BS 03-2019
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Schifffahrt<br />
Belgier setzen auf autonomes Fahren<br />
Die Studie über Digitalisierung in der Binnenschifffahrt ist noch druckfrisch. Während<br />
darin neue Geschäftsmodelle ermittelt werden und der Bereich »Autonomes Fahren« nur<br />
gestreift wird, machen Belgier und Niederlander bereits Nägel mit Köpfen<br />
Von Hermann Garrelmann<br />
Kaum ein Begriff wird derzeit so strapaziert<br />
wie »Digitalisierung«. Insbesondere<br />
im Transport- und Logistiksektor<br />
geht es um Möglichkeiten, mit Hilfe<br />
digitaler Daten oder Geschäftsmodellen<br />
mehr Effzienz und schnellere und verlässlichere<br />
Lieferketten aufzubauen. Begriffe<br />
wie Cloud, Schnittstellen, Transformation<br />
oder Tracking und Tracing<br />
machen die Runde. Die Binnenschifffahrt<br />
in Deutschland hat dabei und zusätzlich<br />
aber noch analoge Dinge zu regeln. Marode<br />
Infrastruktur, Schleusen in Dauerreparaturzustand,<br />
überbordende Bauzeiten<br />
von neuen Anlagen oder auch die prinzipielle<br />
Verlagerung der Verkehre sind offene<br />
Themen. Von Dieselproblemen und<br />
Abgasnormen ganz zu schweigen. Ein<br />
Masterplan für die Binnenschifffahrt soll<br />
für Vieles Abhilfe bieten.<br />
Die Belgier zum Beispiel sind scheinbar<br />
auf der Überholspur. Mit riesigen Investitionsprogrammen<br />
ertüchtigen sie ihr<br />
Wasserstraßennetz. Zudem sind sie ganz<br />
nah am Thema »Autonomes Fahren«.<br />
In der Region Westhoek zwischen Niewpoort<br />
und Diksmuide bereitet die Wasserstraßenbehörde<br />
De Vlaamse Waterweg<br />
einen Praxisversuch zum unbemannten<br />
selbstständigen Fahren vor. Das Projekt<br />
soll unter Praxisbedingungen testen, wie<br />
die Schubschifffahrt von der bemannten<br />
auf unbemannten Fahrt umgestellt werden<br />
kann. Aus den Ergebnissen wollen die<br />
Belgier ein Geschäftsmodell formen. »So<br />
soll das Projekt einen wichtige Schritt machen<br />
hin zu einem neuen und innovativen<br />
System, einem neuen Produkt, mit dem<br />
Flandern eine Vorläuferrolle übernehmen<br />
kann«, heißt es in einer Erklärung von De<br />
Vlaamse Waterweg.<br />
Der zuständige Mobilitätsminister von<br />
Flandern, Ben Weyts, fördert und begleitet<br />
das Projekt. »Die unbemannte Schifffahrt<br />
macht die Binnenschifffahrt noch<br />
moderner und wettbewerbsfähiger«, wird<br />
Weyts zitiert. »Auf diese Weise möchte<br />
ich noch mehr Transporter dazu verführen,<br />
Staus gegen Wasserstraßen auszutauschen«,<br />
lautet sein Credo dazu.<br />
Für die Belgier heißt das nicht nur,<br />
dass die fünf Projektpartner zunächst<br />
ein 4,60 m langes Pilotprojekt-Schiff ins<br />
Wasser setzten. In der zweiten Jahreshälfte<br />
können auch »vollwertige Schiffe« unbemannt<br />
fahren. »Die meisten Pläne sind<br />
auf unbemanntes Fahren mit Fernbedienung<br />
ausgerichtet, es gibt aber auch Pläne<br />
für völlig autonomes Fahren«, berichtet<br />
eine belgische Zeitung.<br />
Minister Weyts ist schon voller Vorfreude:<br />
»Flandern nimmt eine Vorreiterrolle<br />
ein. Das ist Spitzentechnologie,<br />
aber wir wollen hier wirklich Vorreiter<br />
sein. Jede Fracht, die auf dem Wasserweg<br />
transportiert werden kann, muss<br />
nicht mehr auf der Straße transportiert<br />
werden«, wird Weyts zitiert.<br />
Damit das auch gelingt, hat der Minister<br />
zugleich die Schifffahrtsvorschriften<br />
geändert, um unbemannt fahren zu<br />
können. Innovative Projekte, so wird berichtet,<br />
hätten die Möglichkeit, von den<br />
aktuellen Vorschriften zu Besatzung und<br />
Technik abweichen zu können. Zugleich<br />
wird auch geklärt, wer für das Schiff in<br />
Abwesenheit eines Schiffsführers im Falle<br />
eines Vorfalls oder eines anderen Problems<br />
verantwortlich ist.<br />
Im vergangenen Jahr transportierte<br />
die flämische Binnenschifffahrt mehr als<br />
72 Mio.t Güter und hielt mehr als 3 Mio.<br />
große Lastwagen von der Straße fern.<br />
Flandern verfügt über mehr als 1.000 km<br />
schiffare Wasserstraßen. 80% aller flämischen<br />
Unternehmen befinden sich maximal<br />
10 km von einem solchen Wasserweg<br />
entfernt.<br />
10 Binnenschifffahrt – ZfB – <strong>2019</strong> – Nr. 3