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Traumarbeit Psychodynamik Psychotherapieforschung GLE-Akademie

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Lebensbezüge. In der Vernetzung von<br />

Traumerkenntnissen mit der Wirklichkeit<br />

werden neue Möglichkeiten entdeckt<br />

und so der Gestaltungsraum erweitert.<br />

Therapeutische Haltung und<br />

Vorgehensweise mit der Umsetzung<br />

der Traumbotschaft<br />

Der Traum wartet nun auf die ganz<br />

persönliche Antwort, auf die Ausführung<br />

in der Realwelt. “Der Umgang<br />

mit dem Traum wird zu einer ‘Existenzfrage’:<br />

erweitert sie doch in jedem<br />

Fall das Bewußtsein zur Entdeckung<br />

der eigenen Möglichkeiten” (Wyss<br />

1988, 293).<br />

Der Traum kann auf Existenzmöglichkeiten,<br />

Defizite, Ängste und<br />

Befürchtungen hinweisen. “Ohne sich<br />

vom Erlebten ansprechen zu lassen,<br />

ohne dem Gespürten und (vielleicht<br />

unbewußt) Erspürten Raum zu geben<br />

und es in sich (im Gefühl) tragen zu<br />

können (sein lassen zu können) oder<br />

eventuell bewußt zu machen, kann der<br />

Mensch sein Leben nicht aufgreifen<br />

und leben” (Längle 1993, 150). In den<br />

Träumen wird dem unbewußt Gespürten<br />

Raum und Gestalt gegeben. Im<br />

Traumgespräch wird es aufgegriffen,<br />

bewußt gemacht und ins Leben gebracht.<br />

Durch das Bergen der Emotionalität<br />

und durch das Finden der Stellungnahme<br />

ist eine Spur aufgenommen<br />

worden. Über die Stimmigkeit, die bestätigend<br />

und ermutigend wirkt, wird<br />

nun die Chance der Erweiterung der<br />

personalen Fähigkeiten genutzt. Das<br />

Ansprechen ist schon eine Form der<br />

Gestaltung. Der Mut, Dinge auszusprechen,<br />

kann sie schon verändern.<br />

“Das Traumthema bildet das ‘An<br />

sich’ des aufscheinenden Wesens, seine<br />

jeweilige Gestaltung dann den Bezug<br />

des Individuums zu dem Thema”<br />

(Wyss 1988, 258). Was der Klient in<br />

Bezug setzt zu seinem Thema, hat mit<br />

seinem aktuellen Leben zu tun. Die<br />

Anbindung an reale Gegebenheiten und<br />

die Anbindung an therapeutische Inhalte<br />

werden bewußt gemacht. Was ist<br />

zur Zeit in der Therapie aktuell? Gibt<br />

es Träume, die ständig in verschiedenen<br />

Variationen zu einem Thema<br />

auftauchen? Was ist das Eigentliche,<br />

44 EXISTENZANALYSE 1/98<br />

was dahinter liegt? Ist es in der Wachbewußtheit<br />

aufgenommen und angenommen<br />

worden?<br />

Im Traum werden die Möglichkeiten<br />

des eigenen Handelns aufgezeigt.<br />

Der Träumer wird mit seinen<br />

eigenen Möglichkeiten konfrontiert. Es<br />

ist eine Herausforderung zur Entscheidung.<br />

Die Trauminhalte dienen der<br />

Selbsterfahrung, zeigen Erweiterungsmöglichkeiten<br />

auf und bringen der Person<br />

neue Aspekte der Selbstverwirklichung.<br />

Der Therapeut begleitet und stützt<br />

diesen Prozeß. Es gilt die Balance zu<br />

finden zwischen Überforderung und<br />

Herausforderung. Der Therapeut ermutigt<br />

den Klienten, ohne ihm Verantwortung<br />

abzunehmen.<br />

Der wachen Person geht es um die<br />

sinnvolle Lebensgestaltung. Das ist mit<br />

dem Auffinden von Werten und deren<br />

Umsetzung verbunden. In der existenzanalytischen<br />

Therapie ist das Wahrnehmen,<br />

Erspüren und Erleben von Werten<br />

grundlegend. Gerade in dieser<br />

Hinsicht bieten die Träume Möglichkeiten,<br />

diesen Prozeß zu unterstützen,<br />

zu fördern, in Gang zu bringen.<br />

Ausblick<br />

FORUM<br />

Träume gehen ihre eigene Wege, begleiten<br />

uns Nacht für Nacht, und sind<br />

gerade deswegen der Aufmerksamkeit<br />

wert, weil sie einen ergänzenden Einblick<br />

für die gesamte Existenz geben.<br />

Sie sind Ausdruck lebendiger Prozesse<br />

und Beziehungen.<br />

Die existenzanalytisch-phänomenologische<br />

<strong>Traumarbeit</strong> stellt einen<br />

Verständigungsversuch zwischen den<br />

zwei unterschiedlichen Erlebniswelten<br />

- der des Wachens und der des<br />

Träumens - dar. Primär vom Erleben<br />

und von der Emotionalität ausgehend,<br />

wird der Umgang mit dem Traum dem<br />

einzelnen Patienten durch das Auffinden<br />

seines authentischen Personseins<br />

gerecht. Traumerfahrungen sind ein<br />

Beitrag zur existentiellen Erhellung<br />

und geben ein tieferes Verständnis für<br />

innere Zusammenhänge.<br />

Die in diesem Artikel beschriebene<br />

Herangehensweise an Träume stellt<br />

eine Art Leitfaden dar und lädt zugleich<br />

ein, Träumen und Traumphänomenen<br />

auf die Spur zu kommen.<br />

Um noch mehr Aufschlüsse über Träume<br />

und ihre Wirkungen zu erhalten, ist<br />

es wichtig, Traumerfahrungen zu sammeln<br />

und aufzuzeichnen. Im Austausch<br />

mit anderen existenzanalytischen Therapeuten<br />

sollten Erfahrungen in Hinsicht<br />

auf verschiedene krankheitswertige<br />

Diagnosen und Träume bzw.<br />

Therapieverläufe und Träume festgehalten<br />

und dokumentiert werden.<br />

Für den Therapeuten heißt die Beschäftigung<br />

mit Träumen eine innere<br />

Haltung zu entwickeln, bei der Intuition,<br />

Spontaneität und Erfahrung gleichermaßen<br />

wichtig sind und helfen,<br />

den Patienten in seiner Gesamtheit zu<br />

verstehen. Diese Haltung und die Einbeziehung<br />

von Träumen in die Therapie<br />

führt nicht vom Menschen weg,<br />

sondern führt zu ihm hin. Der Traum<br />

und das Träumen sind Ausdruck des<br />

persönlichen Seelenlebens.<br />

Literatur<br />

Battegay R. u. Trenkel A.(Hrsg.) (1987)<br />

Der Traum aus der Sicht verschiedener<br />

psychotherapeutischer Schulen.<br />

Bern: Huber.<br />

Binswanger L. (1992) Traum und Existenz.<br />

Bern: Gachnang & Springer.<br />

Boss M. (1991): Es träumte mir vergangene<br />

Nacht. Bern: Huber.<br />

Buber M. (1994) Das dialogische Prinzip.<br />

Gerlingen: Lambert Schneider.<br />

Dieckmann H. (1994) Träume als Sprache<br />

der Seele. Waiblingen-Hohenacker:<br />

Bonz.<br />

Foucault M. (1992) Einleitung zu Traum<br />

und Existenz. Bern: Gachnang &<br />

Springer.<br />

Frankl V. E. (1988) Der unbewußte Gott.<br />

München: Kösel.<br />

Frankl V. E. (1987) Ärztliche Seelsorge.<br />

Frankfurt: Fischer.<br />

Frankl V. E. (1990):Der leidende Mensch.<br />

München: Piper.<br />

Frankl V. E. (1959) Grundriß der Existenzanalyse<br />

und Logotherapie. In:<br />

Logotherapie und Existenzanalyse<br />

(1987). München: Piper.<br />

Freud S. (1982) Die Traumdeutung. Frankfurt:<br />

Fischer.<br />

Funke G. (1993) Wozu brauchen wir eigentlich<br />

einen Personenbegriff? In:<br />

Bulletin der <strong>GLE</strong>, 1/1993.<br />

Funke G. (1994) Persönliche Mitschrift d.<br />

Traumseminars am Pilion, August 94

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