26.12.2012 Aufrufe

ARD-Jahrbuch

ARD-Jahrbuch

ARD-Jahrbuch

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Korrespondentenalltag in Asien kann so<br />

oder so aussehen . . . : Dreharbeiten<br />

auf den Malediven (l.) und beim Kamel-<br />

regiment der Indischen Grenztruppen<br />

in der Wüste Rajasthans<br />

Stadt scheint gesperrt, Sirenen heulen, an den<br />

Straßensperren fuchteln Polizisten und Soldaten<br />

aufgeregt mit ihren Kalaschnikows umher.<br />

Masood, unser Fahrer, ein Tadschike aus dem<br />

Pandschir­Tal, bleibt trotzdem ganz gelassen.<br />

Wir arbeiten seit Jahren mit ihm zusammen, er<br />

hat uns schon oft aus brenzligen Situationen<br />

gerettet. An jeder Straßensperre weiß er, wann<br />

es Zeit ist zu palavern, und wann es Zeit ist,<br />

einfach davonzubrausen. Wie immer fahren<br />

wir in einem älteren, kleinen Auto, das dient<br />

unserem Schutz. »Low profile« nennen das die<br />

Experten, so unaufällig wie möglich bleiben,<br />

heißt die Maxime.<br />

Wir sind froh, als wir den Schaltpunkt erreicht<br />

haben. Der wird zwar nicht gesondert<br />

bewacht, doch Abdulrashid und die anderen<br />

Kollegen der Betreiberfirma kennen wir schon<br />

lange, die meisten kommen aus Afghanistan<br />

oder den angrenzenden zentralasiatischen Republiken,<br />

hier fühlen wir uns sicher.<br />

_ Mit schusssicheren Westen vor der Kamera<br />

Wir nehmen Kontakt auf mit der »Tagesschau«­<br />

Redaktion in Hamburg. Die Kollegen bitten<br />

uns um eine Live­Schalte für die Sendungen um<br />

14.oo und um 15.oo Uhr. Richard Holbrooke,<br />

der neue Sondergesandte der Regierung Obama<br />

für die Region, soll morgen kommen, und mit<br />

ihren Anschlägen haben die Taliban die ganze<br />

Schwäche der Regierung Karzai vorgeführt:<br />

Nicht einmal in der Hauptstadt können die<br />

Sicherheitskräfte solche Anschläge verhindern,<br />

das muss unseren Zuschauern erklärt werden.<br />

Für die Schalte ziehen wir unsere schusssicheren<br />

Westen an – unter die Jacke. Die Zuschauer<br />

sollen nichts davon sehen, es würde nur<br />

vom Inhalt ablenken, doch unsere Schaltposition<br />

ist an einer zentralen Kreuzung so exponiert<br />

gelegen, dass – wenn es an diesem Tag weitere<br />

Unruhen geben sollte – die Sache brenzlig<br />

werden könnte.<br />

Unser lokaler Mitarbeiter hat Bilder von den<br />

Anschlagsorten drehen können, doch die werden<br />

wir nur als kurze NiF (Nachricht im Film)<br />

zeigen, denn die Zahl der Opfer liegt deutlich<br />

unter 50, der Nachrichtenwert ist nicht hoch genug,<br />

schließlich gibt es jede Woche Anschläge<br />

mit mehreren Toten.<br />

Am Abend nehmen wir Quartier in einem<br />

kleinen unscheinbaren Guesthouse, wir bewegen<br />

uns in der Stadt so wenig wie möglich, vor<br />

allem nicht morgens zwischen 7.30 und 11.30<br />

Uhr, denn dann werden hier die meisten Anschläge<br />

verübt.<br />

Am nächsten Tag ein Besuch beim stellvertretenden<br />

Botschafter der Bundesrepublik<br />

Deutschland. Die Fensterhöhlen seines Büros<br />

sind mit Holz und Stahl vernagelt, so wie alle<br />

anderen Angestellten der Botschaft arbeitet<br />

42 Artikel A R D - J A H R B U C H 0 9

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!