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medizin&technik 04.2022

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■ [ HIGHTECH AUS DER SCHWEIZ ]<br />

Neues Venenimplantat<br />

soll Durchblutung verbessern<br />

Internationales Projekt | Das norwegische Start-up Clexbio und die CSEM arbeiten in<br />

einem gemeinsamen Projekt an einer Maschine, die mittels Tissue Engineering<br />

menschliche Venen im Labor herstellen soll. Ziel ist es, ein neuartiges Venentransplantat<br />

für Patienten zu entwickeln, die an tiefer Veneninsuffizienz leiden.<br />

(Bild: Solarisys/stock.adobe.com)<br />

Die schwere chronische Veneninsuffizienz<br />

(CVI) ist eine Krankheit, von<br />

der weltweit Millionen Menschen betroffen<br />

sind. Sie verursacht Beschwerden wie<br />

geschwollene, schmerzhafte Beine, Ödeme,<br />

Krämpfe, Krampfadern und Geschwüre.<br />

Der Grund dafür ist eine<br />

schlechte Durchblutung, die zu einem<br />

Blutstau in den Beinen führt und die Gehfähigkeit<br />

beeinträchtigt. Zudem belasten<br />

die hohen Kosten für die Wundversorgung<br />

das Gesundheitssystem. Derzeit gibt<br />

es noch keine effiziente Lösung.<br />

Weitere Informationen<br />

Das CSEM ist eine Forschungs- und<br />

Technologieorganisation (RTO) und<br />

eine öffentlich-private Partnerschaft.<br />

Ihre Aufgabe ist es, die Wettbewerbsfähigkeit<br />

der Schweizer Industrie<br />

sicherzustellen, indem sie<br />

mit einem umfangreichen Netzwerk<br />

aus Hochschulen, Forschung und<br />

Wirtschaft zusammenarbeitet.<br />

www.csem.ch<br />

Die im Forschungsprojekt<br />

hergestellten<br />

Venentransplantate<br />

sollen<br />

neue Wege bei der<br />

Reparatur von beschädigten<br />

Geweben<br />

und Organen<br />

aufzeigen<br />

„Das Tragen von Kompressionsstrümpfen<br />

ist nach wie vor die Standardbehandlung<br />

bei chronischer Veneninsuffizienz,<br />

deren Wirkung hinsichtlich des Wiederauftretens<br />

von Geschwüren und der<br />

Symptomlinderung jedoch kaum signifikant<br />

ist“, erklärt Dr. Antonio Rosale, Leiter<br />

der National Unit For Reconstructive<br />

Deep Venous Surgery am Universitätsspital<br />

Oslo (NOVI/OUS) und leitender klinischer<br />

Mitarbeiter des norwegischen Startups<br />

Clexbio. „Ein durch Tissue Engineering<br />

hergestelltes Venentransplantat würde<br />

Millionen von CVI-Patientinnen und<br />

-Patienten neue Perspektiven eröffnen.“<br />

Bei Menschen ohne CVI leiten die Venen<br />

das Blut aus den Organen zurück zum<br />

Herzen. Sie verfügen über kleine Klappen,<br />

die verhindern, dass das Blut aufgrund<br />

der Schwerkraft zurückfließt. Diese<br />

komplexe Struktur lässt sich nur sehr<br />

schwer künstlich nachbilden.<br />

Das Start-up Clexbio hat dafür nun ein<br />

mikrostrukturiertes 3D-Biomaterial entwickelt,<br />

das mit menschlichen Zellen, beispielsweise<br />

aus einer Zellbank, kombiniert<br />

werden kann und diese dazu bringt,<br />

sich nach einem bestimmten Muster zu<br />

vermehren und echtes menschliches Gewebe<br />

zu bilden. Hat sich das gewünschte<br />

Gewebe gebildet, werden sowohl Zellen<br />

als auch Gerüst entfernt. Zurück bleibt ein<br />

Implantat, das aus menschlicher extrazellulärer<br />

Matrix besteht, ein durch Tissue<br />

Engineering gewonnenes Venentransplantat.<br />

Geschlossenes System für die<br />

automatisierte Produktion<br />

Die Herstellung dieser Implantate erfordert<br />

ein geschlossenes biotechnologisches<br />

Produktionssystem, das automatisch arbeiten<br />

kann. Dafür hat sich das junge Unternehmen<br />

mit den Experten der Schweizer<br />

Forschungsorganisation CSEM zusammengetan.<br />

Die Ingenieurinnen und<br />

Ingenieure des CSEM verfügen über eine<br />

umfassende Erfahrung mit Hydrogelen,<br />

Automatisierung und physiologischen Mikrosystemen.<br />

„Ein geschlossenen Produktionssystem<br />

verringert das Kontaminationsrisiko,<br />

trägt dazu bei, die Produktqualität und Sicherheit<br />

zu gewährleisten und erleichtert<br />

die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften“,<br />

sagt Gilles Weder, Gruppenleiter im<br />

Bereich Cell-Mikrotechnologien am<br />

CSEM. Sein Kollege Vincent Revol, Leiter<br />

R&D für die Life Science Technologien,<br />

fügt hinzu: „Im Bereich der regenerativen<br />

Medizin besteht eine der größten Herausforderungen<br />

darin, den Übergang vom<br />

Labor zur klinischen Anwendung zu<br />

schaffen, weil dafür standardisierte und<br />

automatisierte Herstellungsprozesse erforderlich<br />

sind. Für die Erschließung des<br />

unerhörten Potenzials neuartiger Zellund<br />

Gentherapien werden neue Technologien<br />

wie diese entscheidend sein“.<br />

Zur Finanzierung der Forschungen<br />

stellt die norwegische Regierung rund<br />

2 Mio. CHF zur Verfügung. (su) ■<br />

16 medizin&<strong>technik</strong> 04/2022

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