direkten und der indirekten Form. Die<br />
Darstellung rückt vor allem ein Verständnis des sozialen<br />
und mitmenschlichen Umgangs im historischen Kontext der<br />
Entstehungszeit beider Hypnoseformen in den Mittelpunkt.<br />
Unversehens sind auch jede Menge recht spezifischer<br />
Annahmen über das Unbewußte und seiner Wirkungsweise<br />
im Raum und bleiben auch da. In dieser Selbstverständlichkeit<br />
wirkt es unbedarft und hätte entweder einer theoretischen<br />
Reflexion bedurft oder Mut zu einer noch phänomenologischeren<br />
Beschreibung. Das hätte dann sehr interessant<br />
werden können.<br />
Die beiden Autoren folgen in ihren weiteren Ausführungen<br />
der indirekten Form der Hypnose nach Milton H.<br />
Erickson. Es wird das Wesentliche einer indirekten Tranceinduktion<br />
beschrieben, ebenso spezifische Vorgangsweisen<br />
wie Pacing und Leading.<br />
Das nächste Kapitel beschreibt detailreich “was man<br />
in Trance alles erleben kann” oder eher noch, was man in<br />
Trance bewirken kann: Verwirrung, Vermischung von<br />
Sinneskanälen, Umdeutung (Reframing) von Ereignissen<br />
bezüglich Kontext und Inhalt, suggerierte Bewegungen,<br />
Posthypnose, suggeriertes Vergessen, Erinnern vergessener<br />
Ereignisse, Schmerzverminderung und Schmerzausschaltung,<br />
Hypnose bei psychosomatischen Beschwerden,<br />
Dialog mit Symbolen, Rückführung in die Kindheit und<br />
Durchleben traumatischer Erlebnisse, Gruppenhypnose.<br />
In den kurzen Fallgeschichten vermischt sich die Hypnose<br />
mit NLP-Techniken, sind doch beide Autoren auch<br />
NLP-Master. Und da wird aus der suggestiven Methode<br />
eine überaus manipulative. Hier scheint mir die Hoffnung<br />
auf schnelle Wirkung bzw. Erfolg zu bedenklichen Verbiegungen<br />
der Patientenwirklichkeit zu verführen.<br />
Im 2. Teil wird das Buch noch praktischer und gibt in<br />
einer Schritt-für-Schritt-Anleitung zur Selbsthypnose die<br />
Aktivität an den Leser weiter.<br />
Die Lektüre des Buches läßt einen eigenartigen Zwiespalt<br />
zurück. Die Darstellung der Hypnose bleibt in der Beschreibung<br />
des Handwerklichen hängen, ihr Menschenbild,<br />
die Anthropologie dahinter bleibt beliebig. So öffnet sie<br />
einen breiten Verstehens- und Deutungsspielraum vom NLP<br />
bis zur Esoterik. Für jeden sind Anknüpfungspunkte vorgezeichnet.<br />
Und weiters - vielleicht auch mit der mangelnden<br />
Anthropologie in Zusammenhang - verwundert es, daß<br />
in Hypnose alles so leicht gehen soll. Ob es sich um traumatische<br />
Erlebnisse oder psychosomatische Störungen handelt,<br />
es wird der Eindruck vermittelt, daß durch den Schritt<br />
ins Unbewußte sich alles mühelos regelt. Gerade in der<br />
manipulativen Vorgangsweise wird dem Patienten auch<br />
noch eine eigene Stellungnahme abgenommen. Während der<br />
Patient in Trance ist, richtet der Hypnotherapeut die Probleme<br />
für den Patienten - wenn er aufwacht, ist alles erledigt.<br />
In den Hinweisen auf die therapeutische Anwendung<br />
greift das Buch sicherlich zu kurz. Es ist eher ein Probierund<br />
Experimentierbuch.<br />
Die Autoren betonen ihre Achtung und ihren Respekt<br />
vor der Person des zu Hynotisierenden und beschreiben die<br />
Hypnose als ein effizientes Mittel zur Heilung und zur<br />
Linderung von Schmerz. Nur - ob alles so einfach geht?<br />
Silvia Längle<br />
EXISTENZANALYSE 1/98 47