SPORTaktiv Skitourenguide 2022
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PRODUKT Steigfelle<br />
Pelzige Steighilfen<br />
Mit Skiern bergauf? Ohne Felle hätten Tourengeher<br />
ihre Liebe Not. Mit dem richtigen unterm Ski wird der<br />
Aufstieg aber garantiert zum Genuss. von Lukas Schnitzer<br />
D<br />
ie Zeiten, als sich nördliche<br />
Skinutzer Seehundsfell<br />
an ihre Holzplanken<br />
spannten, sind zwar lange<br />
vorbei – am Grundprinzip der<br />
Steigfelle hat sich aber für moderne<br />
Tourengeher wenig geändert.<br />
Gegen die Laufrichtung ausgerichtete<br />
„Haare“ am Fell gleiten in der<br />
Vorwärtsbewegung über den<br />
Schnee, richten sich in der Abdruckphase<br />
auf und verhindern so<br />
ein Zurückrutschen. Dies erlaubt<br />
es bergauf und in der Ebene vorwärtszukommen.<br />
Naturfelle werden heute durch<br />
eine mehrschichtige Konstruktion<br />
aus Klebeschicht, Stabilität gebendem<br />
Trägermaterial, wasserdichter<br />
Zwischenlage und Webmaterial<br />
(dem „Fell“) ersetzt. Letzteres besteht<br />
je nach Anspruch und Einsatz<br />
aus Mohair (dem Haar der Angora-Ziege),<br />
aus Synthetikfasern<br />
(meist Nylon) respektive einem<br />
Mix aus beiden. Das Gros der am<br />
Markt befindlichen Produkte verrichtet<br />
dazu seinen Dienst als<br />
Spannklebefell, haftet also entweder<br />
mittels Schmelzkleber, kleberlosen<br />
Silikonhaftflächen oder Hybriden<br />
aus beiden Varianten am Skibelag<br />
und wird an Tip und Tail mit<br />
Clips oder Haken befestigt.<br />
FOTO:Contour/Bause<br />
Von Grip & Glide<br />
Ausschlaggebend für das Vorankommen<br />
am Berg sind zwei Fell-<br />
Eigenschaften: der Halt (Grip) und<br />
die Gleiteigenschaften (Glide). Diese<br />
beiden Faktoren werden durch<br />
die verwendeten Materialien, die<br />
Länge der einzelnen „Haare“ sowie<br />
deren Ausrichtung relativ zum Skibelag<br />
beeinflusst. Grundsätzlich<br />
gilt Nylon gegenüber reinem Mohair<br />
als griffiger und langlebiger.<br />
Felle mit sehr gutem Halt gleiten<br />
im Umkehrschluss aber auch weniger<br />
gut. Ein 100 %-Mohair-Fell gleitet<br />
am besten, verlangt aber auch<br />
eine saubere Technik, wie Andreas<br />
Ried vom Tiroler Hersteller contour<br />
erklärt. Einsteiger greifen darum<br />
besser zu Mix-Fellen, weil sie<br />
„Technikfehler“ besser verzeihen.<br />
Reines Nylon, so Katrin Herron<br />
von Kohla (ebenfalls aus Tirol), ist<br />
hingegen für europäische Bedingungen<br />
ungeeignet. Das eigentliche<br />
Fellmaterial, so Herron weiter, ist<br />
von Grund auf nicht wasserabweisend.<br />
Erst die Imprägnierung sorgt<br />
dafür, dass die Wasseraufnahme<br />
verhindert wird. Regelmäßige Reinigung<br />
sowie Imprägnierung (etwa<br />
mit Kohla Greenline, ohne Fluor)<br />
sind daher besonders wichtig.<br />
Ein weiterer wichtiger Faktor<br />
ist der Kleber: Klassischer<br />
Schmelzkleber hat heute einen sehr<br />
großen Temperaturbereich, in dem<br />
er optimal haftet, weiß Herron.<br />
Beim Packmaß ist er Adhäsionsfellen<br />
(Glueless/Hybrid) überlegen.<br />
Zweitere sind hingegen einfach in<br />
der Handhabung, benötigen keine<br />
Trennnetze, um sie für die Abfahrt<br />
zu verpacken und die Klebekraft<br />
lässt sich durch einfaches Reinigen<br />
reaktivieren. Hybridfelle vereinen<br />
den breiten Temperaturbereich<br />
klassischer Kleber mit dem einfachen<br />
Handling der Glueless-Varianten,<br />
fasst Ried zusammen. Für<br />
klassische Touren und Ski um die<br />
90 mm Mittelbreite empfiehlt er<br />
Klebefelle. Im Freetouring-Bereich<br />
(mehrfaches Auf- und Abfellen<br />
über kurze Anstiege) und für Mittelbreiten<br />
ab 95 mm sowie für Gelegenheitsgeher<br />
rät er hingegen ob<br />
der einfacheren Handhabung zur<br />
Hybridversion.<br />
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