Traumarbeit Psychodynamik Psychotherapieforschung GLE-Akademie
Traumarbeit Psychodynamik Psychotherapieforschung GLE-Akademie
Traumarbeit Psychodynamik Psychotherapieforschung GLE-Akademie
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Methodik der <strong>Traumarbeit</strong><br />
Der Artikel - ein Auszug aus der Abschlußarbeit für die Ausbildung in<br />
Existenzanalyse - zeigt einen existenzanalytischen-phänomenologischen<br />
Zugang zu Träumen auf. Der Ausgangspunkt bei dieser <strong>Traumarbeit</strong><br />
ist immer die im Traum wahrgenommene Gestimmtheit und Emotionalität<br />
der Person. Der darüber aufgenommene Dialog mit dem Klienten<br />
versucht, die Tiefenperson des Träumers zu erreichen. Die ursprüngliche<br />
Berührtheit ist Ausdruck der Person und wird zum Anlaß der<br />
Auseinandersetzung. In der vorliegenden Arbeit soll speziell der Hinweischarakter<br />
von Träumen für die Entdeckung von Existenzmöglichkeiten<br />
und die Gestaltung von konkreten Lebenssituationen<br />
aufgezeigt werden.<br />
Die Personale Existenzanalyse von Alfried Längle wird als methodische<br />
Vorgehensweise angewendet, um die Emotionalität des Träumers<br />
zu heben. Für die therapeutische <strong>Traumarbeit</strong> werden dabei folgende<br />
Aspekte beschrieben: Traumbericht - Traumbilder - Traumgehalt -<br />
Traumbotschaft.<br />
Traumerfahrung in der<br />
existenzanalytischen Therapie<br />
Doris Kessler<br />
Einleitung<br />
Träume gehören zum Wesen des Menschen.<br />
Dem Träumer 1 offenbart sich<br />
eine Welt, seine Traumwelt, in die er<br />
Nacht für Nacht eintaucht. Damit erschließen<br />
sich ihm Bereiche seiner<br />
Persönlichkeit und seiner Erfahrungsund<br />
Lebenswelt, die ihm im Wachzustand<br />
verborgen bleiben können.<br />
Träume können verstanden werden<br />
als eine Begegnung mit sich selbst,<br />
mit seinen ureigensten Existenzmöglichkeiten.<br />
Ein solches Traumverständnis<br />
würde nahelegen, im Traum<br />
die Potentialität seines Personseins zu<br />
entdecken. Träume sind Äußerungen<br />
des Unbewußten. Das Unbewußte liefert<br />
das Traummaterial; dem Bewußtsein<br />
obliegt es, damit umzugehen: die<br />
Träume anzunehmen oder zu verwer-<br />
38 EXISTENZANALYSE 1/98<br />
FORUM<br />
fen, sie als Anstoß oder als Hemmnis<br />
zu bejahen oder zu verneinen.<br />
Der Träumer gibt sich zumindest<br />
im Traum den Raum für sein Betroffensein<br />
und für seine Berührbarkeit.<br />
Die im Traum wahrgenommene Emotionalität<br />
gibt Aufschluß über seine<br />
Wahrnehmungen und ist damit der Bezug<br />
zur realen Außenwelt. Durch das<br />
Zuwenden zu den Trauminhalten und<br />
das Zulassen der Traumstimmungen<br />
wird die Person des Träumers sichtbar.<br />
Das Wirksame der existenzanalytischen<br />
<strong>Traumarbeit</strong>, das was “sie so heilsam<br />
macht, ist ein tieferes Selbstverständnis<br />
durch Begegnung mit dem<br />
eigenen Leben im Modus der Evidenzerfahrung”<br />
(Kunert 1993, 203).<br />
Die existenzanalytisch-phänomenologische<br />
<strong>Traumarbeit</strong> besteht darin,<br />
einen Dialog mit dem Träumer aufzunehmen<br />
und damit die “Tiefen-<br />
person”, jene geistig-existententielle<br />
Person in ihrer unbewußten Tiefe, die<br />
Frankl als die “wahre Tiefen-Person”<br />
bezeichnet hat (Frankl, 1988, 20), zu<br />
erreichen. Über den Dialog mit dem<br />
Therapeuten kann der Träumer zu seiner<br />
Tiefe vordringen. Die im Traum<br />
sich zugesprochene Emotionalität wird<br />
mit dem Therapeuten im Gespräch neu<br />
konstituiert und damit der Zugang zu<br />
der Tiefenperson ermöglicht.<br />
Aus dieser Tiefe heraus offenbaren<br />
die Traumbilder die existentielle<br />
Verfassung des Träumers. Seine<br />
emotionale Gestimmtheit wird auf seinem<br />
konkreten Lebenshintergrund hin<br />
verstanden. Die Inhalte, die sich aus<br />
dem geistig Unbewußten zeigen, sind<br />
Anlaß für die Auseinandersetzung und<br />
können zu einer Erweiterung der Bewußtheit<br />
führen. Damit können Entdeckungen<br />
für die eigenen Existenzmöglichkeiten<br />
gefunden werden.<br />
Als methodische Vorgehensweise<br />
zur Erschließung des Hinweischarakters<br />
von Träumen kommt die von Alfried<br />
Längle beschriebene Methode der<br />
“Personalen Existenzanalyse” (PEA)<br />
zur Anwendung. Die vier methodischen<br />
Schritte der PEA - Deskription, phänomenologische<br />
Analyse, innere Stellungnahme,<br />
Ausführung - werden mit dem<br />
Verständnis für Träume erweitert. Dabei<br />
wird die Emotionalität der Person<br />
geborgen; durch das Vernehmen der<br />
Traumbilder wird ihr situatives Verständnis<br />
und Selbstverständnis erweitert;<br />
durch Stellungnahmen werden persönliche<br />
Antworten zu den Trauminhalten<br />
gefunden. Unter Berücksichtigung<br />
der bestehenden Wertbezüge können<br />
sie als Ausdruck von Lebensmöglichkeiten<br />
umgesetzt werden.<br />
Traumtheorien<br />
Seit Menschengedenken hat der Traum<br />
in allen Kulturen Beachtung und Deutung<br />
erfahren und wurde von zahlreichen<br />
Gesichtspunkten aus betrachtet.<br />
Viele Beschäftigungen mit Träumen<br />
und deren Deutungsversuche sind<br />
1 Wegen der einfacheren Lesbarkeit sind im Text diese Formen gewählt. Sie beziehen sich sowohl auf weibliche wie männliche Personen.